Die Jagd nach dem Vampir
Haushalt, und den Pflock habe ich aus einem alten Besenstiel geschnitzt.« Ich seufzte missmutig. »Nur das Weihwasser stammt aus der St. George’s. Nachdem Bill heute Morgen weggefahren ist, bin ich schnell hin. Ich wollte vorbereitet sein.«
»Wofür?«, fragte Kit. »Du glaubst doch nicht an Vampire.«
»Ich nicht«, sagte ich. »Aber ein paar Verrückte tun es, Menschen, die sich schwarze Umhänge anziehen, sich die Zähne spitz schleifen lassen und in Särgen schlafen. Einige machen es vielleicht, weil sie es für cool halten, aber andere glauben wirklich daran.« Verzagt nagte ich an meiner Oberlippe. »Was, wenn Rob und Will jemanden gesehen haben, der sich für einen Vampir hält? Wenn ein Mann so tut, als sei er ein Vampir, wäre das am Ende nicht genauso … teuflisch?«
»Ja«, meinte Kit nachdenklich. »Das wäre es wohl.«
»Und wenn wir so jemandem begegnen …« – ich nahm langsam wieder Fahrt auf –, »dann können wir seinen Irrglauben dazu nutzen, ihn zur Strecke zu bringen. Vielleicht brauchen wir das Kruzifix, den Knoblauch und das Weihwasser … um ihn gefügig zu machen.«
»Und den Hammer und den Pflock?«, fragte Kit.
»Ich weiß nicht, wie es dir ginge, aber wenn mich jemand mit einem Hammer und einem scharfen Holzpflock bedrohen würde, würde ich ganz schnell klein beigeben. Für uns sind es nur Requisiten, Kit, aber für Rendor könnten diese Dinge mehr bedeuten. Vielleicht sind sie unser einziges Mittel, ihm ohne Gewalt beizukommen.«
Kit sah mich durchdringend an, als wüsste er, dass der Pflock für mich weit mehr als eine Requisite war. Dann warf er einen Blick zum wolkenverhangenen Himmel und lehnte sich zurück.
»Nehmen wir an, du hast recht«, begann er. »Nehmen wir an, dass Rendor existiert und dass er eine Art Pseudovampir ist. Warum sollte er sich den Jungen am Tage zeigen? Wenn du weißt, dass Vampire allergisch gegen Sonnenlicht sind, sollte er das doch auch wissen. Würde er die Stunden von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang nicht lieber in einem gemütlichen Pseudosarg verbringen?«
Ich rief mir ins Gedächtnis, was Dimity gesagt hatte. »Vielleicht glaubt er, dass sein Umhang ihn vor der Sonne schützt.«
»Welcher Umhang?«
»Er trug einen Umhang, als die Jungen ihn gesehen haben«, erklärte ich. »Haben sie es dir nicht gesagt? Dass er sich im Halbkreis drehte und der Umhang um ihn herumwirbelte?«
Ich streckte einen Arm aus, um Wills Darstellung von Rendor nachzuahmen, und zog ihn ebenso schnell zurück, als mir die Dornen des Brombeerstrauches über den Handrücken fuhren. »Autsch!« Ich wandte mich um, um die Kratzer zu begutachten, und erblickte, an einem Dornenzweig aufgespießt, einen zerfransten Streifen dunkelroten Stoffs.
Ich starrte den Stofffetzen an und löste ihn vorsichtig von den Dornen. Fasziniert rieb ich den roten Stoff zwischen den Fingern, glättete ihn in der Handfläche und zeigte ihn Kit.
»Sieh dir das an«, flüsterte ich. »Das ist Seide.«
»In der Tat«, stimmte er zu und strich mit der Fingerspitze über den Stoff.
»Der Stoff hat im Brombeerbusch gehangen«, sagte ich, »aber er ist weder moderig von der Feuchte noch von der Sonne ausgeblichen, also kann er noch nicht lange hier sein.«
»Der Riss sieht ebenfalls noch frisch aus.« Erneut fuhr Kit mit dem Finger über die zerfranste Kante des Stofffetzens und legte die Stirn in Falten. »Das ist auch kein Material, das ein Wanderer oder ein Reiter tragen würde.«
»Gewiss nicht.« Meine Stimme zitterte vor Aufregung über meinen Fund. »Auf Wills Zeichnung hat Rendors Umhang ein dunkelrotes Innenfutter. Er muss an den Dornen hängen geblieben sein, als er hier vorbeigekommen ist.« Ich sah Kit an. »Und ich wette, dass er hier vorbeikam, kurz nachdem er neben deinem alten Freund, dem Apfelbaum, stand und dich, Rob und Will auf dem Reitpfad beobachtete.« Mir schauderte bei dem Gedanken, und ich warf einen Blick auf die verfallenen Grabsteine. »Hier muss er sich wie zu Hause gefühlt haben.«
Auch Kit wandte sich den Steinen zu. Er nahm mir den Streifen dunkelroter Seide aus der Hand und hielt ihn in Augenhöhe.
»Lori«, sagte er ernst. »Ich glaube, du hast tatsächlich eine Spur gefunden.«
7
KIT STECKTE DEN zerfransten Fetzen Seide in seine Brusttasche und reichte mir den Becher mit Tee.
»Ich schätze, es besteht nicht die geringste Hoffnung, dich zu überreden, die Polizei zu informieren«, sagte er ergeben.
»Nicht die geringste«, bestätigte ich resolut.
Weitere Kostenlose Bücher