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Die Jäger des Roten Mondes

Die Jäger des Roten Mondes

Titel: Die Jäger des Roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Warmes zu kochen, aber der Saunaeffekt entmutigte ihn. Er öffnete ein Paket Roggenknäckebrot und eine Dose Käse, schüttete Zitronenpulver in Trinkwasser und rührte Zucker hinein und trug Essen und Trinken an Deck, um die Brise zu nutzen.
    Das Licht hielt sich lange in diesen Breiten und zu dieser Jahreszeit. Die Sonne verweilte und zeichnete karmesin- und scharlachrote Spuren auf das fast unbewegte Meer. Eine schmale Mondsichel, ein bloßer Fetzen Silber, hing tief und blaß über der untergehenden Sonne. Hoch darüber ein Schimmer des Abendsterns …
    Nein, dachte Dane Marsh ungläubig, es ist dasselbe Licht!
    Er runzelte die Brauen, entschlossen, das Rätsel zu lösen. Ein Flugzeug? Zum Teufel, nein; das älteste Propellerflugzeug würde inzwischen außer Sicht sein. Eine Düsenmaschine wäre längst verschwunden, noch während er sie beobachtete. Ein Satellit? Nein, die bewegten sich weiter. Ein Wetterballon? Na ja, vielleicht konnte einer so weit von einer bewohnten Küste forttreiben, möglicherweise mit dem Wind von Australien, aber es wäre wirklich ungewöhnlich.
    Er biß in sein Käsebrot und beobachtete das seltsame Licht, das in dem langsam verblassenden Zwielicht hing und heller zu werden schien. Es war anscheinend selbstleuchtend und hatte inzwischen den Durchmesser eines Golfballes.
    Ein Wetterphänomen, ohne Zweifel, aber eines, auf das ich in den fünfzehn Jahren, die ich überwiegend auf dem Meer zugebracht habe, noch nicht gestoßen bin.
    Na ja, sagte er zu sich selbst, wenn es auf See etwas zu lernen gab, dann war dies die Tatsache, daß man immer noch dazulernen konnte. Diese alte Welt hielt noch genügend Überraschungen bereit für Leute, die Augen und Ohren offen hielten, dachte Dane und kaute auf seinem Brot herum.
    Es wurde größer. Es schien jetzt die Größe eines kleinen Tellers zu haben und zeigte sich in der Form irgendwie von rund nach oval verändert.
    Ich frage mich, ob es das ist, was Leute sehen, die von fliegenden Untertassen berichten – Verzeihung, von unidentifizierten Flugobjekten! Dies hier war so sicher wie das Amen in der Kirche irgendeine Art Flugobjekt und ungefähr das Unidentifizierbarste, was er je gesehen hatte!
    Nun konnte Dane erkennen, daß es definitiv massiv war. Da er keine Ahnung hatte, wie weit es wirklich entfernt war, konnte er auch die Größe nicht zuverlässig beurteilen. Mit wachsender Verwunderung und abenteuerlichen Vermutungen beobachtete er, wie es sich langsam der Wasseroberfläche näherte und immer größer wurde, größer, gewaltiger und von unglaublichen Umrissen.
    Fliegende Untertasse? Eher ein fliegender Wolkenkratzer!
    Es war größer als ein Ozeandampfer; größer als ein Tanker. Kein Flugzeug, das je gebaut worden war, hatte diese Ausmaße. Nicht einmal die Russen …
    Angst stieg in ihm hoch. Noch nicht die direkte Angst vor der großen Maschine, sondern – für einen Burschen wie Dane Marsh – eine tiefere, beklemmendere Angst.
    Bin ich ausgeflippt? Einsamkeit tut den Menschen seltsame Dinge an … Er mühte sich um Ruhe und faßte entschlossen nach dem vertrauten Mast der Seadrift. Die glatte weiße Farbe, die er gerade vor zwei Monaten erneuert hatte, bekam schon wieder Flecken vom unerbittlichen Salzfraß. Seine Hände waren vom Umgang mit Leinen und Spieren schwielig geworden. Der Puls, wegen der Furcht ein wenig erhöht, schlug noch wahrnehmbar und gleichmäßig, und seine Augen waren klar, denn als er seinen Kopf umwandte und blinzelte, hatte sich das riesige Ding nicht von der Stelle bewegt.
    Nun, jedenfalls bin ich nicht verrückt, habe weder Träume noch Halluzinationen.
    Also: Selbst wenn es so etwas nicht gibt, ist das Ding definitiv dort. Wenn ich es sehe und mit meinen Augen alles stimmt, dann muß es existieren.
    Und daher – der Atem stocke ihm beim nächsten, unentrinnbaren Schritt in seiner Logik –, wenn kein Land der Erde jemals etwas auch nur annähernd Ähnliches gebaut hat, muß es irgendwie von außerhalb kommen.
    Er entdeckte, daß seine Arme und Beine trotz der Hitze des tropischen Sonnenuntergangs mit Gänsehaut bedeckt waren. Außerhalb. Mit einem einzigen großen Satz hatte sein Bewußtsein die langsamen Schritte der Wissenschaftler zu den Sternen hin überwunden. Es gab etwas dort draußen!
    Ein angenehmer Schauder überfiel ihn. Habe ich gedacht, es seien keine Abenteuer mehr übrig?
    Eisige Furcht folgte plötzlich diesem Gedanken. So lange Zeit, und sie hatten sogar ihre bloße Existenz geheim

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