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Kalter Grund - Almstädt, E: Kalter Grund

Kalter Grund - Almstädt, E: Kalter Grund

Titel: Kalter Grund - Almstädt, E: Kalter Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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1. KAPITEL
    Ü ber Nacht waren die Temperaturen in Ostholstein unter den Gefrierpunkt gesunken. Als Bettina Rohwer am frühen Morgen vor ihre Haustür trat, empfing sie der kalte Ostwind, der ungehindert über die weite Landschaft und um das einsame Haus herum heulte. Es war noch stockfinster.
    Im Schein der Außenlaterne ging sie zu ihrem Auto hinüber und begann, die Frontscheibe Stück für Stück von der festsitzenden Eisschicht zu befreien. Der Wind zerrte an ihren krausen Haaren und dem offenen Parka, den sie sich gleichgültig übergeworfen hatte. Sie fühlte, wie die Kälte tief in ihren Körper drang, aber sie wehrte sich nicht dagegen.
    Die Kratzerei war mühsamer, als sie gedacht hatte, und durch die Kälte fühlten sich ihre Finger in Sekundenschnelle taub und kraftlos an. Sie würden zu spät zum Schulbus kommen. Bettina Rohwer fuhr ihre beiden Kinder in diesem Winter wieder regelmäßig zur nächstgelegenen Bushaltestelle im Dorf. Während sie noch verbissen kratzte, hörte sie plötzlich ein rumpelndes Geräusch, das immer lauter wurde. Zunächst vermutete sie, dass der Milchlaster gleich an ihr vorbeidonnern würde. Der Feldweg, an dem sie wohnte, führte nur noch zu dem Hof ›Grund‹ der Familie Bennecke. Die hielten dort, soweit Bettina informiert war, so an die 80 Milchkühe. Trotz der Dunkelheit bemerkte sie recht schnell, dass sie sich geirrt hatte. Der Lastwagen hinterließ einen ekelhaft süßlichen Gestank nach Tod und Verwesung. Es musste der Wagen des Abdeckers sein.
    Er war in diesem Winter schon so oft bei ihnen vorbeigefahren, dass Bettina sich allmählich fragte, wie es in den Ställen der Benneckes wohl zugehen mochte. Ihre düsteren Vorstellungen lenkten sie eine Weile von ihrer monotonen Tätigkeit ab. Als sie fast fertig war, hörte sie das Rumpeln in der Ferne erneut. Verwundert hielt sie inne ... Wieso kam der Abdecker schon so schnell wieder zurück? Zu ihrem Erstaunen vernahm sie nun jedoch das Quietschen von Bremsen. Der Lastwagen kam vor ihrem Haus zum Stehen. Die Scheinwerfer des Wagens wurden abgeblendet und eine korpulente Gestalt hievte sich aus der Fahrerkabine. Der Mann stöhnte leise. Er sah zu dem erleuchteten Rechteck des Küchenfensters hinüber, hinter dem jetzt wahrscheinlich ihre beiden Kinder neugierig in die Dunkelheit starrten. Dann erst entdeckte er sie.
    Der Gestank, der sich wellenartig vom Laster her ausbreitete, machte Bettina wütend. Ebenso die auf sie zutorkelnde Gestalt, die um diese Uhrzeit schon betrunken zu sein schien. Instinktiv wich Bettina einen Schritt zurück und stieß dabei mit dem Rücken gegen den Seitenspiegel ihres Autos.
    »Hallo! Ich brauche Hilfe! Ist hier jemand?«
    »Was ist denn? Warum halten Sie hier?«
    Seiner Stimme nach zu urteilen, war der Mann doch nicht betrunken. Er schien vor irgendetwas Angst zu haben.
    »Die Benneckes ...«, stieß er hervor, »ich war eben auf ihrem Hof, weil Rainer Bennecke mich gestern Abend noch zu sich bestellt hatte ...« Er atmete geräuschvoll, fast hörte es sich so an, als heulte er.
    »Ja und? Was ist mit Ihnen?«, fragte Bettina gereizt. Sie fühlte einen Widerwillen diesem Mann gegenüber, den sie selbst nicht ganz verstand.
    Der ungebetene Besucher schien sich kaum auf den Beinen halten zu können. Er stützte sich an einer Mülltonne ab undstammelte: »Sie sind alle tot! Alle drei Benneckes. Sie liegen auf dem Hofplatz herum und ich ... ich wäre beinahe über sie gefahren!«
    »Sind Sie ganz sicher? Da kann doch Gott weiß was herumliegen. Haben Sie genau nachgesehen?« Eine verendete Kuh kam Bettina Rohwer in den Sinn.
    »Ich habe nachgesehen. Wenn ich sage, sie sind tot, dann sind sie es auch! Was glauben Sie denn? Ich ... ich habe ihren Arm überrollt!«
    »Was für einen Arm?«
    »Na, den von Frau Bennecke. Ich glaube, sie sind alle erschossen worden!«
    Dem Abdecker schienen die Knie weich zu werden. Bettina sah sich genötigt, seinen Ellenbogen zu nehmen und ihn zu der verwitterten Holzbank zu führen, die an der Hauswand stand.
    »Ich werde die Polizei anrufen«, sagte sie. Angesichts der Fassungslosigkeit des Mannes fühlte sie sich ruhig und überlegen. »Wie heißen Sie eigentlich?«
    »Tramm. Ich heiße Holger Tramm. Beeilen Sie sich ...«
    Sie ging ins Haus zum Telefon und wählte 110.
    Nachdem sie die Polizei informiert hatte, war es endgültig zu spät, um die Kinder noch rechtzeitig zum Schulbus zu bringen. Der nächste Bus fuhr erst um kurz nach acht Uhr. Bettina Rohwer

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