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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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gehöre das Schwert einfach an deine Hüfte, Schafhirte, und die meisten Dorfschläger werden das fühlen. Aber das war schon so, beinahe von dem Tag an, als du es bekamst. Also, warum bist du immer noch hier?«
    »Mat und Perrin sind auch hier«, murmelte Rand verlegen. »Ich möchte nicht vor ihnen weg. Ich werde sie vielleicht jahrelang nicht mehr wiedersehen.« Er lehnte den Kopf gegen die Mauer zurück. »Blut und Asche! Zumindest halten sie mich für verrückt, wenn ich nicht mit ihnen nach Hause komme. Die meiste Zeit über sieht mich Nynaeve an, als wäre ich sechs Jahre alt und hätte mir das Knie aufgeschürft, und dann wieder betrachtet sie mich wie einen Fremden. Einen, den sie belästigen könne, indem sie ihn zu scharf anblickt. Sie ist doch Dorfheilerin, und außerdem glaube ich nicht, dass sie vor irgendwas Angst hat, aber sie …« Er schüttelte den Kopf. »Und Egwene. Licht noch mal! Sie weiß, warum ich weg muss, aber jedes Mal, wenn ich es ihr gegenüber erwähne, sieht sie mich so seltsam an, und ich habe einen Kloß im Magen und …« Er schloss die Augen und presste den Schwertknauf gegen seine Stirn, als könne er seine Gedanken damit vertreiben. »Ich wünschte … ich wünschte …«
    »Du wünschst dir, alles könne so sein wie zuvor, Schafhirte? Oder wünschst du dir, das Mädchen käme mit dir, anstatt nach Tar Valon zu gehen? Glaubst du, sie würde es aufgeben, Aes Sedai werden zu wollen, und ein Leben auf der Wanderschaft vorziehen? Mit dir? Wenn du es ihr auf die richtige Art beibringst, macht sie das vielleicht. Liebe ist schon eine seltsame Sache.« Lan hörte sich plötzlich müde an. »Es gibt kaum etwas Seltsameres.«
    »Nein.« Natürlich hatte er sich das gewünscht, dass sie mit ihm gehen würde. Er öffnete die Augen, drückte den Rücken durch und bemühte sich, seine Stimme entschlossen klingen zu lassen. »Nein, ich würde sie nicht mitkommen lassen, auch wenn sie mich darum bäte.« Das konnte er ihr nicht antun. Aber Licht noch mal, wäre das nicht wundervoll, wenn sie sagte, sie wolle mitkommen, auch wenn der Traum nach einer Minute vorbei wäre? »Sie wird stur wie ein Maulesel, wenn sie glaubt, ich wolle ihr vorschreiben, was sie tun soll, doch davor kann ich sie nun wirklich bewahren.« Er wünschte sich, sie sei wieder in Emondsfelde, aber die Hoffnung war sinnlos geworden, seit Moiraine ins Gebiet der Zwei Flüsse gekommen war. »Selbst wenn das bedeutet, dass sie eine Aes Sedai wird!« Aus dem Augenwinkel erkannte er, wie Lan die Stirn runzelte, und er lief rot an.
    »Und das ist der wahre Grund? Du möchtest so viel Zeit wie möglich mit deinen Freunden verbringen, bevor sie gehen? Deshalb trödelst du herum? Du weißt doch genau, wen du auf den Fersen hast!«
    Rand sprang verärgert auf. »Na gut, es ist wegen Moiraine! Ohne sie wäre ich gar nicht hier, und nun spricht sie nicht einmal mit mir.«
    »Ohne sie wärst du tot, Schafhirte«, sagte Lan schlicht, aber Rand sprudelte weiter: »Sie erzählte mir … erzählte mir schreckliche Sachen über mich« – seine Knöchel am Griff des Schwerts wurden weiß. Dass ich verrückt werde und sterbe!  –, »und dann plötzlich spricht sie keine zwei Worte mehr mit mir. Sie benimmt sich, als sei ich noch derselbe wie am Tag, als sie mich fand, und auch das passt mir nicht.«
    »Du möchtest, dass sie dich als das behandelt, was du bist?«
    »Nein! Das meine ich nicht. Licht noch mal, die meiste Zeit über weiß ich nicht einmal selbst, was ich will. Das eine will ich nicht, und vor dem anderen habe ich Angst. Jetzt ist sie irgendwohin verschwunden …«
    »Ich habe dir gesagt, dass sie manchmal allein sein muss. Weder du noch sonst jemand hat das Recht, ihre Handlungsweise infrage zu stellen.«
    »… ohne jemandem zu sagen, wohin oder wann sie zurückkommt oder ob sie überhaupt zurückkommt. Sie muss doch in der Lage sein, mir irgendetwas zu sagen, das mir hilft, Lan. Irgendetwas. Sie muss einfach. Falls sie je zurückkommt.«
    »Sie ist zurückgekommen, Schafhirte – letzte Nacht. Aber ich glaube, sie hat dir schon alles gesagt, was sie kann. Sei zufrieden. Du hast von ihr alles erfahren, was möglich ist.« Nach einem Kopfschütteln wurde Lans Tonfall knapp und nüchtern. »Du kannst auch sicher nichts lernen, wenn du hier herumstehst. Es ist Zeit, ein bisschen was für dein Gleichgewichtsgefühl zu tun. Also zuerst mal ›Die Seide zur Seite schieben‹. Beginne mit ›Der Reiher watet durch das Schilf‹.

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