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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose
Autoren: Rebecca Gable
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an einen Holzbalken zu nageln. Warmes Blut rann über seinen Handteller und tropfte ins schwarze Nichts. Johns Handgelenk war mit einem Strick an den Balken gefesselt, der waagerecht etwa auf der Höhe seiner Schultern verlief. Die linke knirschte gefährlich, und John wollte sagen: Pass auf meine Schulter auf, sie springt aus dem Gelenk! Aber weder öffnete sich sein Mund, noch konnte er die Zunge bewegen. Im Übrigen glaubte er kaum, dass die Warnung auf großes Interesse gestoßen wäre.
    Er wandte den Kopf nach rechts: Dort war das Handgelenkebenfalls angebunden, und noch während er hinschaute, kam der Mann mit dem Hammer und einem Nagel, wie die Bauern in Waringham sie in die Scheunenwände einschlugen, um ihre Dreschflegel und sonstigen Gerätschaften daran zu hängen.
    John schloss die Augen. Der erste Schlag trieb den Nagel durch seine Handfläche bis ins Holz. Der Schock und der Schmerz machten Johns Knie weich, aber er spreizte die Füße ein wenig weiter, um stehen zu bleiben. Er wusste, wenn er einknickte, war es um seine Schulter geschehen, und das wollte er nun wirklich nicht.
    Zwei gut platzierte Hammerschläge waren noch nötig, um den Nagel so weit ins Holz zu treiben, wie der Mann für angemessen hielt. Jedes Mal fühlte sich an, als stecke jemand einen brennenden Pfeil in Johns Hand. Als die Zimmermannsarbeit vollbracht war, spürte er ein schmerzendes Pochen in beiden Händen. Es war furchtbar, aber John hatte schon Schlimmeres erlebt. Was ihn schockierte, ihn mit einem kläglichen Entsetzen erfüllte, war nicht so sehr der Schmerz, sondern die Blasphemie dieser Handlung.
    Sie kreuzigen mich. Heiliger Georg, steh mir bei, sie kreuzigen mich …
    Unwillkürlich schaute er zu seinen Füßen hinab und stellte bei der Gelegenheit fest, dass er unbekleidet war. Der senkrechte Balken seines Kreuzes hatte am unteren Ende einen Ring, an welchen seine Füße gekettet waren. Sie hatten sogar ein wenig Spiel, und es sah nicht so aus, als wolle man auch sie annageln.
    Warum nicht?, fragte John sich verwirrt, aber er schien nicht in der Lage, einen Gedanken festzuhalten oder zusammenhängend zu verfolgen. Was immer sie ihm eingeflößt hatten, hatte Besitz von seinem Geist ergriffen und war noch nicht gänzlich verflogen. Vielleicht war das der Grund, warum er sich seiner Blöße nicht genierte. Sie machte ihn verwundbarer, und er fürchtete sich, aber Scham empfand er nicht.
    Erst als er Schweiß auf seiner Brust glänzen sah, wurde er gewahr, wie heiß es war. Mit Mühe und eigentümlich langsam hob er den Blick. Allmählich, viel langsamer als gewöhnlichstellten seine Augen sich auf den Feuerschein ein, und als er die ersten Konturen erkannte, glaubte er einen Moment lang, er befinde sich in einer Kirche. Eine Krypta womöglich, denn es war dunkel, seine nackten Füße standen auf festgestampftem Lehm, und die Luft war feucht und dumpfig.
    Jenseits des Feuers, das in einer Mulde am Boden brannte, stand ein eigentümlich niedriger Altar, der einem Mann allenfalls bis ans Knie reichte, darauf ein Kelch. John konnte nicht erkennen, woraus er gemacht war, aber er funkelte nicht im Flammenschein.
    Hinter sich vernahm er ein Rascheln und wandte unwillkürlich den Kopf. Er erhaschte einen Blick auf einen großen Schädel in einer Kapuze und roch einen ungewaschenen Männerleib. Die haarigen Hände, die die Nägel in seine Handflächen geschlagen hatten, schlangen ein Seil um seinen Brustkorb, die Enden einmal um den Querbalken, und knoteten es fest. John spürte, wie seine Füße und Schultern von einem Teil seines Gewichts entlastet wurden.
    Er schluckte und bewegte das dicke, pelzige Ungetüm, welches seine Zunge war. »Wärmsten Dank auch«, brachte er hervor. Es klang, als wäre er sternhagelvoll.
    Der Mann stieß ein heiseres, irgendwie schauriges Lachen aus. »Keine Ursache, Sir John. Ihr sollt es in der letzten Stunde Eures Lebens so bequem haben, wie die Umstände erlauben. Und wenn Ihr ohnmächtig werdet, sollt Ihr uns nicht zusammensacken.«
    Zusammensacken? Mit angenagelten Händen? Wohl kaum. Aber das sagte er nicht, konzentrierte sich lieber auf die Stimme. Er wusste genau, dass er sie schon einmal gehört hatte, aber benebelt, wie sein Verstand war, konnte er sie nicht zuordnen. Nicht unkultiviert, aber dennoch von einem unüberhörbaren Akzent gefärbt. Östliche Midlands, tippte John. Und ohne jeden erkennbaren Zusammenhang musste er an den alten König Henry denken, den Bruder des Kardinals, der
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