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Die Inszenierung (German Edition)

Die Inszenierung (German Edition)

Titel: Die Inszenierung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walser
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immer. Wie schon gehabt. Um nur die drei Letzten zu nennen, wie bei Britta, bei Carla, bei Lavinia. Wart noch. Es gehört zu meiner ärztlichen Pflicht, dir zu sagen, was du, um bei den drei Letzten zu bleiben, Britta, Carla und Lavinia geschrieben hast.
    Und was du durch deine unergründlichen Spionagetechniken erobert hast.
    Wenigstens diese drei letzten Affären muss ich dir ins Gedächtnis rufen, weil allein dadurch eine Art Hoffnung erscheinen kann, die jetzige Affäre als etwas zu erleben, was, wie alles Vorangehende, seine Zeit haben wird, und dann hat es sich gehabt. Auch wenn du jetzt, das ist klar, nicht im Stande bist, das, was dich jetzt beherrscht, als eine auf Aufflammen und Erlöschen angelegte Affäre zu erleben. Für dich ist es, wie es bei Britta, Carla und Lavinia war, um nur die drei Letzten zu nennen, das Absolute, Endgültige: schlechthin Schicksal. An Britta hast du geschrieben: Ich bin nicht mehr der, der ich vor dir war. Ich bin nur noch der, der ich durch dich bin. Und sein werde!
    Was für eine Formulierung!
    Und an Carla: Du hast mich reich gemacht. Ich bin jetzt ein Fluss, der über die Ufer tritt und Wüsten zum Blühen bringt.
    Auch nicht schlecht!
    Lavinia: Vor dir war nichts. Nach dir wird nichts sein. Du bist alles, was sein kann.
    O ja, o ja. Gerda, bitte, bedenk, das waren Immunschwächen der Seele. Aber jetzt, Gerda, du weißt nicht, wie glücklich du mich machst durch diese Zitate. Und dass du überhaupt so mit mir sprichst.
    Das kann ich nur, weil ich dir … gestatte noch einmal das grauenhafte Wort … weil ich dir das Affärenhafte deines jetzigen Zustands ahnbar machen muss.
    Allmählich erinnerst du mich an unseren Sprössling.
    An den du nicht mehr erinnert sein willst.
    Wenn ich gut geschlafen habe, tut mir seine Verachtung nicht weh.
    Und wenn du nicht gut geschlafen hast?
    Seh ich ihn, wie er hereinstürmt ins Ganymed, einszweiundneunzig groß, und sieht Lavinia, starrt auf eine einzige Stelle ihrer offenen Bluse, auf die Stelle, von der aus es nach rechts und links hügelan weitergeht, ohne dass man’s noch sieht, und dann reißt er seinen Blick auf mich und sagt: Das nicht!! Dreht sich um und stiefelt aus dem Lokal, dass er bald noch einen Ober umgerannt hätte. Bei dem hab ich mich dann entschuldigt. Dabei hatte ich ihn eingeladen ins Ganymed, zum Essen, und er tut so, als habe er mich ertappt. Das nicht!! Knirscht er und geht. Zurück in sein Moralmilieu, in dem er lebt mit zwei Kindern aus drei Ehen. Immer rechtzeitig und ordentlich geschieden. Affären niemals! Lavinia hatte keinen Appetit mehr. Ich soff mich voll. Und habe, was ich brauchen konnte, in die Inszenierung gelenkt. Tartuffe. Im BE. Das passte. Am nächsten Tag habe ich die Parole ausgegeben für diesen Tartuffe: Es ist besser, verachtet zu werden, als bemitleidet! Und es wurde ein Erfolg.
    Du könntest auf ihn zugehen.
    Ich, auf ihn! Spinnst du! Affären! Niemals.
    Das ist vorbei!
    Solang, was mich bewegt, Affäre heißt, ist nichts vorbei.
    Gut, Daniel hat dich …
    Ist nichts vorbei!!
    Britta, Carla, Lavinia, die Sätze, die ich gefunden habe …
    Moment, tut mir leid. Diese Sätze habe ich dir hingelegt. Jedes Mal. Dir diese riskanten Beteuerungen ins Gesicht sagen, tut mir leid, da spielte ich lieber den Ertappten, den Entlarvten.
    Du bist ein … ein … ein …
    Was auch immer ich bin, Gerda, ich bin im Gestehen unersättlich. Hingelegt hab ich dir die Sätze an Britta, Carla, Lavinia …
    … und andere …
    … immer erst, wenn’s vorbei war. Jetzt, Gerda, ich berste vor Dankbarkeit, wir sprechen über das, was ist, jetzt!
    Er schlägt ihr Buch auf.
    Schweigen und Verschweigen. Verheimlichung und Geheimhaltung. Endlich, endlich, endlich! Gerda! Ich inszeniere ein Stück, in dem Menschen einander die Wahrheit nicht sagen können. Und wenn sie dann doch herauskommt, ist es eine Katastrophe. Zuerst Schweigen, das stimmt, dann Verschweigen, dann Verheimlichung, dann Geheimhaltung. Was wir einander verschweigen. Jeder jedem. Das Verschweigen kostet Kraft. Und dann andauernd, Tag und Nacht, die Angst, du hättest plötzlich nicht mehr die Kraft, das Verschwiegene zurückzuhalten. Und das wäre das Ende. Jeder Beziehung. Nicht nur der Ehe. Jeder ist der, der dem anderen am meisten verschweigt. Die Geheimhaltung ist das, was uns mit einander verbindet. Die höchste Stufe der Geheimhaltung ist das, was ich auch vor mir selber um meinetwillen geheimhalten muss. Offenbar werden wir durch und durch

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