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Die Insel Des Vorigen Tages

Die Insel Des Vorigen Tages

Titel: Die Insel Des Vorigen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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de robe , gleichwohl das Salz jener Welt ausmachten. Aber er war jung, begierig auf neue Erfahrungen und trotz seines Umgangs mit Gelehrten und Freigeistern nicht unempfindlich für den Zauber des wahren Adels.
    Lange Zeit bewunderte er von außen, wenn er abends durch die Rue Saint-Thomas-du-Louvre ging, das Hôtel de Rambouillet mit seiner schönen Fassade, reich moduliert durch Gesimse, Friese, Architrave und Pfeiler in einem Wechselspiel von roten Ziegeln, weißem Sandstein und dunkelgrauem Schiefer.
    Er spähte in die hell erleuchteten Fenster, sah die Gäste eintreten, stellte sich die schon damals berühmte Schönheit des inneren Gartens vor, malte sich die Einrichtung und das Milieu jenes kleinen Hofes aus, den ganz Paris feierte: den Hof einer vornehmen Dame mit Geschmack, die keinen Geschmack am Hof eines Königs gefunden hatte, der unfähig war, die Finessen des Geistes zu schätzen.
    Schließlich sagte sich Roberto, daß er als Italiener einen gewissen Kredit im Hause einer Dame haben würde, die mütterlicherseits von einem uralten römischen Geschlecht abstammte, das sogar noch älter als Rom selbst war und auf eine Familie aus Alba Longa zurückging. Nicht zufällig hatte fünfzehn Jahre zuvor der Cavalier Marino, als Gast in diesem Hause weilend, den Franzosen die Wege jener neuen Poesie gezeigt, vor der die Kunst der Alten verblassen sollte.
    Tatsächlich gelang es ihm, Aufnahme in jenen Tempel der Eleganz und des Geistes zu finden, in jene Gesellschaft von feinen Herren und Précieuses , wie sich die feinen Damen damals nannten, die gebildet waren ohne Pedanterie, galant ohne Libertinage, heiter ohne Vulgarität und puristisch ohne Lächerlichkeit. Er fühlte sich wohl in solcher Umgebung, erlaubte sie ihm doch, die Luft der großen Stadt zu atmen, ohne sich jenen Diktaten der Weltklugheit beugen zu müssen, die ihm in Casale von Signor della Saletta eingetrichtert worden waren. Man verlangte nicht von ihm, sich dem Willen eines Mächtigen anzupassen, sondern seine Eigenart zu zeigen. Nicht zu simulieren, sondern sich zu bewähren
    - sei’s auch nur durch Befolgung einiger Regeln des guten Geschmacks - unter Persönlichkeiten, die besser waren als er. Nicht höfische Schmeichelei, sondern Kühnheit zu zeigen, die eigene Gewandtheit in der feinen und gebildeten Konversation vorzuführen und sich als fähig zu erweisen, mit leichter Eleganz tiefe Gedanken zu formulieren ... Er fühlte sich nicht wie ein Knecht, sondern wie ein Duellant, von dem man ein Bravourstück des Geistes erwartete.
    Er lernte und übte sich darin, die Affektation zu vermeiden, in jeder Sache möglichst geschickt das Künstliche und die Mühe zu verbergen, so daß alles, was er tat oder sagte, wie ein spontaner Einfall erschien, um solcherart Meister zu werden in dem, was man in Italien sprezzata disinvoltura , geringschätzige Ungezwungenheit, und in Spanien despelio , Gewandtheit, nannte.
    Gewohnt an die lavendelduftenden Wiesen und Felder von La Griva, bewegte er sich in den Räumen von Arthénice nun zwischen Kabinetten, die stets vom Duft unzähliger Blumenkörbe erfüllt waren, als wäre es immerzu Frühling. Die wenigen Adelspaläste, die er bis dahin kennengelernt hatte, bestanden aus Räumen, die sich einem zentralen Treppenhaus unterordneten; bei Arthénice war die Treppe in eine Ecke des Hofes verbannt, damit alles übrige eine einzige Flucht von Zimmern und Kabinetten sein konnte, mit hohen Fenstern und einander gegenüberliegenden Türen; die Zimmer waren nicht alle langweilig rot oder lohbraun gehalten, sondern jedes in einer anderen Farbe, und in der Chambre bleue der Hausherrin waren die Wände mit blauem Brokatsamt bespannt und mit Gold- und Silberfäden verziert.
    Arthénice empfing die Freunde in ihrem Schlafgemach, auf dem Bett liegend, umgeben von Paravents und dicken Teppichen zum Schutz der Gäste gegen die Kälte: Sie selbst konnte weder das Licht der Sonne noch die Glut von Kohlenbecken ertragen. Das Feuer und das Tageslicht erwärmten ihr das Blut in den Adern so sehr, daß ihr die Sinne zu schwinden drohten. Einmal hatte man ein Kohlenbecken unter ihrem Bett vergessen, und da hatte sie eine Wundrose bekommen. Sie teilte diese Empfindlichkeit mit gewissen Blumen, die, um ihre Frische zu behalten, weder ständig im Licht noch ständig im Schatten sein wollen und darauf angewiesen sind, daß die Gärtner ihnen eine spezielle Jahreszeit liefern. Umschattet empfing Arthénice im Bett, die Füße in einem

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