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Die Jungens von Burg Schreckenstein

Die Jungens von Burg Schreckenstein

Titel: Die Jungens von Burg Schreckenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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waren sie — wie sich nachher herausstellte — die halbe Nacht genau über seinem Schlafzimmer!
    „Wir kommen durch eine Eisentür“, erzählte Dieter anderntags, „Klaus hält die Lampe, da sehe ich auf einmal ganz hinten in einer Kiste eine Lokomotive! ’ne richtig große, Spur eins, wie man sie früher gehabt hat!“
    „Das war Mauersäges Kindereisenbahn!“ fuhr Klaus fort, „na, dann haben wir sie natürlich aufgebaut und bis fünf Uhr früh rangiert!“
    Als der Rex die Geschichte hörte, lachte er schallend. Das war ein Streich nach seinem Geschmack, lustig und ohne daß dabei etwas kaputtging. Dafür gab es keine Strafe, und Klaus und Dieter stiegen mächtig im Ansehen. Jeder überlegte heimlich, ob er nicht vielleicht etwas Ähnliches machen könne. Aber so einfach war das nicht, denn es gehörte, wie gesagt, viel Phantasie dazu.
    Streich hin, Streich her, jedenfalls waren wir ein prima Verein, und sogar die alte Flasche Strehlau spurte auf einmal. Er kam zwar beim Kugelstoßen nur auf 4,35 Meter, aber immerhin! — früher war ihm die Kugel meist auf den Fuß gefallen.
    Das Leben auf der Burg war schon eine Wucht. Nicht umsonst klagten unsere Eltern ständig über zu wenig Post. Daraufhin wurde zwar eine wöchentliche Briefschreibe-Stunde eingeführt, aber was soll ein Ritter an seine Eltern schreiben? Das meiste verstehen sie doch nicht.

Stephan und das Tonband

    Um die Mitte des Sommerhalbjahres hatte unsere Klasse Zeichnen im Burghof. Und zwar bei Gießkanne, der vom Rex aufgrund seiner Fähigkeiten als Maler mit dem Zeichenunterricht betraut worden war. Der eigentliche Zeichenlehrer, Herr Seybold , war wieder nach Neustadt zurückgegangen. Wir fanden den Wechsel ganz in Ordnung, denn Herr Seybold hatte, außer Bleistiftspitzen, keinerlei Fähigkeiten, die der Allgemeinheit zugute kamen, und das war für das Leben auf der Burg einfach zuwenig.
    Wir zeichneten also den Burgfried von den verschiedensten Seiten, als plötzlich ein hier gänzlich ungewohntes Motorengeräusch hörbar wurde.
    „DKW 3 = 6“, sagte Fritz. Kurz darauf fuhr ein Volkswagen in den Hof.
    „Schon ganz schön aus der Übung!“ bemerkte Dampfwalze zu diesem Fehlurteil.
    Der Wagen hielt, und ein Mann und ein Junge stiegen aus.
    „Wohl so ’ne Art Zuwachs!“ spottete Mücke, denn die beiden waren offensichtlich Vater und Sohn.
    „Guten Tag, ich möchte gern zu Herrn Direktor Meyer!“ wandte sich der Vater an Gießkanne.
    „ Gewiß “, flötete der ganz aufgeregt vor lauter Höflichkeit, „ich werde Ihnen den Weg zeigen!“
    „Habt ihr die langen Hosen gesehen!“ brummte Dampfwalze, als sie weg waren, „scheint ein richtiger Stadtschnösel zu sein!“
    Wir Ritter trugen längst keine solchen Dinger mehr, die waren uns viel zu weichlich und unsportlich. Ottokar aber lächeltö vor sich hin und sagte:
    „Es ist schon sehr komisch, wenn man bedenkt, daß wir auch mal so ’rumgelaufen sind!“
    Nach ungefähr zwanzig Minuten kamen sie wieder, diesmal jedoch in Begleitung des Rex. Gießkanne, der vorausgeeilt war, gab uns ein Zeichen aufzustehen.
    „Das ist seine Klasse!“ sagte er voller Stolz, wie ein Trainer, der seine Mannschaft vorstellt. Und etwas weniger feierlich erklärte der Rex:
    „Hier bringe ich euch eueren neuen Mitschüler Stephan Breuer!“
    Die Klasse stand wie eine Mauer. Keiner verzog eine Miene. Der Neue kam zögernd her und gab jedem die Hand, eine Begrüßungsform, die wir gar nicht schätzten. Nur durch die Anwesenheit von Herrn Breuer war sie überhaupt möglich, denn ansonsten gibt der Ritter zuerst die Hand — wenn er es für nötig hält. Als sie dann wieder zum Wagen gingen, um das Gepäck auszuladen, sagte Friederich:
    „Ziemlich weiche Type! Seinem Händedruck nach muß der noch viel lernen!“
    „Nur nicht gleich so voreilig, du Pfeife!“ unterbrach ihn Ottokar, und damit hatte er recht. Es ist bestimmt nicht angenehm für einen Jungen aus der Stadt, plötzlich auf einer Burg einer Schar von mißtrauischen Männern gegenüberzustehen.
    Später wurde Ottokar zum Rex gerufen.
    „Stephan Breuer kommt auf dein Zimmer. Hilf ihm beim Einräumen; von der Arbeit am Sportplatz bist du befreit.“
    Ottokar nickte stumm und wollte schon wieder gehen, als ihn der Rex beim Arm nahm:
    „Sag ihm auch, daß wir hier ein bißchen anders sind als die Jungens in der Stadt!“ —
    Ottokar half also. Nicht widerwillig, aber auch nicht gerade begeistert zeigte er dem Neuen die Zimmer, den Waschraum,

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