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Die Intrige

Titel: Die Intrige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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ein, dass sie nicht nur zu dritt durch diese Leere schwebten. Eigentlich war Chip der zweite Junge gewesen, den HK in die Vergangenheit hatte zurückschicken wollen. Ein anderer Junge, Alex, war als Erster verschwunden. »Auch Alex«, fügte er hinzu.
    Die Finsternis um sie herum lichtete sich ein wenig. Sie schienen auf Licht zuzustürzen. Jetzt konnte Jonas Chips Gesicht sehen und die Dankbarkeit in seinenAugen. Er hatte das Gefühl, die Gedanken seines Freundes lesen zu können: Chip dachte daran, wie viel schlimmer es wäre, allein durch diese Leere zu stürzen.
    »Jonas«, wandte HK ein. »Du hast keine Ahnung, was du da redest. Bestimmte Dinge müssen in Gang gesetzt werden. Chip und Alex müssen ins fünfzehnte Jahrhundert.«
    »Dann gehen Katherine und ich auch«, sagte Jonas. Er wusste nicht, wie das möglich sein sollte, aber er meinte, spüren zu können, wie die Zeit rückwärts an ihm vorbeifloss. Er ahnte, dass ihm nur noch wenige Sekunden blieben, um HK zu überreden. »Was wäre, wenn wir das fünfzehnte Jahrhundert reparieren können? Alles wieder in Ordnung bringen? Könnten Alex und Chip dann nicht mit uns ins einundzwanzigste Jahrhundert zurückkehren?«
    Schweigen.
    Jonas krampfte sich vor Aufregung der Magen zusammen. Die Hand mit dem Definator zitterte. Er hatte keine Ahnung, um was er da überhaupt bat. Aber er konnte jetzt nicht mehr zurück.
    »Sie müssen es uns wenigstens versuchen lassen«, drängte er. »Lassen Sie uns versuchen, Alex, Chip und die Zeit zu retten. Sonst …« Er brauchte eine richtig gute Drohung. Was würden sie sonst tun? »Sonst geben wir uns alle Mühe, die Zeit noch schlimmer zu vermurksen als Hodge und Gary.«
    Das Schweigen im Definator hielt an. Jonas hatteschon Angst, sie könnten außer Reichweite gedriftet sein oder der Akku den Geist aufgegeben haben, wie bei einem kaputten Handy.
    Da drang HKs Stimme wieder durch; schwach, aber klar verständlich.
    »In Ordnung«, sagte er müde. »Von mir aus.«

Eins
    Es war eine raue Landung. Lichter umströmten Jonas’ Gesicht, unerträglich grell und gleißend. Irgendetwas, das stärker sein musste als die Schwerkraft, zerrte an ihm und drohte ihn von Chip und Katherine fortzureißen, fort vom Definator und dem Taser, fort von sich selbst. Auf dem Bild, das vor seinem geistigen Auge brannte, löste sich sein Körper in einzelne Zellen auf, ja, in einzelne Atome. Dann brach auch dieses Bild auseinander, und er konnte nichts mehr denken, nichts mehr sehen, nichts mehr hören. Er spürte nur die Zeit, die durch ihn hindurchfloss; Zeit, die sich in sich selbst zusammenzog und ihn immer tiefer und tiefer hinabdrückte.
    Dann war es vorbei. Er lag im Dunkeln und rang nach Atem. Undeutlich hörte er HK sagen: »Willkommen im fünfzehnten Jahrhundert. Und viel Glück.« Aber der Sinn dieser Worte war ihm nicht klar. Es war, als hörte man etwas unter Wasser, Geräusche aus einer anderen Welt.
    »Ihr versteckt euch doch, nicht wahr? Ihr bleibt außerSicht?« Das war wieder HKs Stimme, leise und angespannt. »Ihr
müsst
außer Sicht bleiben.«
    »Dunkel«, murmelte Jonas. »Sicher.«
    Seine Zunge war zu dick, um zu sprechen. Vielleicht war sie auch zu dünn, zu substanzlos. Jonas fühlte sich nicht ganz wirklich.
    Neben ihm regte sich etwas. Jemand setzte sich auf.
    »Sie würden uns gern im Dunkeln lassen, stimmt’s?«, sagte Chip vorwurfsvoll. »Sie haben uns nichts gesagt, was uns helfen könnte, im fünfzehnten Jahrhundert zu überleben.«
    Boah. Wie brachte Chip es fertig, in einem solchen Augenblick so normal zu klingen? Und so wütend (was für Chip ziemlich normal war)? Schwirrte ihm denn nicht der Kopf? Verschwamm ihm denn nicht ständig alles vor den Augen? Hatte er nicht das Gefühl, sich übergeben zu müssen, wenn er mehr tat, als einfach nur zu atmen?
    »Sie haben uns nicht mal gesagt, wer wir eigentlich sein sollen«, fuhr Chip fort.
    Entrückt, als versuche er eine viele Jahrhunderte in der Vergangenheit liegende – nein, verbesserte er sich, viele Jahrhunderte in der
Zukunft
liegende – Erinnerung heraufzubeschwören, fragte sich Jonas, was Chip damit wohl gemeint hatte. »Wer wir eigentlich sein sollen« … Ach, ja. Sie steckten ja überhaupt nur in diesem Schlamassel, weil einige Leute aus der Zukunft durch die Menschheitsgeschichte gereist waren und sichgefährdete Kinder herausgepickt hatten. Das wäre alles schön und gut gewesen, hätten sie nicht angefangen berühmte Kinder mitzunehmen, deren

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