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Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom

Titel: Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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über ihr Ungeschick oder waren stolz auf sie. Alles drehte sich um sie, um die Männer. Die Frauen hingegen waren für sie nicht existent – natürlich waren sie anwesend, aber sie existierten nicht als denkende, fühlende Wesen. Nur bei einigen Söhnen – es waren an diesem Abend vier junge Burschen von unter zwanzig Jahren im Teatro – meinte Antonia zu erkennen, dass sie die Frauen noch als Persönlichkeiten wahrnahmen, ja, ihnen sogar Respekt entgegenbrachten. Zweifellos hing das mit der erotischen Unerfahrenheit der Jungen zusammen, die sich jedoch mit der Zeit legen und mit einem Verlust des Respekts einhergehen würde.
    Antonia hatte sich keine richtige Vorstellung von dem gemacht, was sie hier vorfinden würde. Natürlich hatte sie gewusst, dass Huren sich ihre Kunden nicht aussuchen konnten und dass sie das, was sie taten, nicht freudetrunken taten – im Gegensatz zu ihr, zu Antonia, die nur mit Männern zusammenkam, die ihr gefielen. Diesen Männern gab sie etwas und erhielt etwas von ihnen zurück. Es war ein Liebesgeschäft. Aus einem unerfindlichen Grund hatte Antonia immer geglaubt, dass es für die Huren wenigstens manchmal auch schöne Erlebnisse gab, ein wenig Zärtlichkeit vielleicht, und dass manchmal
ein Kunde kam, der sie auf eine andere Weise als nur rein körperlich brauchte, vielleicht als Trösterin oder Beichtmutter. Ja, sie hatte sogar angenommen, dass ab und zu die Liebe in den Hurenhäusern vorbeischauen und eine der Huren erwählen würde, auf dass sie viele glückliche Tage an der Seite eines Mannes verlebte.
    Doch nach nur einem Abend am Tresen des Animierraumes glaubte Antonia nicht mehr, dass sich im Teatro oder einem anderen Hurenhaus jemals eine Liebesgeschichte ereignen könnte wie die zwischen Paris und Helena oder Abaelard und Heloise. Ein Mann, der über einen Funken Achtung gegenüber dem weiblichen Geschlecht verfügte, würde nicht hierherkommen.
    »Na, erschüttert?« Signora A war unbemerkt hereinge kommen und hatte sich neben Antonia hinter den Tresen gestellt.
    »Sieht man mir das an?«
    »Nein. Jede Frau, die das sieht, was du siehst, ist zuerst erschüttert, oder mehr noch – empört. Man empört sich über die Männer, über die Demütigung der Frauen, und man empört sich auch über mich, die ich die Vorsteherin dieser Demütigung bin. Du empörst dich über mich, genau in diesem Augenblick, habe ich recht?«
    Antonia senkte die Augen und wischte ein paar Weinflecken vom Tresen. »Vorhin, als wir uns begegnet sind«, begann sie, schluckte aber den Rest des Satzes hinunter.
    »Sprich dich aus«, bat Signora A.
    »Vorhin, als wir uns begegnet sind, da dachte ich, du bist so etwas wie die Pensionsmutter dieser Mädchen, eine Beschützerin, ein bisschen rau, aber mit einem großen Herzen. Jetzt, wo ich sehe, was man den Frauen abverlangt...« Wieder verstummte sie.
    »...denkst du, ich sei eine eiskalte Schinderin«, führte Signora A den Satz zu Ende. Sie grinste, als Antonia ihr nicht
widersprach. »Ich mache dir keinen Vorwurf, dass du so denkst. Mir würde es an deiner Stelle nicht anders gehen.«
    »Aber dann... dann verstehe ich nicht, wieso du tust, was du tust, Signora A. Ich meine, du bringst diesen Frauen alle möglichen nützlichen Dinge bei, bist ihnen wie eine Mutter, und dann wirfst du sie jede Nacht den Wölfen vor. Und was ich noch weniger verstehe, ist, wieso die Frauen sich das gefallen lassen.«
    Signora A lehnte sich gegen den Tresen und blickte zu ihren Schützlingen, den jungen Huren. »Sie kommen von überall her«, sagte sie leise. »Sie laufen vor Vätern davon, die ihnen wehtun, vor Ehemännern, die sie schlagen, vor Brüdern, die sie wie Leibeigene behandeln, vor Stiefmüttern, vor dem Krieg, der Erbarmungslosigkeit, der menschlichen Kälte. Sie laufen davon, weil sie niemanden mehr haben, weil sie Waisen sind oder verstoßen wurden. Sie haben Kinder von plündernden Soldaten bekommen oder von Priestern oder von Onkeln. Sie flüchten vor Dummheiten, die sie gemacht haben, oder vor Verbrechen. Es sind einige unter ihnen, die ihre Kinder ausgesetzt haben. Es sind vielleicht auch Mörderinnen unter ihnen, keine Ahnung. Eines aber weiß ich: Jede Einzelne von ihnen wird von irgendjemandem verflucht, gehasst, verachtet. Keine ist zu mir gekommen, weil sie es wollte, ich meine, wirklich wollte. Sie kommen, weil ihnen ihr früheres Leben unerträglich wurde und weil ihnen nichts anderes übrig bleibt, und aus dem gleichen Grund nehme ich sie

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