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Die Insel der Krieger

Die Insel der Krieger

Titel: Die Insel der Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Manz
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seinem Namen. Wobei man, um der Wahrheit die Ehre zu geben, nicht ganz sicher hatte sagen können, ob die sterbende Frau mit ihrem letzten Atemzug tatsächlich den Namen ihres Sohnes gesagt hatte. Doch war ihr Mann recht s i cher, »Nalig« verstanden zu haben, als er ihr den Jungen in die e r schlaffenden Arme gelegt hatte und aus diesem Grund hatte er das Kind so genannt. In wenigen Tagen schon würde auch von ihm nichts mehr geblieben sein als Erinnerungen.
    Es war schon lange Ruhe in das Dorf eingekehrt, als Nalig in dieser Nacht ins Freie trat. Die Enge seines Zimmers bedrückte ihn und so ging er ein wenig durch die kalte Nachtluft. Eine gespenstische Stille umfing die kleinen Häuser, in denen kein einziges Licht mehr brannte. Der Mond war von dichten Wolken verhangen und so lagen die Ga s sen in vollkommener Finsternis. Fast 18 Jahre lang hatte Nalig in Serefil gelebt. Er kannte jedes Haus, jede Straße, alle Geräusche und Gerüche. Selbst blind fand er sich hier zurecht. Der Gedanke, dass er bald schon alles, was ihm vertraut war, würde aufgeben müssen, ließ seine Kehle brennen. Und dann, mit einem Mal, beschlich ihn das Gefühl, in den nachtschwarzen Gassen nicht alleine zu sein. Er spürte eher, als dass er es hörte, dass jemand von links her auf ihn zu schlich. Alarmiert verharrte er reglos, verborgen in den Schatten, überzeugt davon, dass das Pochen seines Herzens und sein rascher Atem ihn dennoch verraten würden. Es war erstaunlich, wie selbst die Gewis s heit des Todes, die seit Tagen für ihn allgegenwärtig war, die natürliche Angst vor Gefahren nicht zu zerstreuen in der Lage war. Doch wurde dem jungen Mann bald bewusst, dass ihm keinerlei Gefahr drohte. »Nalig, bist du das? « , vernahm er eine vertraute Stimme. »Ilia! « Nalig lachte vor Erleichterung kurz auf – ein Geräusch, das sich seltsam fremd anhörte. Offensichtlich war er nicht der Einzige, der in dieser Nacht keinen Schlaf fand. Das weiße Kleid des Mädchens ermöglichte es Nalig immerhin, Ilias Umrisse auszumachen. Im Gegensatz zu ihm schien sie durch die nächtliche Begegnung weder erschrocken noch besonders überrascht. Sie kam näher. »Weshalb schläfst du nicht? « Nalig schämte sich ein wenig für seine Schreckhaftigkeit. »Womöglich aus demselben Grund wie du. « Sie kam näher. Der Junge konnte ihre Augen leuchten sehen. »Es ist schön hier zu dieser Zeit. So ruhig. Und nirgends sind Menschen. Ich bin oft nachts draußen. « Sie wandte sich um. Nach kurzem Zögern folgte Nalig ihr lautlos. »Hast du mit de i nem Vater gesprochen? « , wollte Ilia wissen, ohne sich im Laufen u m zudrehen. »Ja, ein wenig. « Betrübt dachte Nalig an die ausgesprochen kurze Unterhaltung und an das eiserne Schweigen später beim Aben d essen. »Ich mache mir Sorgen um ihn«, gestand er. »Ich weiß nicht, ob er es alleine schafft. « »Die Dorfleute werden ein Auge auf ihn haben«, wollte das Mädchen ihn beruhigen. »Die Dorfleute scheren sich um niemanden als sich selbst und das weißt du genauso gut wie ich«, wies er den halbherzigen Versuch zurück. Ilia blieb stehen. Trotz des schmalen Lichtstreifens, den die Sterne nun durch einen Riss in der Wolkendecke sandten, konnte er ihr Gesicht nicht sehen. Doch ihre Stimme klang seltsam brüchig, als sie meinte: »Es ist immer schwer für jene, die zurückbleiben. Natürlich muss es irgendwie weitergehen. Doch jedes Mal, wenn man versucht, irgendwo anzuknüpfen, muss der Nächste das Dorf verlassen. Dann heucheln alle für ein paar Tage Betroffenheit und denken doch insgeheim: Gut, dass es nicht unsere Familie getroffen hat. « Sie wischte sich die Augen. Vorsichtig nahm Nalig sie in die Arme. »Warum ausgerechnet unser Dorf? « , flüsterte sie erschöpft. »Das würden sich die Bewohner eines jeden Dorfes fragen, wenn sie an unserer Stelle wären. « Der Junge erkannte, dass diese Antwort nicht einmal ihn selbst zufrieden stellte. Denn schließlich hatte auch er sich in den letzten Tagen immer wieder diese Frage g e stellt: »Weshalb ausgerechnet ich? « Im Augenblick jedoch wollte er nur das Mädchen trösten, das in seinen Armen schluchzte. Er war bestürzt, sie so zu sehen. Für gewöhnlich waren solche Gefühlsausbrüche nicht ihre Art. »Kommst du noch einen Augenblick mit rein? « , fragte sie mit bebenden Lippen und Nalig stellte erst jetzt fest, dass sie vor der Schmiede standen. Er folgte dem Mädchen in den dunklen Raum. Das Feuer, über dem Ilias Vater das Eisen erhitzte,

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