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Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes (German Edition)

Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes (German Edition)

Titel: Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ted Chiang
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Botschaft gab ihrem Leben seinen eigentlichen Sinn, und es würde immer Menschen geben, die darauf angewiesen waren, ihre Botschaft zu vernehmen. Das Beste, was sie sowohl für sich selbst als auch für andere tun konnte, war, weiterhin zu predigen.
    Bei einem Vortrag vor einer Gruppe von Menschen, die vor Kurzem gelähmt worden und nun auf einen Rollstuhl angewiesen waren, wuchsen ihre Zweifel. Janice verkündete ihre übliche Botschaft und versicherte ihren Zuhörern, dass sie über die Kraft verfügten, die vor ihnen liegenden Herausforderungen zu meistern. Bei der abschließenden Frage-und-Antwort-Runde wollte jemand von ihr wissen, ob die Wiederherstellung ihrer Beine bedeutete, dass sie ihre Prüfung bestanden hatte. Janice wusste nicht, was sie erwidern sollte. Sie konnte den Zuhörern kaum versprechen, dass ihre Leiden eines Tages Linderung erfahren würden. Sie begriff, dass die Möglichkeit, dass sie vielleicht belohnt worden war, für andere, die immer noch leidend waren, wie ein Tadel erscheinen mochte, und das wollte sie nicht. Sie konnte ihnen nur sagen, dass sie nicht wusste, warum sie geheilt worden war, und diese Antwort stellte ihre Zuhörer offensichtlich nicht zufrieden.
    Beunruhigt kehrte Janice in ihre Wohnung zurück. Sie selbst glaubte immer noch an ihre Botschaft, doch in den Augen ihres Publikums hatte sie die wirkungsvollste Quelle ihrer Glaubwürdigkeit eingebüßt. Wie sollte sie andere, die von Gott berührt worden waren, dazu beflügeln, ihren Zustand als Auszeichnung der Stärke zu begreifen, wenn sie selbst nicht mehr zu ihnen gehörte?
    Sie dachte darüber nach, ob das eine Herausforderung war, eine Prüfung ihrer Fähigkeit, Sein Wort zu verkünden. Gott hatte sie vor eine schwerere Aufgabe gestellt, daran bestand kein Zweifel. Vielleicht war die Wiederherstellung ihrer Beine, wie zuvor ihr Fehlen, eine Hürde, die sie zu meistern hatte.
    Diese Auslegung der Ereignisse stürzte bei ihrem nächsten Vortragstermin wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Das Publikum bestand aus Zeugen einer Erscheinung des Engels Nathanael. Sie wurde oftmals eingeladen, zu solchen Leuten zu sprechen, in der Hoffnung, dass sie denen, die gelitten hatten, Mut spenden würde. Statt dem Problem auszuweichen, begann sie damit, von der Engelserscheinung zu berichten, die sie selbst vor Kurzem erlebt hatte. Sie erklärte ihren Zuhörern, dass sie mit einer Herausforderung zu ringen habe, auch wenn es so schien, als sei sie belohnt worden. So wie alle hier sei auch sie gezwungen, Stärke aus einer bisher unbekannten Quelle zu schöpfen.
    Zu spät wurde ihr klar, dass sie etwas Falsches gesagt hatte. Ein Zuhörer mit einem missgebildeten Bein stand auf und stellte sie zur Rede: Ob sie die Wiederherstellung ihrer Beine allen Ernstes mit dem Tod seiner Frau vergleichen wolle? Ob sie ihre eigene Prüfung tatsächlich auf eine Stufe mit der seinen stellte?
    Janice versicherte dem Mann sofort, dem sei nicht so, und sie könne sich natürlich nicht ausmalen, welchen Schmerz er zu ertragen hatte. Aber es sei nicht Gottes Wille, so sagte sie, dass alle Menschen den gleichen Prüfungen unterworfen würden, sondern jedem Menschen werde eine eigene, besondere Prüfung auferlegt, worin auch immer diese bestehen mochte. Die Härte der Prüfung werde durch die Einzigartigkeit der Person bestimmt, weshalb sich verschiedene Fälle keinesfalls miteinander vergleichen ließen. Er solle also Mitgefühl mit jenen haben, deren Prüfungen ihm milder erschienen als die seine, so wie jene mit schwereren Prüfungen Mitgefühl mit ihm haben sollten.
    Damit ließ sich der Mann jedoch nicht abspeisen. Janice war etwas zuteil geworden, was für jeden anderen Menschen eine Gnade gewesen wäre – sie aber beklagte sich. Während Janice immer noch versuchte, ihre Sicht der Dinge zu erklären, verließ der Mann hastig die Versammlung.
    Bei diesem Mann handelte es sich natürlich um niemand anderen als Neil Fisk. Im Laufe seines Lebens hatte Neil ziemlich oft Janices Namen gehört, meist aus dem Mund von Leuten, die davon überzeugt waren, dass Neils missgebildetes Bein ein Zeichen Gottes war. Diese Leute führten Janice als Beispiel an, dem er folgen sollte, denn ihre Einstellung sei die angemessene Reaktion auf eine Behinderung. Neil konnte nicht abstreiten, dass Janices Beinlosigkeit ein weitaus schlimmeres Los war als sein deformierter Oberschenkelknochen. Allerdings blieb ihm Janices Einstellung derart fremd, dass er auch dann, wenn es ihm

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