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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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beruht auch die Existenz von Muslimen unter den Sklaven auf Jamaika im 18. Jahrhundert – das Letzte, über das karibische Pflanzer Buch führten, war schließlich die Ursprungsreligion ihrer Feldarbeiter. In den Gebieten, in denen die Afrikaner gefangen wurden, gab es allerdings viele Dorfgemeinschaften, die einem sehr afrikanisch geprägten gemäßigten Islam anhingen. Es ist unwahrscheinlich, dass keiner ihrer Vertreter auf Jamaika strandete. Sicher ist, dass Sklaven muslimischen Glaubens zu der fraglichen Zeit und später nach Amerika gelangten. Wer sich dafür interessiert, dem sei Alex Haleys sehr gut recherchierte Familiengeschichte Roots empfohlen. Auch sein Vorfahr Kunta Kinte war Moslem.
    Der Obeah-Kult, der bis heute auf Jamaika praktiziert werden soll und unter Sklaven zu der Zeit, in der meine Geschichte spielt, äußerst populär war, ist dem Voodoo anderer Karibikgebiete nah verwandt. Beide Religionen verbinden afrikanische Kulte und Geisterglauben mit mehr oder weniger großen Bestandteilen des Christentums. Die Praktiken sind immer ähnlich, differieren in Einzelheiten aber oft von einem Priester zum anderen. Die von mir geschilderte Obeah-Zeremonie muss deshalb nicht mit jeder anderen Obeah-oder Voodoo-Zeremonie identisch sein, ich habe mich aber auch hier um größtmögliche Authentizität bemüht.
    Schließlich noch ein Wort zum politisch korrekten Sprachgebrauch in diesem Buch. Möglicherweise haben sich Leser an der Verwendung der Worte Neger und Nigger in der wörtlichen Rede gestört. Tatsächlich habe ich sie bewusst benutzt – es zielt darauf, den Lesern die das Thema Sklavenhaltung betreffende Stimmung im Europa des 18. Jahrhunderts möglichst genau zu vermitteln. Der Handel mit schwarzen Menschen, die Ausbeutung ihrer Arbeitskraft und die Annahme, sie wären nach Gottes Ratschluss minderwertig, waren um diese Zeit unumstritten. Ich strapaziere die Authentizität der Handlung schon sehr durch Noras und Simons konsequent ablehnende Haltung zur Sklaverei und selbst Dougs gemäßigte Einstellung. Religiöse Bewegungen, die Sklaverei verdammten, wie etwa die Quäker, gewannen erst später an Einfluss.
    Es ist auch keineswegs erfunden, dass schon vor Granny Nanny und ihren Brüdern Abkommen zwischen Weißen und Maroons bestanden, entflohene Sklaven zu ihren Besitzern zurückzuschicken. Man verstand das nicht als Verrat an der eigenen Rasse, das Prinzip der Versklavung von Gefangenen, meist Kriegsgefangenen, war praktisch überall auf der Welt bekannt und verbreitet. Allerdings war das System kaum irgendwo so undurchlässig und so grausam in seiner Ausprägung wie in den europäischen Kolonien – wahrscheinlich aufgrund seiner relativ neuen rassistischen Komponente. In Afrika (Polynesien, Arabien, selbst ehemals in Rom und Griechenland) musste zumindest theoretisch jeder damit rechnen, im Zuge von Kampfhandlungen, Raub und Überfällen irgendwann versklavt zu werden. Die Sklaven, die man hielt, galten nicht grundsätzlich als minderwertig, sie hatten einfach Pech gehabt.
    Infolgedessen gab es fast in jeder Gesellschaft die Möglichkeit für Sklaven, sich freizukaufen, freigelassen zu werden oder zum Beispiel durch Heirat in die Stammesgemeinschaft ihrer Herren aufgenommen zu werden. Für den schwarzen Sklaven in Händen des weißen Backras fiel all das weg, er war seinem Herrn lebenslang auf Gedeih und Verderb ausgeliefert – wobei es dem Herrn leichtfiel, auf jegliche Empathie zu verzichten: Ihn selbst schützte ja seine Hautfarbe sicher davor, das Schicksal des Sklaven irgendwann zu teilen. Daraus resultierten dann die im Buch geschilderten Misshandlungen und drakonischen Strafen – es gab kaum eine Möglichkeit, dem weißen Sklavenhalter Einhalt zu gebieten. In den wenigen geschichtlich belegten Fällen, in denen ein extremer Sadist wirklich zur Verantwortung gezogen wurde, griffen meist andere Pflanzer zur Selbstjustiz. Wie schon gesagt, befürchteten sie aufgrund der Überzahl der Schwarzen ständig Aufstände ihrer Sklaven, und hier stieg natürlich die Gefahr, wenn ein Sklavenhalter seine Arbeiter aufs Schrecklichste misshandelte.
    Wie auch immer, Mitte des 18. Jahrhunderts machte sich niemand Gedanken darüber, wie mehr oder weniger abfällig man über Schwarze sprach, und auch das Pidgin der Sklaven war mit Ausdrücken wie »Feldnigger« oder »dein Nigger« für »dein Mann« gespickt. Wobei Hochzeiten unter Sklaven übrigens wirklich nicht möglich waren, Ersatzzeremonien wie das

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