Die Höhlenkinder 3 – Im Steinhaus
Ausdrücken des Milchwassers im durchweichten Topf ein dicker, körniger Brei zurückblieb, der, mit Salz und Kümmel gewürzt, gut schmeckte und sattmachte. Bewahrte sie von diesem Brei eine Schale voll Brocken für Peter auf, damit sie ihm etwas mitgeben konnte, wenn er ins Heuen ging, so verwandelte sich das weiße Zeug schon nach drei Tagen in einen würzig duftenden Streichkäse, der, mit Kastanienfladen gegessen, ein gekochtes Essen ersetzte. Trocknete der Käse im Topf ein, so wurde er zwar hart und körnig, blieb aber trotzdem genießbar. Dies brachte Eva auf den Gedanken, für die milcharme Winterzeit einen Vorrat von Trockenkäse zu bereiten. Über eine große Schüssel legte sie Stäbe, darüber einen mit Weißkäse gefüllten Seihersack und darauf einen Holzrost, auf dem schwere Steine lagen. Längst verblaßte Bilder aus der Zeit der Ahnl stiegen herauf. Die Ahnl hatte das abgeflossene Milchwasser Molke genannt und sie nicht nur zu Suppen und Tunken verkocht. War jemand krank an der Lunge oder krank am Herzen, mußte er Molke trinken. Zum Sauerstellen der Milch und für den Käse knetete Eva neue Gefäße, die ihr Mann bei nächster Gelegenheit brennen sollte. Hansl fand die Reste des weichen Tons unwiderstehlich. Unter seinen Händen entstanden zwar nur allerlei Walzen auf kurzen Beinen; für ihn aber waren sie Schweinchen, Zicklein, Hunde und Eichhörnchen.
Seit Eva eine Knetschüssel besaß, machte ihr das Kuchenbacken mehr Freude als je. Gewohnt, nichts Brauchbares verderben zu lassen, rührte sie den Teig mit Molke an. Ihre dünnen, in viel Fett gebackenen, mit frischem Beerenobst belegten Molkenfladen und -kuchen dufteten und schmeckten köstlich.
Im Gemüsegarten zeigten sich alle Pflanzen dankbar dafür, daß sie Licht, Platz und guten Nährboden hatten. Am Zaun entlang gingen Veilchen auf, deren genießbare Blätter breiter, deren dunkle Blüten größer waren als die ihrer Schwestern im Rasen. Die Möhren gediehen. Eine von den Ziegen kahlgefressene Lorbeerstaude, die Eva aus einem windgeschützten Winkel des Alten Steinschlags in ihren Garten herübergerettet hatte, stand im jungen Grün frischer Schößlinge. Heckenrosen und Brombeerstauden übersponnen Zaun und Mauer. Aus den Weidenstäben an den Teichrändern wurden lebende Zäune; üppig trieben sie ihre langen, schlanken, gelben Ruten; Eva brauchte nicht weit zu gehen, als sie für die kommende Herbsternte neue Körbe zu flechten begann.
Noch im selben Sommer baute Peter die Gartenmauer bis zu Schulterhöhe fertig. Und als die Wildschweine sich wieder im Kastanienwald einstellten, nahm er sich vor, auch ihn mit einer Mauer zu umfrieden.
Die Herbsternte verbrachte Hansl in halber Gefangenschaft und bitter wehklagend, denn die hinteren Backenzähne drängten durch das Zahnfleisch. So weh tat es ihm, daß die Schmerzen bewirkten, was alle Freuden nicht vermocht hatten: Hansl fand heraus, daß er es war, dem etwas weh tat, daß er es war, der da wimmerte und weinte, während die Hunde mit eingeklemmten Schwänzen und gesenkten Ohren vor ihm kauerten. Als seine Eltern mit vollen Körben heimkehrten und die Mutter ihren heulenden Sohn mit einer Handvoll Brombeeren zu trösten versuchte, wehrte er den sonst begehrten Leckerbissen ungnädig ab: »I mag net.« Ich mag nicht! hatte er gesagt.
Hansls Rollschlitten
Jahre vergingen. Auf dem Schilfdach des Steinhauses grünten dicke Moospolster. Die Sonnleitnerleute fühlten sich vor Ungemach bewahrt. Daß unter der nie austrocknenden Schilfdecke der Hausschwamm das Dachgebälk zermürbte, ahnten sie nicht. Kaum merklich senkte sich die Stubendecke. Das war schon lange so und mochte noch lange so bleiben.
Die Haustiere gediehen. Wohl waren die Nachkommen der Wildziegen schwächlicher als ihre Vorfahren, die in der Freiheit gelebt hatten, aber ihre Euter gaben mehr Milch. Auch die Nachkommen der Wildschweine waren schwächer, gutmütiger und setzten mehr Fett an. Einzelne Fuchshunde verfärbten sich unvollkommen, sie behielten die graue Färbung ihres Jugendkleides zeitlebens, andere wurden scheckig.
Peter, der sich früher bis an die Grenzen seiner Kraft angestrengt hatte, nahm es jetzt leichter und sorgloser. Die Mauer um den Kastanien- und Nußbestand hatte er angefangen; weil er aber die Bausteine von immer weiterher heranschleppen mußte, verlor er die Lust und hörte mittendrin auf, an der Mauer zu arbeiten. Lieber pflanzte er in Evas Garten Buschbäume von Quitten, Waldäpfeln und
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