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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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einem Vorderhuf um Futter zu betteln.
    Er sah sich nach Gräsern um, die da und dort aus dem Schnee lugten, aber die Fläche um den Weißdorn war zerstampft und abgeweidet.
    »Wie lange bist du schon hier gefangen, armer Kerl?« fragte er. War der Besitzer des Pferdes unterwegs ein Opfer der Pest geworden, oder war er gestorben, und das Tier war davongelaufen und suchte seinen heimatlichen Stall?
    Er ging ein kleines Stück in den Wald, schlug einen Bogen und hielt nach Fußspuren Ausschau, aber es gab keine. Der Hengst fing von neuem an zu wiehern, und Dunworthy ging zurück, um ihn zu befreien. Unterwegs riß er ein paar Händevoll Gras ab, die sich durch ihre aus dem Schnee ragenden dürren Rispen verraten hatten.
    »Ein Pferd! Apokalyptisch!« Colin kam gelaufen. »Wo haben Sie es gefunden?«
    »Ich sagte dir, daß du bleiben solltest, wo du warst.«
    »Ich weiß, aber ich hörte das Pferd wiehern und dachte, Sie wären in Schwierigkeiten geraten.«
    »Ein Grund mehr für dich, mir zu gehorchen.« Er gab Colin das Gras. »Gib ihm das!«
    Er arbeitete sich zwischen die dornigen Zweige und zog die Zügel heraus. In seinen Bemühungen, sich loszureißen, hatte der Hengst die Zügel hoffnungslos in die stark verästelten, dornigen Zweige gezerrt. Dunworthy mußte die Zweige mit einem Arm zurückhalten und mit der anderen Hand die Zügel freimachen. Innerhalb von Sekunden waren seine Hände und Unterarme mit Kratzern bedeckt.
    »Wessen Pferd ist es?« fragte Colin, als er dem Pferd die Grasbüschel aus einer Entfernung von mehr als einem Meter hinhielt. Das ausgehungerte Tier stürzte sich darauf, und Colin ließ das Gras fallen und sprang zurück. »Sind Sie sicher, daß es zahm ist?«
    Dunworthy hatte sich arge Kratzer zugezogen, als der Hengst sich auf das Gras gestürzt hatte, aber die Zügel waren freigekommen. Er wickelte sie um seine blutende Hand.
    »Ja«, sagte er.
    »Wem gehört es?« fragte Colin. Er streichelte ihm ängstlich die Nüstern.
    »Uns.« Er zog den Sattelgurt fest, half Colin auf die Kruppe und saß auf.
    Der Hengst hatte noch nicht begriffen, daß er frei war, und wandte anklagend den Kopf, aber als Dunworthy ihm behutsam die Absätze in die Flanken stieß, trabte er willig den verschneiten Weg entlang, froh über die wiedergewonnene Freiheit.
    Colin umklammerte Dunworthys Mitte wie ein Ertrinkender, gerade an der Stelle, wo der Schmerz saß, doch als sie die ersten hundert Meter hinter sich gebracht hatten, ohne daß er heruntergefallen wäre, richtete er sich auf und ließ seiner Wißbegier freien Lauf. »Wie lenken Sie es?« und: »Was machen Sie, wenn es schneller gehen soll?« und »Wie bringen Sie es zum Stehen?«
    In kurzer Zeit hatten sie den Fahrweg wieder erreicht. Colin wollte querfeldein der Hecke folgen, aber Dunworthy lenkte das Pferd in die andere Richtung. Nach einem knappen Kilometer gabelte sich die Straße, und er nahm die linke Abzweigung.
    Sie war breiter und schien mehr begangen als die erste, doch war der Wald, durch den sie führte, noch undurchdringlicher. Mittlerweile hatte sich der Himmel ganz bezogen, und der zunehmende Wind wurde auch im Schutz der Bäume spürbar; er bewegte die Äste, daß der aufliegende Schnee in Schleiern herabsank.
    »Ich sehe es!« sagte Colin und ließ mit einer Hand los, um an einer Gruppe von Eschen vorbei zu grauem Gemäuer und einem nur teilweise mit Schnee bedeckten dunklen Schieferdach vor dem grauen Himmel zu zeigen. Eine Kirche, vielleicht, oder ein Herrensitz. Das Gebäude lag ostwärts von der Straße, und bald zweigte eine schmale Fahrspur ab und führte mittels einer gebrechlichen Plankenbrücke über einen Bach und weiter am Rand eines schmalen Wiesenstreifens entlang.
    Der Hengst spitzte weder die Ohren noch versuchte er schneller zu gehen, und aus diesem Verhalten schloß Dunworthy, daß er nicht aus dem Dorf sein konnte. Und das war gut so, denn im Mittelalter pflegte man Pferdediebe kurzerhand aufzuhängen. Wir würden schon am Galgen baumeln, bevor wir fragen könnten, wo Kivrin ist, dachte er. Dann sah er die Schafe.
    Sie lagen auf den Seiten, Hügel aus schmutziger graubrauner Wolle, und einige von ihnen hatten sich bei den Bäumen zusammengedrängt und versucht, Schutz vor Wind und Schnee zu finden.
    Colin hatte sie nicht gesehen. »Was tun wir, wenn wir hinkommen?« fragte er Dunworthys Rücken. »Schleichen wir uns an, oder reiten wir einfach vor das Haus und fragen jemand, ob sie Kivrin gesehen haben?«
    Es wird

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