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Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes (German Edition)

Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes (German Edition)

Titel: Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ted Chiang
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einen besseren Blick auf ihn erhaschen zu können, und sah den Ursprung dieses Blitzes, einen brodelnden, sich windenden Flammenkörper, der sich silbern vor den dunklen Wolken abzeichnete: der Engel Barakiel.
    Neil war von diesem Anblick so gelähmt, dass sein Pickup einen steilen Felsvorsprung hinaufraste und in die Luft geschleudert wurde. Der Wagen krachte gegen einen Felsen, wobei sich die Wucht des Aufpralls auf die vordere linke Seite des Fahrzeugs konzentrierte und diese wie Aluminiumfolie zusammenknüllte. Die Deformation der Fahrgastzelle brach ihm beide Beine und ritzte seine linke Oberschenkelschlagader. Langsam, aber unausweichlich verblutete er.
    Er versuchte nicht, sich zu bewegen. Noch hatte er keine körperlichen Schmerzen, ahnte jedoch, dass die geringste Bewegung schreckliche Folgen haben würde. Er war in dem Pickup eingeklemmt, so viel stand fest, und selbst wenn es anders gewesen wäre, hätte Neil Barakiel unmöglich folgen können. Hilflos sah er zu, wie sich das Blitzgetöse immer weiter von ihm entfernte.
    Neil begann zu weinen. Reue und Selbstverachtung drohten ihn zu überwältigen, und er verfluchte sich dafür, geglaubt zu haben, dass so ein Plan jemals Erfolg haben könnte. Wenn ihm nicht klar gewesen wäre, dass es zu spät war, Gott anzuflehen, und er sich nur selbst die Schuld geben konnte, hätte er alles dafür getan, sich anders entschieden zu haben, und sein restliches Leben dem Versuch gewidmet, seine Liebe zu Gott zu finden. Er bat Sarah um Verzeihung, dass er sein Leben vertan hatte, dass er alles auf eine Karte gesetzt hatte, anstatt einem sichereren Pfad zu folgen, und jetzt keine Möglichkeit mehr hatte, je wieder mit ihr zusammenzukommen. Er betete, sie möge ihm vergeben und verstehen, dass es seine Liebe zu ihr war, die ihn geleitet hatte.
    Durch seine Tränen sah er, dass eine Frau auf ihn zulief, und er erkannte, dass es Janice Reilly war. Ihm wurde klar, dass sein Wagen keine hundert Meter von Janices und Ethans Lager entfernt verunglückt war. Trotzdem gab es nichts, was Janice unternehmen konnte. Neil spürte, wie das Blut aus ihm herausrann – er würde nicht mehr lange genug am Leben bleiben, bis ein Rettungsfahrzeug bei ihm eintraf. Er meinte zu hören, wie Janice nach ihm rief, aber in seinen Ohren rauschte und pfiff es zu heftig, als dass er irgendetwas verstanden hätte. Hinter Janice bemerkte er Ethan, der ebenfalls in seine Richtung rannte.
    Ein helles Licht erstrahlte, und Janice wurde von den Füßen gerissen, als hätte ein Vorschlaghammer sie getroffen. Einen Moment lang dachte Neil, ein Blitz hätte sie getroffen, sah aber dann, dass das Gewitter bereits vorübergezogen war. Als Janice sich wieder aufrichtete, sah er, wie Dampf von ihrer jetzt völlig glatten Haut aufstieg, und da begriff er, dass sie vom himmlischen Licht getroffen worden war.
    Neil blickte nach oben, doch er konnte nur Wolken sehen. Der Lichtstrahl war fort. Es schien ihm, als wollte Gott ihn verhöhnen, nicht nur, indem er ihm das zeigte und doch vorenthielt, was ihn sein Leben gekostet hatte, sondern indem er es jemandem gewährte, der es weder brauchte noch wollte. Gott hatte bereits einmal ein Wunder an Janice verschwendet und tat es nun wieder.
    In diesem Augenblick durchbrach ein weiterer Strahl des himmlischen Lichts die Wolken und traf Neil, der reglos in seinem Wagen lag.
    Wie tausend Nadeln durchbohrte das Licht sein Fleisch und schrammte über seine Knochen. Das Licht tilgte seine Augen, verwandelte ihn nicht etwa in ein Wesen, das früher hatte sehen können, sondern in eines, das niemals dafür gemacht gewesen war zu sehen. Und indem es das tat, offenbarte das Licht Neil alle Gründe dafür, warum er Gott lieben sollte.
    Er liebte Ihn mit einer Hingabe, die alles übertraf, was Menschen füreinander empfinden können. Diese Liebe als uneingeschränkt zu bezeichnen, wäre unzureichend, denn das Wort »uneingeschränkt« verweist auf eine Beschränkung, und diese Vorstellung hatte für Neil seine Bedeutung verloren: Alles, was innerhalb des Universums geschah, war für ihn nun nicht weniger als ein unzweideutiger Grund dafür, Ihn zu lieben. Nichts konnte mehr ein Hindernis oder auch nur eine Unerheblichkeit sein, sondern lediglich ein weiterer Anlass, dankbar zu sein, eine weitere Ermunterung, Gott zu lieben. Neil gedachte seiner Trauer, die ihn zu diesem selbstmörderischen Draufgängertum getrieben hatte, und an die Qualen und Schrecken, die Sarah erduldet hatte, als

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