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Die Jagd nach dem Vampir

Titel: Die Jagd nach dem Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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auch hin. Die Stelle liegt etwa auf drei Viertel der Höhe von Emma’s Hill.«
    Bei Emma’s Hill handelte es sich um das Glied einer Hügelkette, die sich etwa dreißig Kilometer lang von Norden nach Süden erstreckte. Der Bergzug erhob sich wie die Knubbel eines Rückgrats zwischen zwei fruchtbaren Flusstälern und schützte Anscombe Manor, Tante Dimitys Cottage, das Dörfchen Finch und einige andere Orte vor den harschen Winterwinden, die von Osten übers Land fegten. Da die Kartografen vergessen hatten, dem Hügel hinter Anscombe Manor einen eigenen Namen zu geben, hatte sich Derek Harris die Freiheit genommen – ganz in der Tradition der großen Forscher –, ihn nach seiner Gattin zu benennen.
    Ich wusste nicht, wie oft ich Emmas Hügel schon erklommen hatte. Ich kannte die Wege, die zu meinem Cottage und zur Buckelbrücke von Finch führten. Ich wusste auch, welche man in der Hauptsaison meiden musste, wenn aus einsamen Pfaden breitgetretene Straßen wurden, auf denen sich Tagesausflügler, Hobby-Vogelkundler und Wanderer stauten. Ich kannte die besten Flecken für ein Picknick, die besten Aussichtsplätze, und ich kannte die Stellen, an denen man durch den Bach waten konnte, der dort in der Nähe entsprang, ehe er sich sprudelnd den Hügel hinunterwand und in den Fluss ergoss, der durch Finch führte. Ich hatte eigentlich gedacht, ich wüsste alles, was es über Emma’s Hill zu wissen gab.
    Kit jedoch war auf Anscombe Manor aufgewachsen – das Anwesen hatte einst seiner Familie gehört –, was ihm mir gegenüber einen leichten Vorteil verschaffte, was die Ortskenntnis betraf. Der Pfad, den er für unseren Aufstieg gewählt hatte, war mir völlig unbekannt. So wie es schien, kannten ihn außer Kit wohl nur die kleinen, wilden Tiere des Waldes. Der Zugang war durch überhängende Hagedornbüsche verdeckt, die ihre Blätter noch nicht verloren hatten.
    »Wir hätten auch dem Reitpfad folgen können«, erklärte Kit und schob die Hagedornzweige zurück, »aber ich dachte, wir nehmen diese Abkürzung. Je eher wir den alten Baum erreichen, desto früher lernst du das Reiten.«
    »Du scheinst dir ja äußerst sicher zu sein.« Ich duckte mich, um einem zurückschnellenden Ast auszuweichen.
    »Ja, bin ich«, war alles, war er dazu zu sagen hatte.
    Die Abkürzung war steil, uneben, schmal und unangenehm glitschig, sodass ich Kit schon verdächtigte, den Weg gewählt zu haben, um mich zu veranlassen, die Suche abzubrechen. Für jeden zweiten Schritt, den ich bergauf schaffte, schien ich einen rückwärtszurutschen, und unter meinen Wanderstiefeln sammelte sich so viel schlammige Erde an, dass ich das Gefühl hatte, Gewichte an den Knöcheln zu tragen. Aber ich stellte mich der Herausforderung. Nichts stachelte mich mehr an als das Gefühl, dass mich jemand entmutigen wollte.
    Nichtsdestotrotz seufzte ich erleichtert, als der halsbrecherische Anstieg endete und Kit uns auf einen langen und ziemlich ebenen Pfad führte, der parallel zur Hügelkette verlief. Ich folgte ihm durch nasses Gestrüpp und dankte insgeheim dem Erfinder wasserdichter Wanderkleidung. Wenn ich wie sonst Jeans und Sportschuhe getragen hätte, wäre ich nach wenigen Minuten völlig durchnässt gewesen.
    Nachdem wir etwa zehn Minuten gegangen waren, sprang Kit über einen verrotteten Baumstumpf, und wir standen auf einer kleinen Lichtung. Er legte die Hand auf den Stamm eines alten Apfelbaums, der weitab vom nächstgelegenen Obstgarten gewachsen war.
    »Da wären wir«, verkündete er. »Die Zwillinge und ich befanden uns weiter unten, dort auf dem Reitpfad, als sie Rendor zu erblicken meinten. Sie haben mir erzählt, dass er genau hier gestanden und auf uns hinabgeschaut hätte. Aber als ich später hier heraufkam und mich umsah, wurde mir schnell klar, dass sie meinen alten Freund hier« – er strich fast zärtlich über die Rinde – »für einen Mann gehalten haben mussten.«
    Ich kratzte mir den Matsch vom Stiefel, bevor ich den alten Baum in Augenschein nahm. Ich ging um ihn herum und sah ihn mir genau an.
    »Bist du sicher, dass das der richtige Baum ist?«, fragte ich und blieb vor Kit stehen. »Sieht mir nicht gerade wie ein Mann aus.«
    »Könnte er aber, vom Reitpfad aus, an einem nebligen Tag«, sagte Kit.
    »Ich müsste schon halluzinieren, um deinen alten Freund für einen Mann zu halten«, entgegnete ich trocken. »Die Äste sehen wohl kaum aus wie Arme, und ich kann auch nichts bemerken, was einem Kopf oder Beinen ähnelt. Aber

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