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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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Toten an, sondern blickte an der Baumreihe vorbei zu einer Wiese, die anscheinend der Dorfanger war. An ihren Rändern stand ein halbes Dutzend Hütten, am anderen Ende die normannische Dorfkirche. Und in der Mitte, auf dem zertrampelten Schnee, lagen die Toten.
    Man hatte keinen Versuch unternommen, sie zu begraben, obwohl bei der Kirche ein flacher Graben ausgehoben worden war, neben dem ein Hügel schneebedeckter Erde aufgeschüttet lag. Einige der Toten schien man zum Friedhof geschleift zu haben – es waren lange Schleifspuren im Schnee, die dorthin führten –, und mindestens einer war zur Tür seiner Hütte gekrochen. Er lag halb drinnen, halb draußen. »Fürchtet Gott«, murmelte Dunworthy, »denn die Stunde Seines Gerichts ist gekommen.«
    »Es sieht wie nach einer Schlacht aus«, sagte Colin.
    Dunworthy nickte.
    Colin trat vorwärts, beugte sich über den Toten. »Glauben Sie, daß alle tot sind?«
    »Nicht berühren«, sagte Dunworthy. »Geh auch nicht in ihre Nähe.«
    »Ich habe das Gammaglobulin und alles«, sagte Colin, aber er trat von den Toten zurück. Dunworthy sah ihn schlucken.
    »Tief durchatmen«, sagte er und legte Colin die Hand auf die Schulter. »Und schau nicht hin.«
    »In dem Buch stand, daß es so war«, sagte Colin, während er entschlossen eine Eiche anstarrte. »Tatsächlich hatte ich Angst, daß es viel schlimmer sein könnte. Ich meine, es riecht nicht.«
    »Ja.«
    Er schluckte wieder. »Jetzt geht es wieder.« Er überblickte die Wiese. »Wo, meinen Sie, wird Kivrin am wahrscheinlichsten zu finden sein?«
    Hoffentlich nicht hier, dachte Dunworthy.
    »Sie könnte in der Kirche sein«, sagte er, »und wir müssen sehen, ob der Sarkophag dort ist. Es könnte das falsche Dorf sein.« Der Hengst warf den Kopf hoch und wieherte ängstlich, die Ohren zurückgelegt.
    »Geh und bring ihn in den Schuppen«, sagte Dunworthy. Er nahm das Tier bei den Zügeln. »Er wittert das Blut und die Toten und fürchtet sich. Binde ihn an und sieh zu, ob du Heu oder Hafer für ihn findest.«
    Er führte den Hengst zurück und gab die Zügel Colin, der sie ihm ohne Widerrede abnahm, dann ging er rasch über die Lichtung zur Kirche. In dem flachen Graben, einem wohl nicht mehr fertiggestellten Massengrab, lagen vier Tote, und daneben waren die flachen Hügel von zwei Einzelgräbern, die zugeschneit waren. Vielleicht bargen sie die ersten Seuchenopfer aus einer Zeit, als es noch Begräbnisse gegeben hatte. Er ging durch den Friedhof zur Kirchentür.
    Vor ihm lagen lagen zwei Leichen übereinander auf den Gesichtern. Die eine gehörte einem alten Mann in abgerissener, ärmlicher Kleidung, die andere einer Frau mit zerlumpten Röcken und einem grob gewebten wollenen Umhang. Die Arme des Mannes lagen auf Kopf und Schultern der Frau.
    Dunworthy hob einen Arm des Mannes, und der steifgefrorene Körper rollte zur Seite und zog den Umhang mit sich. Darunter kam ein schmutziger und mit Blut beschmierter Frauenrock zum Vorschein, dessen Saum in Fetzen hing, der aber von blauer Farbe war. Er zog behutsam die Kapuze zurück, um das Gesicht der Frau zu sehen. Um den Hals der Frau war ein Strick geknotet. Ihr langes blondes Haar war in die rauhen Hanffasern hineingezogen.
    Man erhängte sie, dachte er ohne die geringste Überraschung.
    Colin kam gerannt. »Ich bin darauf gekommen, was diese Schleifspuren im Schnee sind«, sagte er. »Man hat die Toten an Stricken zum Friedhof gezogen. Drüben liegt ein kleiner Junge mit einem Strick um den Hals.«
    Dunworthy blickte auf den Strick, das wirre Haar. Es war so schmutzig, daß es kaum noch blond genannt werden konnte.
    »Sie schleiften sie zum Friedhof, weil sie sie nicht mehr tragen konnten, wette ich«, ergänzte Colin.
    »Hast du den Hengst in den Schuppen gebracht?«
    »Ja. Ich band ihn an einen Balken. Er wollte mit mir kommen.«
    »Ist dir nicht der Gedanke gekommen, daß er ausgehungert ist?« fragte Dunworthy. »Geh zurück zum Schuppen und gib ihm Heu.«
    »Ist was passiert?« fragte Colin. »Sie haben keinen Rückfall, oder?«
    Dunworthy dachte, daß Colin ihr Kleid von der Stelle, wo er stand, nicht sehen könne. »Nein«, sagte er. »Es sollte Heu im Schuppen sein. Oder Hafer. Geh und füttere das Tier!«
    »In Ordnung«, sagte Colin widerwillig. Er lief zurück zum Schuppen, aber nicht halb so schnell, wie er gekommen war. Mitten auf dem Anger machte er halt und wandte sich um. »Ich brauche ihm das Heu nicht zu geben, oder?« rief er. »Kann ich es ihm

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