Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
Wohnquartiere der Männer, schoss in den Raum, den er mit Mat und Perrin teilte … und erstarrte mit offenem Mund. Der Raum war angefüllt mit Frauen in Schwarz und Gold, die alle emsig arbeiteten. Es war kein großes Zimmer, und die Fenster, ein paar hohe, enge Schießscharten, aus denen man auf einen der Innenhöfe blicken konnte, taten nichts dazu, es größer erscheinen zu lassen. Die Einrichtung ließ es noch enger werden: drei Betten auf schwarz-weiß gekachelten Podesten, an jedem Fußende eine Truhe, dazu drei einfache Stühle, ein Waschgestell neben der Tür und ein hoher und breiter Kleiderschrank. Die acht Frauen, die sich jetzt in dem Raum befanden, wirkten wie Fische im Netz.
    Die Frauen schauten ihn kaum an und fuhren fort, seine Kleider – und auch die Mats und Perrins – aus dem Schrank zu holen und durch neue zu ersetzen. Alles, was sie in den Taschen fanden, legten sie auf die Truhen, während sie die alten Kleider achtlos wie Lumpen zu Bündeln verschnürten.
    »Was macht ihr da?«, wollte er atemlos wissen. »Das sind meine Kleider!« Eine der Frauen schnaubte und steckte einen Finger durch einen Riss im Ärmel seines einzigen Mantels. Dann legte sie ihn auf den Stapel am Fußboden.
    Eine andere, schwarzhaarige Frau mit einem großen Schlüsselring an der Hüfte sah ihn an. Das war Elansu, die Shatayan der Festung. Er betrachtete die Frau mit dem schmalen Gesicht als eine Art Haushälterin, obwohl das Haus, in dem sie für Ordnung sorgte, eine Festung war und sie zahllose Diener hatte, die ihre Anweisungen ausführen mussten. »Moiraine Sedai sagte, alle Eure Kleider seien abgetragen, und Lady Amalisa ließ für Euch neue anfertigen. Steht nicht im Weg herum«, fügte sie entschlossen hinzu, »dann sind wir um so schneller fertig.« Es gab nur wenige Männer, die diese Shatayan nicht dazu bringen konnte, zu tun, was sie verlangte – manche behaupteten, sogar Lord Agelmar gehorche ihr –, und es war offensichtlich, dass sie von einem Mann, der jung genug war, um ihr Sohn zu sein, keine Schwierigkeiten erwartete.
    Er schluckte hinunter, was er eigentlich gern gesagt hätte. Es war einfach keine Zeit zum Herumstreiten. Die Amyrlin konnte jede Minute nach ihm rufen lassen. »Ehre sei der Lady Amalisa für ihr Geschenk«, brachte er in shienarischer Höflichkeit heraus, »und Ehre Euch, Elansu Shatayan. Bitte gebt meine Worte an die Lady Amalisa weiter und sagt ihr, ich sei mit Herz und Seele ihr Diener.« Das sollte die shienarische Liebe zum Zeremoniell bei beiden Frauen zufrieden stellen. »Aber nun entschuldigt mich, ich will mich umziehen.«
    »Das ist gut«, meinte Elansu gemütlich. »Moiraine Sedai hat mir aufgetragen, alle alten Sachen mitzunehmen. Jeden Fetzen. Auch die Unterwäsche.« Einige der Frauen beäugten ihn von der Seite her. Keine von ihnen machte Anstalten zu gehen.
    Er biss sich auf die Unterlippe, um nicht lauthals zu lachen. Vieles in Shienar war anders, als er es gewohnt war, und es gab einige Sitten, an die er sich nie gewöhnen würde, und wenn er ewig lebte. Er hatte sich angewöhnt, in den frühen Morgenstunden zu baden, wenn die großen, gekachelten Badebecken leer waren, nachdem er gemerkt hatte, dass es zu jeder anderen Tageszeit geschehen konnte, dass eine Frau zu ihm ins Wasser stieg. Es konnte eine Magd sein oder auch Lady Amalisa selbst, Lord Agelmars Schwester – die Bäder waren ein Ort in Shienar, an dem es keine Klassenunterschiede gab –, die erwartete, dass er ihr den Rücken schrubbte, nachdem sie ihm den gleichen Gefallen erwiesen hatte, und die ihn fragte, warum er so rot im Gesicht sei, ob er zu lange in der Sonne gewesen wäre. Sie hatten bald mitbekommen, warum er errötete, und es gab kaum eine Frau in der Festung, die davon nicht fasziniert gewesen wäre.
    Ich bin vielleicht in einer Stunde tot oder noch schlimmer, und die warten darauf, dass ich rot werde! Er räusperte sich. »Wenn Ihr draußen warten würdet, reiche ich Euch den Rest hinaus. Auf meine Ehre.«
    Eine der Frauen schnaubte leise, und selbst Elansus Lippen verzogen sich, aber die Shatayan nickte und sagte den anderen Frauen, sie sollten die Bündel mitnehmen, die sie verknotet hatten. Sie verließ den Raum als Letzte und blieb noch einmal in der Tür stehen, um hinzuzufügen: »Auch die Stiefel. Moiraine Sedai sagte – alles.«
    Er öffnete den Mund, schloss ihn aber gleich wieder. Wenigstens seine Stiefel waren noch in gutem Zustand. Alwyn al’Van hatte sie gemacht, der

Weitere Kostenlose Bücher