Die Hüterin der Wölfe (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
dicken Beinen und den zwei riesigen gebogenen Zähnen. Außerdem hatte es eine lange Nase, die bis zum Boden reichte. Es war beeindruckend. Das Tier war wunderschön geformt. Das Material war weiß und glatt und glänzte in der Sonne. Sie hatte so etwas noch nie gesehen. Mit offenem Mund starrte sie es an. "Ich habe es in einer Höhle gefunden." sagte Tisgar. "Es muss alt sein, auch wir haben diese Tiere noch nie gesehen." "Ich kenne Zeichnungen von ihnen." sagte Pinaa. "Ja, in unseren Höhlen waren auch Malereien von diesen Tieren." bestätigte Tisgar. "Sie waren wohl ziemlich groß und hatten dickes Fell. Mein Vater sagt immer, dass man bestimmt ein Zelt über ihre Zähne spannen konnte." Pinaa lächelte. "Ich kann das nicht annehmen." Sie wollte es ihm zurückgeben, aber er wehrte ab. "Es ist nur eine kleine Figur. Als Erinnerung an mich." Sie zögerte. Dann fiel ihr etwas ein. "Warte." Sie rannte den kleinen Waldweg hinunter zu ihrem Zelt. Keuchend kam sie zurück und drückte ihm ebenfalls eine kleine Figur in die Hand. "Das ist nichts altes." sagte sie. "Nichts Besonderes. Ich habe sie gemacht, kurz nachdem die Wölfin zu mir kam. Dann denkst du auch an mich."
Tisgar betrachtete die kleine Figur aus der roten Erde. Ein perfekt geformter Wolf. Als er wieder hochsah, war Pinaa gegangen.
Kapitel 5 – Jäger und Fallen
Einen Mondzyklus später wollte auch Kittoo weiterziehen. Der Wald war schon ein buntes Farbenspiel und die Bäume warfen nach und nach ihre Blätter ab. Am Sonnenabstieg vor dem Tag des Aufbruchs schlich sich Pinaa mit der Wölfin noch einmal an den kleinen See. Sie saßen dort eine Weile und beobachteten wie die Sonnenstrahlen auf dem dunklen Wasser funkelten. Ein kleiner Vogelschwarm landete, um sich kurz zu erfrischen und stieg dann wieder auf. Pinaa beneidete sie um ihre Flügel. Wie die Welt wohl von oben aussah?
Zeitig brach die Sippe beim nächsten Sonnenanstieg auf, um den breiten Fluss noch am selben Tag zu überqueren. Sie kamen weit genug vor Einbruch der Dunkelheit am Ufer des Übergangs an. Der Fluss war groß, an einigen Stellen sehr tief mit gefährlichen Strömungen und bis zu 300 Schritte breit. Doch an der allseits bekannten Furt war das Wasser sehr flach und bewegte sich kaum. Wenn es wenig Regen gegeben hatte, war der Übergang fast wasserlos. Überall lagen große Steine, so dass man die Strecke nahezu trockenen Fußes überqueren konnte. Ohne Zwischenfälle erreichte die Sippe das andere Ufer und den für die Übernachtung vorgesehenen Platz.
Nachdem sie das Lager eingerichtet hatten, sicherten die Jäger die nähere Umgebung. Setanoo entdeckte in einer Abzweigung des großen Flusses einen Wall aus Baumstämmen und Ästen, ein Nest der Biber, große Nager mit dem warmhaltenden und wasserdichten Fell. Diese Tiere ruhten nachts in ihrem Nest, man kam nicht an sie heran, aber früh bei Sonnenanstieg waren sie fleißig bei der Arbeit und auf Nahrungssuche am Ufer. Die Jäger beschlossen, ihr Glück bei Sonnenaufgang zu versuchen.
Schon als die ersten Sonnenstrahlen zaghaft durch die Zweige brachen hatten vier Jäger Stellung am Ufer des Flusses in der Nähe des Biber-Baus bezogen. Sie wollten die Tiere zunächst mit aus Baumrindefasern gefertigten Netzen fangen, die sonst zum Fischfang benutzt wurden, und sie dann mit einem schnellen Schlag töten, um die wertvolle Haut nicht zu beschädigen.
Aber kein Biber ließ sich blicken. Entweder war der Bau verlassen oder die Tiere hatten etwas gemerkt. Auch bei Sonnenanstieg war weit und breit nichts von ihnen zu sehen. Die Jäger konnten lediglich zwei unvorsichtige Enten einfangen.
So zog die Sippe ohne die begehrten Biberfelle weiter. Sie wanderten bis die ersten Ausläufer des Gebirges zu erkennen waren, in dem sich ihr Winterlager befand und schlugen dann erneut ein Nachtlager auf.
Es war kühler geworden und Pinaa musste an Tisgars Bärenfelljacke denken. Und auch an Tisgar. Sie nahm die kleine weiße Figur, die er ihr geschenkt hatte in die Hand und stellte sich sein Gesicht vor. Das Kribbeln ereilte sie wieder, sie kuschelte sich in ihr Schlaffell und versank in Träume.
Am nächsten Tag ging es stetig bergauf. Es war anstrengend, aber sie kamen gut voran und als die Sonne ihren höchsten Stand verließ, hatten sie fast die Höhe erreicht, auf der ihre Winterhöhle lag und befanden sich am Rand des dichten Waldes. Fast alle Bäume hatten ihre Blätter schon abgeworfen, aber der Wald beherbergte auch viele der spitz
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