Die Hosen Des Herrn Von Bredow
Schloosen drein schlugen. Es dauerte lang, bis das Volk die Köpfe wieder aufrichten that. Der Junker Hans Jochem lachte dazumal, als die Andern heulten und schrien. Nun mein, ich so: eingeschlagen hat's; beim Einen schlägt's oben auf die Haut und beim Andern unter die Haut. Bei dem, da sieht man's, hier aber sieht man's nicht. Wie war's mit dem Gewitter im Ruppiner Thurm: Sie suchten's lang und fanden's nicht. Aber unter'm Blech glimmte es fort, bis am dritten Tage die Sparren in lichter Lohe standen, da schlug's denn auch durch's Blech. Beim Junker hat's drei Monate unter'm Blech geglimmt.«
»Kaspar, wenn's bei mir auch 'raus schlüge!«
»Bei Gott ist kein Ding unmöglich, aber dafür, mein' ich, läßt man den lieben Gott sorgen. Und was der fügt, das muß der Mensch nicht ändern. Und was man findet, das muß man nehmen. Warum wär es sonst vor uns hingelegt? Und der Tisch ist nicht umsonst gedeckt, und der Wein ist auch nicht aus dem Keller geholt, damit er ausdunstet. Morgen ist auch ein Tag, und ein Sperling in der Hand besser, als eine Taube auf dem Dache.«
Herr Gottfried fand den Malvoisir wieder süß. Da reichte er dem Knechte noch einmal die Hand und – »es sieht's ja Keiner!« dachte der gute Herr. Der Knecht mußte sich neben ihm an die Tischecke setzen. Malvoisir auf den Lippen eines Knechtes! Aber ihre Seelen hatten sich gefunden. Der Herr ward froh, der Knecht ward traurig. Er wischte sich mit dem Finger in's Auge. »Nun steht die Welt auf dem Kopfe, mit meinem Herrn ist's aus.« Das sprach er aber nur innerlich. »Kaspar, was sprichst Du für Dich?« – »Ach nicht für mich, Herr, 's ist nur – nur die armen Hühner! Wer streut ihnen Futter!« – Herr Gottfried war ein Menschenfreund, aber die Thiere liebte er fast wie die Menschen: »Das arme Vieh hungert. Aber über die Brigitte, Donnerwetter, hat sie die Hühner vergessen! wo ist sie denn?« – Der Knecht erschrak. Wer nicht an Lügen gewohnt ist, hüte sich vor der ersten Lüge. »Sie wird schon kommen!« – »Kommen. – aber!« sprach der Burgherr, und wieder eine lange, lange Reihe von Fragen stand auf den halbgeöffneten Lippen. Da goß der treue Knecht, der selbst nur am Becher nippte, den großen Pokal seinem Herrn voll, bis er schäumte.
Ein immer süßeres Lächeln breitete sich um die Lippen des Burgherrn, und was fehlt an dem Bilde stiller Zufriedenheit, wenn wir den ehrenfesten Ritter und den rauhen Knecht sehen in der Mitte der Hennen und Küchlein, die nach den Brodkrumen schnappen, welche beide ausstreuen und Einer lächelt den Andern vergnügt an. »Put – put!« waren die letzten vernehmbaren Töne aus den Lippen des Ritters, der, wenn man ihn zur rechten Zeit geweckt und nicht die Hosen fortgenommen hätte, jetzt in der Köpnicker Haide in Stahl und Erz zu Roß trabte, um – doch die Sonne neigte sich schon wieder. Der jetzt in tiefem Frieden schlummerte, säße vielleicht nicht mehr zu Roß, das fürstenmörderische Schwert in der Faust; die Hände auf dem Rücken gebunden, wanderte er, gesenkten Hauptes, von höhnenden Schergen umgeben, dem Thore Berlins zu. Wohl dem, der ein treues Weib hat, das wacht, wenn ihr Mann schläft, das für ihn denkt, wenn der süße Wein seine Gedanken abwärts führte, und für ihn handelt, wenn es schlimme Händel giebt. Das treue Gesicht der guten Frau blickte jetzt vorsichtig durch's Fenster. Da winkte ihr der Knecht Kasper vergnügt zu. Er hatte wohl gehört das Thor knarren. Und nun kamen noch viele neugierige Köpfe und blickten herein. Herr Gottfried sah sie nicht.
Das war wieder eine andere Sonne, die in's Fenster schien, als der Knecht die Thür zur Schlafstube ein wenig aufthat und hineinrief: »Gestrenger, nun ist's Zeit zum Aufstehn!«
Als Herr Götz auffuhr, war das erste, was er zu Gesicht bekam, da er die Arme vorwarf, seine Elennhosen. Er betrachtete sie von allen Seiten, sie waren es. Er fuhr hinein, sie waren es. Er rieb sich die Stirn, sie blieben es. »Kaspar! Brigitte!«
»Was hast Du wieder, mein Götz,« rief die Frau, so die Treppen eben herauf zu keuchen schien. Sie sah so ehrlich und treu aus.
»Glaube, ich habe geträumt!« sagte Herr Götz.
»Das kommt schon, Herr«, antwortete der Knecht, der gar nicht den feinen, forschenden Blick seines Herrn zu verstehen schien, als der ihn wieder fragte: »Ob's denn zu spät ist!«
»Hab Dir zum Morgenimbiß ein Ferkelchen gebraten, Götz. Wenn Du jetzt runter kommst, blitzt es und knuspert nur so.
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