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Die indische Erbschaft

Die indische Erbschaft

Titel: Die indische Erbschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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„du bist wirklich noch viel zu jung und viel zu hübsch, um sauer zu werden. Wenn dein Wilhelm dir tatsächlich ausrückt, dann heiratest du einfach noch einmal! Wie du aussiehst und bei deiner Figur kriegst du an jedem Finger noch zehn Mannsbilder!“
    „Halt mal die Luft an! Mir hat der eine gelangt. Schau du nur zu, daß du mit deinem Helmuth fertig wirst. Meinen Millionär kriege ich auch noch klein. Der muß seinen Millionenrausch nur erst einmal ausschlafen...“
    „Ich fürchte nur, er schläft ihn woanders aus...“
    „Na, und wenn schon!“ sagte Martha und hob die Schultern, „der reißt auch keine Bäume mehr aus — auch wenn er sich jetzt noch einbildet, er könnte es.“
    Sie räumte die Flaschen vom Tisch und ging in die Küche. Das Telegramm von Werner, daß er sein erstes Engagement erhalten habe, steckte zwischen Zierleiste und Glas in der Tür des Büfettaufsatzes. Er wird seinen Weg schon machen...
    Die Uhr ging auf zwölf. Martha gähnte und reckte die Arme. Sie hatte einen kleinen Schwips, es wurde Zeit für sie, ins Bett zu gehen. Auch für Helmuth Krönlein. „Schluß, Kinder, morgen ist auch noch ein Tag!“
    „Ich bringe Helmuth nur noch bis zur Ecke...“
    „Ach, was seid ihr jung! Aber nimm den Hausschlüssel mit, Charlotte, ich bin müde.“
    Sie verabschiedete sich von Helmuth Krönlein und ging in das Schlafzimmer hinüber. Wilhelm Ströndles Bett lag glatt bedeckt neben ihrem aufgeschlagenen Lager. Sie zog sich rasch aus und streckte sich in das kühle Leinen und löschte das Licht. Der Schlaf senkte sich bald wie ein großer schwarzer Vorhang über sie. Sie hörte nicht mehr, wie Charlotte zurückkam und in ihr Zimmer schlüpfte, und sie hörte auch nicht, daß das Schloß zwei Stunden nach Mitternacht wiederum leise aufgesperrt wurde. Sie fuhr erst tödlich erschrocken empor, als das Licht im Zimmer aufflammte und Wilhelm Ströndle blaß wie ein Gespenst vor der weißgestrichenen, glatten Sperrholztür stand. Für einen Augenblick glaubte sie wirklich, das Opfer einer Halluzination zu sein. War sein Flugzeug verunglückt? Erschien er ihr, um ihr seinen Tod anzuzeigen? Gab es so etwas wirklich? Er stieß sich von der Tür ab und schlurfte über den Kokosläufer, der zwischen Betten und Schrank von der Tür zum Fenster lief.
    „Mein Gott, Willi, was hast du mich erschreckt! Was ist los? Weshalb bist du schon zurück? Warst du überhaupt in London? — Und wie siehst du aus?“
    So viele Fragen auf einmal. Sein rechtes Augenlid zuckte nervös. Er kam mit Armen, die schlaff wie Seile von den Schultern hingen, zu ihr und sank vor ihrem Bett in die Knie. Sein Kopf fiel auf ihren Schoß, und seine Schultern schüttelte ein Schluchzen.
    „Um Himmels willen, Mann, was ist geschehen? So rede doch!“ Sie hob seinen Kopf empor und sah erst jetzt, daß seine Brille zerbrochen war und daß das rechte Auge durch die leere Fassung blickte.
    „Ach, Martha, du hast ja recht gehabt! Du hast in allem recht gehabt, er war ein Lump!“
    „Wer? Wer?“ rief sie und schüttelte ihn, als müsse sie ihn wie ein Neugeborenes zum Leben wachrütteln.
    „Mein Urgroßvater, dieses Schwein!“ schluchzte er; „ein Bigamist war er! Ein verfluchter Bigamist!“
    „Was?“ fragte sie und fuhr empor.
    „Er war doppelt verheiratet! Und deshalb wird die Erbschaft nicht uns ausgezahlt, sondern fällt an den Staat Japore zurück!“
    Sie konnte es immer noch nicht fassen.
    „Wir sind also keine Millionäre?“ fragte sie tonlos. „Nein, nein, nein!“ schluchzte er, „wir kriegen von den ganzen Millionen nicht einen roten Pfennig! Wir sind ruiniert! Alles ist aus! Ich liege auf der Straße und kann stempeln gehen!“
    „Keine Millionäre...“flüsterte sie und faltete die Hände über seinem Kopf: „Lieber Gott, ich danke dir! Ich danke dir von ganzem Herzen!“
    Sie hob ihn sanft empor und befreite sich von seiner Last, um aufstehen zu können: „Komm, mein Lieber, komm, mein liebes altes Schaf! Hör auf zu jammern! Ich bin ja so froh, daß es so gekommen ist...“
    „Wir sind ruiniert...!“
    „Und wenn schon! Was macht mir das aus? Die Hauptsache ist, daß du wieder da bist und daß du mir keinen Kummer mehr machen wirst. Komm, Liebster, ich helfe dir...“ Sie streifte ihm die Jacke ab und entkleidete ihn wie ein Kind. Sie löste seine Schuhbänder und streifte die Schuhe von seinen Füßen, sie knotete seine Krawatte auf und warf sie über einen Stuhl. Sie löschte das Licht und legte sich

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