Die Huren des Apothekers
gehört hatte, waren Mordgedanken durch
seinen Kopf gezogen. Wenn er nicht so schnell hinter seiner Bärbel
hergelaufen wäre, hätte er dieses falsche Weib erschlagen. Seiner
Bärbel zu erzählen, er habe sie nie geliebt, nur sein Vergnügen
mit ihr gesucht und sie dann weggeworfen wie einen abgefressenen
Apfelgriebs! Warum nur hatte Bärbel nicht warten können, bis er von
seinem Meisterstück aus Freiburg zurück war, um ihm selbst die
Nachricht zu bringen? Wusste sie denn nicht, dass er sich gefreut
hätte? Dass er sie zur Frau genommen hätte, egal was auch geschah?
Langsam atmete Frank aus. »Wo hättest du dich
versteckt?«
»Mir wäre das nicht passiert. Nie würde ich
rumhuren, man müsste mich ja fortjagen! Wenn ich in der Gnade des
Herrn einem neuen Täufling das Licht der Welt schenke, werde ich das
mit meiner Mutter daheim tun wie jedes anständige Eheweib.«
Wut ließ die Zähne in Franks Mund knirschen. Er
sprang auf und kehrte dem Mädchen den Rücken zu, damit sie nicht
sah, wie sehr ihre Worte ihn aufwühlten. »Komm mit«, stieß er
hervor und spürte, wie seine Augen brannten. Rückwärts gewandt
nahm er ihr das Krüglein ab und stapfte zu der frisch Gehenkten. Mit
seinem Messer schlitzte er den zerrissenen Rock auf, ergriff das
steife Bein, stieß die Klinge in das Fleisch des Oberschenkels und
zog die Muskeln auseinander. Aus der großen Beinader quoll beim
letzten Schnitt schwarzes, geronnenes Blut in großen Klumpen heraus.
Er hielt den Krug darunter, bis keine Brocken mehr
herunterplatschten.
»Da, nimm. Möge es deiner Mutter bekommen.«
Mit beiden Händen ergriff das Mädchen das
besudelte Gefäß, knickste und rannte davon.
Unter Tränen sah Frank zu der Toten empor.
»Verzeih«, murmelte er und wischte sich die Augen. »‘s wird nit
helfen, aber zu sonst was bischt nit mehr gut.«
Wie ein alter Mann mit lahmem Kreuz wandte er sich
um und schlurfte zu seiner Hütte zurück. Bis Sonnenuntergang würde
er hier ausharren, erst dann löste ihn einer von den anderen
Henkersknechten ab. Ottmar suchte jede Nacht einen anderen aus. Nur
in den Stunden hatte er Muße, Bärbel zu suchen. Er würde beim Haus
der Frau Mechthild fragen müssen.
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Elße gab die Schürze ab, froh, dass sie beim
Auftragen der Speisen keinen Fleck darauf gemacht hatte. Das Kleid
würde sie vor dem Schlafengehen auf den Stapel legen, den dann eine
der anderen in die Kleiderkammer brachte. Diese Kleider gab Frau
Mechthild nur zu seltenen Gelegenheiten aus, besonders wenn jemand
aus der Stadt kam, der ihr eine Spende überließ und nicht selten
mit einem ihrer Schützlinge im Obergeschoss des Anbaus verschwand.
Bevor die anderen Mädchen fertig waren, die Schürzen zu sammeln,
huschte Elße aus der Küche. Durch die Vorratsräume und
Abstellkammern gelangte sie an der Kellertür vorbei zurück in die
Eingangshalle. Das große Portal war nicht abgeschlossen, ganz im
Gegensatz zu dem Dienstboteneingang, der Tür, die von der Küche in
den Garten führte.
Der Duft der Speisen für die Gäste zog durch die
Halle und Elßes Bauch begann zu grummeln. Dabei war auch für sie
das Abendmahl besonders üppig ausgefallen, eine doppelte Portion
Hafergrütze, damit niemand von ihnen die hohen Herrschaften mit
seinem Magenknurren belästigte. Sie legte eine Hand auf den Leib und
streichelte ihn, bis er Ruhe gab.
Die Knechte saßen in einer Gesindekammer
beisammen, spielten Karten oder würfelten und ließen den Bierkrug
herumgehen. Mit den kaum berührten Speisen von der Tafel der Herrin
schlugen sie sich die Bäuche voll, bevor die Mädchen am nächsten
Tag die Knochen nagen durften. Von diesen Schurken hatte Elße nichts
zu befürchten.
Jonata hatte morgens den Boden der Halle aus
Steinfliesen poliert und klagte beim Servieren heute Abend ständig
über Schmerzen in den Knien, die sie sich dabei verletzt hatte. Er
war so glatt, dass Elßes Holzschuhe darauf ausrutschten. Mit vor den
Mund gerissener Hand lauschte sie, ob das Klappern jemanden
herbeirief. Erst nachdem sie keine anderen Geräusche als das Klirren
des Geschirrs aus der Küche und das Trappeln der Füße der Mädchen
hörte, die für die Bedienung der Gäste herumeilten, schlich sie
weiter. Auf einmal öffnete sich eine Tür, ein Luftstrom zog durch
die Halle. Sofort huschte Elße hinter einen Vorhang. Die Tür
schloss sich.
»Du übertreibst maßlos«, hörte sie die Stimme
des Apothekers. »Wenn du Spenden willst, darfst du nicht diesen
Überfluss
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