Die Jagd - Laymon, R: Jagd - The Endless Night
Simon?«
»Ja.«
»Ich dachte, der wäre tot.«
»Es war nicht seine Leiche in der Garage. Es war dieser Henry, den er in Indio umgebracht hat.«
»Was? Wie …«
»Er hat uns reingelegt. Manche Sachen auf den Bändern waren gelogen. Er hat Andy alles erzählt, bevor …«
»Andy? Oh Gott. Den habe ich ja ganz vergessen … wo ist er?«
Hier und da, dachte Jody und war schockiert, dass ihr gerade jetzt ein so grausames Wortspiel in den Sinn kam.
Andy hätte es bestimmt lustig gefunden. Hier und da.
»Simon hat ihn umgebracht, Dad. Er ist tot.«
Ihr Vater schwieg. »Großer Gott«, flüsterte er schließlich. »Es tut mir leid, Schatz. Es tut mir so leid.«
»Ja. Na ja … Gelegenheiten hatte er genug.«
»Was?«
»Er hatte die Gelegenheit abzuhauen. Simon umzubringen. Alle möglichen Gelegenheiten. Aber … er hat sie alle verstreichen lassen, irgendwie. Es hätte … nicht so enden müssen. Aber das ist auch meine Schuld. Wenn ich …«
»Nicht«, sagte Dad. »Das bringt doch nichts. Was geschehen ist, ist geschehen. Jetzt … alles klar bei dir?«
Sie schniefte. »Mir geht’s wahrscheinlich viel besser als dir.«
»Das will ich auch hoffen. Oh Gott, Jody.«
»Ist schon in Ordnung. Wirklich. Er hat mich ein paar Mal mit dem Messer gestochen. Das hat ziemlich wehgetan, aber … keine von den Wunden ist sehr tief.«
»Wo hat es dich erwischt?«
»In der Achselhöhle. Die Hüfte und mein Bein haben auch was abbekommen. Direkt unterm Knie. Das tut so richtig weh.«
»Kann ich mir vorstellen.«
»Ja. Und er hat mich in den Hintern gebissen. Was ist mit dir?«
Er antwortete nicht. »Hat er … dich vergewaltigt?«, fragte er stattdessen.
Jody errötete.
Auch wenn es ihr ziemlich unpassend erschien, fühlte sie tiefe Scham.
»Mann, Dad«, murmelte sie.
»Tut mir leid. Aber … hat er?«
»Ich glaub nicht.«
»Du weißt es nicht?«
Sie sah an sich herab. »Fühlt sich nicht danach an. Ich meine, ich weiß ja nicht, wie sich das anfühlt, aber … ich glaube nicht.«
»Gott sei Dank«, murmelte ihr Vater.
»Was ist mit dir?«, fragte Jody.
»Mich hat er auch nicht vergewaltigt, da bin ich mir ziemlich sicher.«
»Du weißt es nicht?«
Sie hörte, wie er kurz lachte und dann stöhnte. »Oh Gott, Jody.«
»Tut es nur weh, wenn du lachst?«
»Nein, es tut ständig weh.«
»Schlimm?«
»Ich war schon immer ein schlimmer Finger.«
»Jetzt machst aber du die blöden Witze.«
»Okay. Schluss damit. Wo … waren wir?«
»Wo hat er dich getroffen?«
»Frag mich lieber, wo er mich nicht getroffen hat.«
»Dad.«
»Tut mir leid.«
»Es muss dich wirklich übel erwischt haben, sonst würdest du nicht auf dem Boden liegen.«
»Da hast du recht. Andererseits bin ich bei Bewusstsein und rede mit dir. Da kann es so wild nicht sein.«
»Gerade warst du noch ohnmächtig.«
»Stimmt. Ich war völlig weggetreten. Er hat mich am Kopf erwischt.«
»Oh Gott.«
»Ist nicht so schlimm. Die Kugel hat vorher meine Hand durchschlagen … die ist jetzt ziemlich im Eimer.«
»Was ist mit den anderen Kugeln? Er hat sechs Mal auf dich geschossen.«
»So oft? Verflucht.«
Er verstummte.
»Dad?«
»Ich zähle gerade nach.«
»Und?«
»Keine Ahnung. Es sind fünf Wunden. Und eine Kugel hat mich ja doppelt erwischt. Anscheinend hat er mich zweimal verfehlt.«
»Wie konnte er auf diese Entfernung danebenschießen? «
»Wahrscheinlich hat er auf meinen Kopf gezielt. Das Arschloch dachte wohl, er wäre der Größte.«
»Er ist ja auch damit durchgekommen.«
»Bis er sich mit mir angelegt hat.«
»Er hätte dein Ego erschießen sollen. Das ist ja groß genug.«
»Tja.«
»Du stirbst doch nicht, oder?«
»Wie spät ist es?«, fragte er.
»Keine Ahnung.«
»Sharon müsste bald vorbeikommen.«
»Bestimmt.«
»Na hoffentlich.«
»Sie ist verliebt.«
»Glaubst du? In mich?«
»Definitiv.«
»Echt?«
»Das weißt du doch.«
»Sie ist eine tolle Frau.«
»Ein Phänomen.«
»Genau.«
»Aber du bist auch nicht schlecht.«
»Ja.«
»Ein Phänomen.«
»Zumindest hab ich dir den Arsch gerettet.«
»Wenn auch nur knapp.«
»Das reicht mir auch.« Dann stöhnte er auf, als hätte er plötzlich sehr starke Schmerzen.
»Dad?«
»Oooh.«
»Alles okay?«
»Eigentlich nicht.«
»Oh Gott. Hältst du durch, bis Sharon kommt?«
Er antwortete nicht.
»Dad? Dad?«
»Hörst du das?«
»Was?«
»Eine Sirene.«
Jody lauschte.
Und hörte tatsächlich eine Sirene, die ständig lauter
Weitere Kostenlose Bücher