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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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»Nein, ich meine, all diese Leute starben an der Pest, nicht wahr? Und sie war immunisiert. Also konnte sie die Pest nicht bekommen. Und woran sollte sie sonst gestorben sein?«
    Daran, dachte Dunworthy. Niemand konnte dieses Elend mit ansehen und überleben. Zeuge sein, wie Säuglinge, Kinder, Mütter und Väter unter qualvollen Umständen zugrunde gingen, wie Tiere verreckten, um mit Stricken um die Hälse hinausgeschleift und in Gruben geworfen zu werden oder einfach liegenzubleiben, den Aasfressern und der Verwesung überlassen. Wie konnte sie das überlebt haben?
    Colin hatte den halb ausgelaufenen Sack außer Reichweite des Pferdes manövriert und ließ ihn neben einer kleinen Truhe liegen. Er richtete sich schnaufend auf und kam an Dunworthys Seite. »Haben Sie wirklich keinen Rückfall?«
    »Nein.« Aber er begann schon zu zittern.
    »Vielleicht sind Sie bloß müde, haben sich zuviel zugemutet«, sagte Colin. »Ruhen Sie sich aus, ich komme gleich wieder.«
    Er ging hinaus und zog die primitive Brettertür zu. Der Hengst fraß den verschütteten Hafer mit geräuschvoll mahlenden Zähnen. Dunworthy stand an den rohen Stützbalken gelehnt und sammelte Kraft, dann ging er zu der kleinen Truhe und bücke sich. Die Messingbeschläge waren angelaufen und das Leder des Deckels hatte eine kleine Kerbe, aber als er den Staub abgewischt hatte, sah er, daß sie ganz neu war.
    Er öffnete den Deckel. Der letzte Eigentümer hatte sein Werkzeug darin aufbewahrt. Ein zusammengerolltes Lederseil war darin, der rostige Kopf einer Feldhacke, ein Hammer, geschmiedete Nägel, eine Zange und ein Meißel. Alles war abgenutzt von langem Gebrauch. Der blaue Stoff der Ausfütterung war zerrissen, wo die Hacke an der Innenwand gescheuert hatte. Kein Zweifel, es war die Nachbildung des Kastens aus dem Ashmolean-Museum, von der Gilchrist im Pub gesprochen hatte.
    Colin kam wieder herein und schleppte den hölzernen Eimer. »Ich habe Wasser für Sie und das Pferd gebracht«, sagte er. »Ich habe es aus dem Bach geholt.« Er stellte den Eimer ab und suchte in seinen Taschen. »Ich habe nur zehn Aspirin, damit Sie keinen schlimmen Rückfall bekommen können. Ich mußte sie von Mr. Finch stehlen.«
    Er brachte ein Arzneifläschchen zum Vorschein und schüttelte zwei Tabletten in seine Hand. »Ich habe auch etwas Synthomycion mitgehen lassen, aber ich fürchte, das war noch nicht erfunden. Ich dachte mir, Aspirin müßten die Leute damals schon gehabt haben.« Er gab Dunworthy die Tabletten und brachte den Eimer. »Sie werden aus der Hand trinken müssen. Die Schüsseln und Becher der Zeitgenossen waren sicherlich voller Pesterreger.«
    Dunworthy schluckte die Aspirintabletten und schöpfte eine Handvoll Wasser aus dem Eimer, um sie hinunterzuspülen. »Colin«, sagte er.
    Colin trug den Eimer zum Hengst. »Ich glaube nicht, daß dies das richtige Dorf ist. Ich ging in die Kirche, und der einzige Sarkophag darin war von einer Dame.« Er zog die Kartenskizze und das Ortungsgerät aus der Tasche. »Wir sind noch immer zu weit östlich. Ich glaube, wir sind hier…« – er zeigte auf eine von Montoyas Eintragungen –, »also müßten wir zu dieser anderen Straße zurückgehen und dann nach Osten…«
    »Wir gehen zurück zum Absetzort«, sagte Dunworthy. Er richtete sich langsam auf, als sei er in Ungewißheit, ob er sich ohne Stütze auf den Beinen würde halten können.
    »Warum? Badri sagte, wir hätten mindestens einen Tag, und wir haben erst ein Dorf überprüft. Es gibt mehrere Dörfer in dieser Gegend. Sie könnte in jedem von ihnen sein.«
    Dunworthy wartete, bis der Hengst den Kopf aus dem Eimer hob, dann band er ihn los.
    »Ich könnte das Pferd nehmen und mich auf die Suche nach ihr machen«, meinte Colin. »Ich könnte schnell reiten und all diese Dörfer durchsuchen und dann zurückkommen und Ihnen Bescheid sagen, sobald ich sie gefunden habe. Oder wir könnten uns die Arbeit teilen, und jeder übernimmt ein paar Dörfer, und wer sie zuerst findet, gibt ein Signal. Zum Beispiel ein Feuer oder was, und dann würde der andere es sehen und kommen.«
    »Sie ist tot, Colin. Wir werden sie nicht finden.«
    »Sagen Sie das nicht!« widersprach Colin, und seine Stimme klang hoch und dünn. »Sie ist nicht tot! Sie hatte ihre Schutzimpfungen!«
    Dunworthy zeigte auf die kleine lederne Truhe. »Das ist das Ding, mit dem sie durchgekommen ist.«
    »Na und?« sagte Colin. »Es konnte viele derartige Kästen gegeben haben. Oder sie ließ

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