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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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antwortete Don Ephraim.
    Alfonso fragte geradezu: »Was also weißt du von den Friedensbedingungen?« Ephraim erwiderte: »Genaues wissen wir so wenig wie du. Der Kalif, vermuten wir, wird alles Gebiet südlich des Guadiana behalten wollen. Sicher wird er für seinen Schatz eine reichliche Jahresabgabe verlangen und für den Emir von Sevilla eine hohe Kriegsentschädigung. Auch wird er wohl für den neuen Friedensvertrag eine sehr lange Dauer fordern.«
    Alfonso, sehr finster, sagte: »Soll ich nicht doch, ehe ich dergleichen annehme, den Krieg weiterführen? Oder findet ihr solche Bedingungen angemessen?« fragte er hämisch.
    Ephraim zögerte mit der Antwort. Wenn er jetzt für Vertrag und Frieden sprach, dann konnte es geschehen, daß der König seine ohnmächtige Wut an der Aljama ausließ und an ihm selber. Es lockte ihn, auszuweichen, etwas ehrerbietig Nichtssagendes zu erwidern. Das aber wird Alfonso als Zustimmung auffassen, er wartete ja nur auf die leiseste Aufmunterung, und er wird seinen sinnlosen Krieg fortsetzen. Und Gott wird kein zweites Wunder tun, Toledo wird verloren sein, und mit Toledo die Aljama. Der tote Jehuda, in ähnlichen Zweifeln und ähnlicher Beklommenheit, hatte es oft und abermals gewagt, diesem Christenkönig zum Frieden und zur Vernunft zu raten. Ein Jahrhundert lang hatten jüdische Ratgeber ihre kastilischen Könige zur Vernunft gemahnt.
    »Wenn du die offene Meinung eines alten Mannes hören willst, Herr König«, sagte er schließlich mit seiner morschen Stimme, »dann rat ich dir: mach Frieden. Du hast diesen Krieg verloren. Wenn du ihn weiterführst, werden eher die Moslems an die Pyrenäen vorstoßen als du ans südliche Meer. Welche Bedingungen immer der Kalif stellt, solang er sich mit einer Grenze südlich von Toledo bescheidet, mach Frieden.«
    Alfonso ging auf und ab, in den Augen jenen gefährlichen hellen Schein, die Stirne tief verfurcht. Was der Jude da sagte, war eine Frechheit. Er wird ihn greifen lassen und in sein unterstes Verlies sperren, bis ihm die Frechheit vergeht und er ihm seinen Sancho herausgibt. Und er wird, was er noch an Mann und Roß besitzt, zusammenraffen, er wird die Moslems überraschend angreifen und ihre Linien durchstoßen. Er wußte, solches Geplane war sinnlos, er mußte um den Frieden verhandeln, und zwar durch diesen Ephraim. Aber nein, nein, nun gerade nicht! Er wird es dem Rodrigue und diesem Juden zeigen, daß Don Alfonso noch lebt. Aber er war ein geschlagener Alfonso, und der Jude hatte recht, under war kein Narr und Verbrecher, und er wird nach Sevilla schicken und um Frieden betteln. Er lief auf und ab, heftigen Schrittes, eine kurze Minute lang, eine endlose Minute lang, und wechselte dreimal den Entschluß.
    Don Ephraim stand schweigend, in ehrerbietiger Haltung, furchtlosen Gesichtes, doch in seinem Innern ängstlich gespannt. Seine Augen folgten dem König, er sah, wie es in dessen Gesicht arbeitete.
    Plötzlich blieb Alfonso vor ihm stehen, sehr nahe, und sagte, herausfordernd, böse: »Höre! Da du so warm für den Frieden eintrittst, würdest du als mein Unterhändler nach Sevilla gehen?«
    Ephraim hatte von dem unberechenbaren Mann viel erwartet im guten oder im bösen, doch nicht dieses Angebot. Er verbarg nicht seine Überraschung, er wich, gegen allen höfischen Anstand, ein wenig zurück und hob abwehrend die alte Hand. Bevor er indes sprechen konnte, beschwor ihn Alfonso, nun unerwartet freundlich: »Bitte, sag nicht gleich nein. Setze dich und überlege!«
    Sie saßen einander gegenüber. Ephraim rieb sich mit den Fingern der einen Hand die Fläche der andern. All sein Leben hindurch hat er’s vermieden, aufzufallen. Wie hat er sich bemüht, dem Jehuda vor glänzenden Ämtern abzuraten, und nun soll er selber diese Gesandtschaft übernehmen, auf die alle Augen gerichtet sind. Und was immer er erwirkt, das dumme, undankbare Toledo wird Verrat schreien, und wenn der König ihn bestätigt, dann werden ihm tausend Neider erstehen. Andernteils kann er, wenn er jetzt einen dauernden Frieden zurückbringt, dem Land und der Judenheit einen Dienst leisten wie selten einer vor ihm. Der sonst so kühle Rechner war erregt, verwirrt. Sein ganzes Wesen sträubte sich gegen diese Gesandtschaft. Das Nein zog ihn mächtig an, aber er dachte an Jehuda und hielt das Ja für seine Pflicht.
    »Der Kalif liebt nicht die Juden«, gab er schließlich zu bedenken. »Er liebt auch die Christen nicht sehr«, antwortete Alfonso.
    Ephraim sagte:

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