Die Höhlenkinder 3 – Im Steinhaus
treiben und statt der einen langen Walze zwei kurze Walzen, also zwei Radscheiben, an den Seiten des Schlittens anzustecken. Es gelang, nur mußten die Scheiben durch außen angebrachte Querzapfen gesichert werden, damit sie nicht abglitten.
Seit Peter seine Aufmerksamkeit und Kraft dem werdenden Karren zuwandte, mußte Eva alle Garten- und Hausarbeit allein verrichten. Eines Tages war der Karren fertig; Peter belud ihn mit Bausteinen. An einem Morgen stand Eva nicht auf, das Frühmahl zu bereiten. Sie war ernstlich erkrankt. Ungern unterbrach Peter seine Bauarbeit und tat, was an Hausarbeit und Pflege nötig war. Erst nach der Heuernte war Eva soweit hergestellt, daß er sich wieder seiner Lieblingsbeschäftigung widmen konnte. Da sich die hölzernen Radscheiben stark abnutzten, schmiedete Peter Eisenreifen herum, und als die Kufen, von der durchlaufenden Achse zerrieben, unter der Last brachen, mußte ein neuer Karren gebaut werden, dessen eiserne Achsenlager unter den Kufen angebracht und dick eingefettet wurden. Jetzt erst war das Fahrzeug dauerhaft.
Auch Hansl bekam einen kleinen Karren, den er sogleich mit Gras und Kräutern belud.
Klein-Eva
Im Spiel hatte Hansl begonnen, auf seinem Karren den Ziegen Futter zu bringen, und im Ernst wurde es seine tägliche Pflicht. Je öfter er die Ziegen versorgte, um so lieber gewann er sie. Er war entsetzt und traurig, als eines Tages ein Bartgeier sich mitten aus der Herde ein Zicklein holte und das klagende Tierchen in seinen Fängen in die Lüfte trug. Von Hansls Geschrei herbeigerufen, sah Peter den Raubvogel gegen die Klammwände zu abstreichen, ohne ihm einen Pfeil nachschicken zu können. Da er weder Zeit noch Lust hatte, sich mit Pfeil und Bogen im Geißengarten auf die Lauer zu legen, einigte er sich mit Eva, daß Hansl jeden Morgen als Hüter mit seinem Lieblingshund in den Geißengarten ging, versorgt mit Nahrung und ausgerüstet mit der alten Bratpfanne, auf der er Lärm schlagen sollte, wenn ein Geier zu nahe käme. Und Hansl wurde ein gewissenhafter Geißbub.
Peter baute wieder an der langen Mauer. Zur Zeit der Sommersonnenwende brachte er drei honigschwere Waben heim. Zwei Waben überließ er Eva zum Süßen des braunen Eicheltrankes, den sie mit Milch zu mischen pflegte; aus der dritten drückte er den Honig in einen großen Topf und verdünnte ihn reichlich mit Wasser. Dieser Trank schmeckte ihm besser als »leeres« Wasser. Den Topf trug er in die Bärenhöhle, die Eva nie mehr aufräumte. Er trank nur sparsam von diesem Gemisch. Nach einigen Tagen merkte er, daß es trübe wurde. Es bekam einen prickelnden Geschmack und einen fast widerlichen Geruch. Wieder nach einigen Tagen versuchte er, müde vom Steineführen, von neuem den sonderbaren Trank und fand ihn geklärt. Etwas von seiner ursprünglichen Süße war wieder zu spüren, ein kräftiger, gar nicht mehr widerlicher Geruch stieg aus dem Gefäß. Kaum hatte er ein paarmal tüchtig geschluckt, da wich die Müdigkeit von ihm wie durch einen Zauber. Und Peter staunte, wie leicht ihm danach die Steine vorkamen. In allen seinen Bewegungen war mehr Schwung als nötig, bald aber war er wieder müde. Da stärkte er sich von neuem. Beim Abendessen war er ungewöhnlich gesprächig.
Als Eva ihn darauf aufmerksam machte, daß sich die Stubendecke wieder ein wenig gesenkt hatte, lachte er überlaut und fuhr mit der Rechten großartig durch die Luft: »Ach geh, wenn das Dach so schwere Steintrümmer tragen kann, wie ich ihm aufgeladen habe, dann widersteht's auch dem Wind; es hält schon noch!« Staunend beobachtete Eva das Getue und Gerede ihres sonst so klugen Mannes, sagte aber noch nichts, sondern legte Hansl schlafen. Doch das Dach ließ ihr keine Ruhe, sie wollte ihrem Mann noch einmal begreiflich machen, daß er es erneuern müsse, bevor der Winter seine Schneelasten darauf legte; aber als sie zurückkam, hatte Peter seinen Kopf auf die Tischfläche gelegt und schlief schnarchend mit offenem Munde.
Verstohlen und sparsam trank Peter weiter. Und immer stellte sich die gleiche wunderbare Wirkung ein. Sooft Eva abends vom Dach anfing, begegnete sie Peters unbegreiflicher Sorglosigkeit.
Wenn sie Hansl im Geißengarten aufsuchte, wanderte sie mit ihm Hand in Hand durch das weite Gehege, gefolgt von den Lieblingsziegen, umhüpft von den Zicklein, die nicht müde wurden.
Je weiter der Spätsommer vorrückte, desto seltener besuchte Eva den Geißengarten. Peter machte sich verdrossen an die zweite
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