Die Hurenkönigin von Alezcana - ROTE LATERNE - Band 3 (German Edition)
verschwunden. Straff spannte sich die gelbbraune Haut plötzlich über seine hohen, indianischen Wangenknochen. Etwas Glashartes trat in seinen Blick, den er nun ganz kurz über das schlafende, schmutzige Dorf gleiten ließ.
Er schob Evita mit der Hand zur Seite und wollte ins Haus eintreten. Evita versuchte, an ihm vorbei in den Patio zu huschen. Als sie beide auf gleicher Höhe waren, als Evita schon die Luft spürte, die Blumen sah, da krallten sich die langen, knochigen Finger des Mannes in den Arm des Mädchens.
Wie ein Blitzschlag durchfuhr es Evita vom Scheitel bis hinunter in die nackten Fußsohlen.
Die Tochter der Dirne schloss die Augen und bog den Kopf zurück. Ihr Herz hämmerte so laut, dass Evita meinte, er konnte es nicht überhören. Sie durfte ihm ihre Furcht nicht zeigen. Furcht machte
schwach, das wusste Evita. Der Mann war für Evita eine Bestie.
Sie sah vor ihrem geistigen Auge noch immer seine nackte Hässlichkeit, seinen ausgedörrten ledrigen Körper, alle Einzelheiten, die den Mann an ihm ausmachten, und in seiner Hand die Peitsche, davor das wuchtige Gesäß ihrer Mutter, ihr verzerrtes Gesicht. Und sie hörte die Schreie.
"Lassen Sie mich los, Don Felipe!", rief Evita. Scharf wie eine Machete zischte ihre Stimme ihn an.
Don Felipe lachte ein leises, ein gieriges und hinterhältiges Lachen.
"Du bist so schön!", sagte er, und seine Zunge benetzte den Leberfleck auf seiner Unterlippe. Auf einmal erschien Evita sein ganzes Gesicht fleckig. Waren es Schattenpunkte, Sonnensprenkel, oder war es die Gier, die sich nun von innen nach außen kehrte?
"Gehen Sie weg!", schrie sie.
“Hör zu, Mäuschen!", sagte er nun dicht an ihrem Ohr. „Du hast mich einmal gebissen. Ich werde dich nicht beißen, ich verspreche es. Aber ich werde ..."
Überall auf ihrem Körper waren auf einmal seine langen Finger. Sie waren erschreckend kalt auf der schweißfeuchten Haut, die Don Felipe ungewöhnlich zu erregen schien. Und dann kroch sein Mund über Evitas Hals. Ihr kam es vor, als würde ihr eine Sumpfkröte über den Nacken kriechen und eine widerliche Schleimspur hinterlassen. Die knochigen Hände drückten und kneteten die Mädchenbrüste, wobei Evita verzweifelt den Kopf verbog, um seinen Lippen auszuweichen, die immer wieder vulgäre Worte flüsterten.
Evita kannte diese Worte. Es waren bisher nur Worte gewesen, aber jetzt bekamen sie erschreckende Bedeutung.
"Nein!“, wimmerte Evita.
"Du willst doch, dass es euch weiterhin gutgeht, dir und der alten Hure, oder willst du die dreckigen Fischer über deinen Körper lassen? Über diesen schönen Körper diesen ..."
Seine Stimme erstarb irgendwo an Evitas Leib, den er nun fast vollständig in seinem Besitz hatte.
Als er sie an sich presste, spürte sie Entsetzen, denn alles an ihm war anders als vorher.
Er drängte sie die Treppe hinauf. Evita klammerte sich am Holz des Geländers fest. Der Geruch von Zigarillos und dem schweren Parfüm ihrer Mutter wurde plötzlich zu einem S*non*m des panischen, nackten Entsetzens.
„Wenn du nicht tust, was ich will, werfe ich dich auf der Stelle auf die Straße und schließe das Haus ab!", schrie er Evita plötzlich an, weil sie Anstalten machte, nach ihm zu treten und ihn zu beißen.
Er hatte sie losgelassen, stand vornübergebeugt eine Stufe tiefer als Evita und trat noch um zwei weitere Stufen zurück. Ein wirrer Gedanke blitzte in Evita hoch. Vor ihrem geistigen Auge sah sie ihn rückwärts über die Treppe stürzen, von ihrem Fußtritt getroffen. Sie sah ihn auf dem Steinboden liegen und sie sah das Blut in seinem Mundwinkel. Nur ein Tritt war nötig und alles wäre vorbei.
"Bueno!", sagte sie. Eine merkwürdige Mischung von eiskalter Ruhe, Wut, Furcht und auch gewaltsamem Mut floss ihr durchs Blut und machte sie opferbereit.
Ja, das genau war es, was das Mädchen empfand: die Bereitschaft, sich zu opfern für ein gutes Leben. Wenn sie ihm zu Willen war, konnte es ihnen nur besser gehen. Wenn sie sich ihm aber verweigerte …?
Evita mochte nicht darüber nachdenken. Das Elend der Vergangenheit kroch aus ihrem Unterbewusstsein. Evita wollte diese Vergangenheit nicht hochkommen lassen. Was war schon dabei? Pilar hatte mit Horden von Männern geschlafen, mit einer ganzen Armee, wenn man es summierte, und sie hatte es überlebt. Einmal war auch für Pilar das erste Mal gewesen.
Einmal musste es ja sein! Und wenn es schon sein musste, dann sollte es nicht nutzlos geschehen.
Dass es auch aus Liebe
Weitere Kostenlose Bücher