Die Insel des Mondes
fröhlich versichert, dass alles gut gehen würde, weil heute talata, Dienstag, wäre, ein strahlender Tag. Ein guter Tag für die leichten und angenehmen Dinge des Lebens.
Diesmal mussten sie nicht vor das Tribunal, sondern in den rundum verglasten Raum im ersten Stock, wo die Königin hinter dem zierlichen Rokoko-Schreibtisch mit der mächtigen Kaminuhr saß, seitlich von ihr stand der Premier.
Als Paula bemerkte, dass die prächtige Uhr immer noch nicht tickte, dachte sie daran, was sie seit ihrem letzten Besuch erlebt hatte, und sie fand, dass diese tote Uhr nicht länger etwas mit ihrem Leben zu tun hatte.
Der Premier streckte schweigend die Hand nach dem Flakon aus, aber Paula überreichte es der Königin, die es reichlich misstrauisch musterte. Sie ergriff den Ballon und wechselte einen Blick mit dem Premier, der zustimmend nickte, dann drückte sie den Zerstäuber.
Ein wundervoller, betörender Duft, voll mit den Aromen der Insel, erfüllte den Raum. Noria und Villeneuve schnappten überrascht nach Luft, der Premier griff nach dem Ballon und sprühte ebenfalls, mit dem gleichen Effekt.
Die Königin lächelte.
»Mit Verlaub, Euer Majestät, ich würde es ›Eau de Madagascar‹ nennen«, schlug Paula vor.
»So sei es.« Die Königin sprühte sich etwas davon auf das Handgelenk und schnupperte mit einem behaglichen Lächeln daran. »Das ist wirklich ganz und gar unglaublich. Ich hätte nicht gedacht, dass es möglich ist, eine Essenz dieser Insel zu schaffen. Es duftet wie ein Wald voller Blumen und Geister, voller Freude und Schatten. Sie haben also wirklich die Wahrheit gesagt. Sie und Ihre Freunde sind frei. Aller dings hätte ich da einen geschäftlichen Vorschlag zu machen.«
»Aber nicht heute«, sagte der Premier und bemühte sich, gute Miene zu zeigen. »Wir müssen ein großes Fest feiern, um allen zu zeigen, dass wir unseren Disput ausgeräumt ha ben. Ich werde veranlassen, dass sofort ein Zebu geschlachtet wird.« Der Premier klatschte in die Hände und ließ alkoholische Getränke bringen, stieß mit ihnen ein ums andere Mal an, und schon kurze Zeit später tauchten Zither- und Flö tenspieler auf, begleitet von trommelnden Tänzern und Die nern mit Platten voller Häppchen. Dann ging es hinunter in den Hof, wo man in Windeseile eine lange Tafel vorbereitet hatte.
Nachdem alle Anspannung von Paula abgefallen war, fühlte sie sich zu Tode erschöpft und konnte sich kaum über ihren Sieg freuen. Aber mit Villeneuves Unterstützung trank sie mit den anderen und tanzte, bis die Nacht hereingebrochen war.
Dann durften sie endlich ins Bett gehen. Das ihnen zugewiesene Bett stand noch immer im Hof, und als sie sich hinter die Vorhänge zurückzogen, hörten sie das Kichern der Kinder.
Beim letzten Mal war Paula gar nicht aufgefallen, wie zerlöchert der Baldachin war. Hier draußen aber konnten sie die Sterne durch den Stoff schimmern sehen. Paula lag in Villeneuves Arm, und Nirina lag in Paulas Arm. Zusammen betrachteten sie die Sterne.
Paula räusperte sich. »Du hast mich gestern gefragt, wo wir in einem Jahr leben werden.«
»Ja?«
»Ich weiß nicht, wo wir leben werden, aber ich möchte gern dort sein, wo du bist.«
Villeneuve richtete sich erschreckt auf. »Um Gottes willen, bitte, Liebste, sag so etwas nicht, Maria ist genau daran zugrunde gegangen. Sie dachte, es wäre egal, wo wir leben, solange ich ihr Universum bin.«
Paula umschlang ihn und zog ihn wieder zu sich. »Da hast du mich völlig missverstanden, Henri«, flüsterte sie und zeigte zu den funkelnden Sternen. »Du bist ja nicht das Uni versum für mich, so wenig wie die Sonne oder die Sterne dort oben. Nein, es gibt nur einen einzigen Grund, warum ich bei dir sein möchte.«
Villeneuve löste sich, stützte sich auf seine Ellenbogen und suchte ihren Blick. »Ja?«
»Du duftest einfach so unfassbar gut.«
Er lachte leise und verschloss ihr den Mund mit einem langen Kuss.
Was wahr und was unwahr ist … statt eines Nachwortes
N atürlich ist Die Insel des Mondes ein Roman, und doch sind viele Dinge, die darin erzählt werden, von der Wirklichkeit inspiriert.
Madagaskar hat unglaublich viele Facetten zu bieten, die Stoff für zahlreiche Romane gäben. Deshalb war es gar nicht so leicht, einen Schwerpunkt zu setzen. Nach vielen Überlegungen habe ich mich dann für Die Insel des Mondes auf das zentrale Hochland und den Nordosten des Landes konzentriert. Denn das Königreich Madagaskar hat sich aus dem Hochland der
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