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Die Insel Des Vorigen Tages

Die Insel Des Vorigen Tages

Titel: Die Insel Des Vorigen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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hatte er sich eine Methode ausgedacht, die Mazarin ihm nicht hätte eingeben können: Scheinbar um seine Neugier zu befriedigen, stellte er dem Malteser tagsüber Fragen, die dieser nicht beantworten konnte. Dabei gab er ihm zu verstehen, daß es sich bei dem, was er ihn gefragt hatte, um etwas sehr Wichtiges handle, wenn er wirklich die Insel Escondida finden wolle. So stellte der Ritter dann abends dieselben Fragen dem Doktor.
    Eines Nachts auf dem Oberdeck betrachteten sie die Sterne, und der Doktor meinte, jetzt müßte es Mitternacht sein. Darauf sagte der Malteser, der wenige Stunden zuvor von Roberto auf diese Spur gesetzt worden war: »Wer weiß, wie spät es jetzt wohl in Malta sein mag ...«
    »Leicht zu wissen«, entfuhr es dem Doktor. Dann korrigierte er sich: »Das heißt, sehr schwierig, mein Freund.« Der Ritter wunderte sich, daß man es nicht aus der Berechnung der Meridiane erschließen könne: »Braucht die Sonne nicht eine Stunde, um fünfzehn Längengrade zu durchlaufen? Also braucht man doch bloß zu sagen, wie viele Längengrade wir vom Mittelmeer entfernt sind, die Zahl durch fünfzehn zu teilen, die eigene Ortszeit zu wissen, so wie wir jetzt die unsere kennen, und man weiß, wie spät es dort ist.«
    »Ihr kommt mir vor wie einer von jenen Astronomen, die ihr Leben lang Karten studieren, ohne jemals zur See zu fahren. Sonst wüßtet Ihr, daß es unmöglich ist zu wissen, auf welchem Längengrad wir uns befinden.«
    Byrd wiederholte mehr oder weniger, was Roberto schon wußte, nicht aber der Malteser. Und bei diesem Thema wurde der Doktor auf einmal sehr gesprächig: »Unsere Alten dachten, sie hätten eine unfehlbare Methode mit der Berechnung der Mondfinsternisse. Ihr wißt, was eine Mondfinsternis ist: ein Moment, in dem Sonne, Erde und Mond sich auf einer Linie befinden und der Schatten der Erde auf den Mond fällt. Nun lassen sich Tag und Stunde der künftigen Mondfinsternisse sehr genau voraussehen, und es genügt, die Tafeln des Regiomontanus mitzuführen; also angenommen, Ihr wißt, daß eine gegebene Mondfinsternis, die Ihr um zehn Uhr beobachtet, in Jerusalem um Mitternacht eintreten muß, so wißt Ihr, daß Euch zwei Stunden von Jerusalem trennen, daß also Euer Standpunkt dreißig Grad westlich von Jerusalem ist.«
    »Perfekt«, sagte Roberto, »gelobt seien die Alten!«
    »Ja schon, aber diese Berechnung funktioniert nur bis zu einem bestimmten Punkt. Der große Kolumbus hatte auf seiner zweiten Reise, als er vor Hispaniola vor Anker lag, seine Position mit Hilfe einer Mondfinsternis zu berechnen versucht und sich um dreiundzwanzig Grad geirrt, das heißt um anderthalb Stunden! Und auf seiner vierten Reise hatte er sich mit derselben Methode erneut verrechnet, diesmal sogar um zweieinhalb Stunden!«
    »Hatte er sich verrechnet oder der Regiomontanus?« fragte der Malteser.
    »Schwer zu sagen. Auf einem Schiff, das sich ständig bewegt, auch wenn es vor Anker liegt, ist es immer schwierig, genaue Messungen vorzunehmen. Und Ihr wißt vielleicht, daß Kolumbus um jeden Preis beweisen wollte, er sei nach Asien gelangt, und so könnte ihn sein Wunsch verleitet haben, den Fehler zu machen, um zu beweisen, daß er viel weiter im Westen angelangt sei, als er tatsächlich war...
    Oder die Sache mit den Mond-Distanzen. Darüber ist viel gesprochen worden in den letzten hundert Jahren. Die Idee hatte, wenn ich so sagen darf, einen gewissen Witz. Während eines Monats vollführt der Mond einen kompletten Umlauf von West nach Ost entgegen dem Lauf der Sterne, und so ist er wie der Zeiger einer himmlischen Uhr, der durch das Zifferblatt des Zodiaks läuft. Die Sterne bewegen sich von Ost nach West über den Himmel mit einer Geschwindigkeit von ungefähr fünfzehn Graden pro Stunde, während der Mond in der gleichen Zeit nur vierzehneinhalb Grade durchläuft. Also weicht der Mond gegenüber den Sternen um einen halben Grad ab. Nun dachten die Alten, daß der Abstand vom Mond zu einem Fixed Starre , wie man sagt, einem festen Stern in einem bestimmten Augenblick, für jeden Beobachter auf der ganzen Welt derselbe sei. Es genüge also, ihn zu kennen, wozu es die üblichen Tafeln oder Ephemerides gab, und den Himmel zu beobachten mit the Astronomers starre, the Crosse ...«
    »Dem Kreuzstab?«
    »Genau, mit diesem Kreuz berechnet Ihr den Abstand des Mondes von dem betreffenden Stern zu einer gegebenen Uhrzeit des Meridians, von dem Ihr aufgebrochen seid, und Ihr wißt, daß es zur Zeit Eurer

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