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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wußte, daß er erst auf die Anrede des Direktors zu sprechen hatte. Dieser, welcher, wie bereits bemerkt, den Charakter eines Regierungsrathes hatte, war ein hoch und stark gebauter Mann. Er trug die Uniform höherer Anstaltsbeamten mit Bouillons und einen langen Stoßdegen. Der dichte Schnurrbart stand ihm à la maggiar zu beiden Seiten weit ab, und sein ganzes Aeußere zeigte, daß mit ihm nicht wohl zu scherzen sei. Er blickte den Eingetretenen gar nicht an, bis er nach einiger Zeit die Feder weglegte und, noch immer mit den vor ihm liegenden Papieren beschäftigt, in kurzem Tone frug.
    »Wer?«
    »Amtswachtmeister Haller aus Fallum, Herr Regierungsrath.«

    »Was bringen Sie?«
    »Männlichen Zuwachs, einen.«
    »Namen?«
    »Heinrich Hartig aus Fallum.«
    »Stand?«
    »Fischer oder Schiffer.«
    »Einlieferungsakten!«
    Der Transporteur überreichte ihm das Aktenheft, welches er bereits parat gehalten hatte.
    »Schön, haben Sie persönliche Bemerkungen?«
    »Zu Befehl, Herr Regierungsrath.«
    »Welche? Aber kurz!«
    »Hartig war angeklagt, seine Frau und seinen Stiefsohn lebensgefährlich und kontinuirlich maltraitirt zu haben. Er kam unter meine Bewachung, machte einen Fluchtversuch und versetzte mir dabei drei Messerstiche hier in Hand und Arm. Er ist ein Trinker, ein bösartiger, gefühlloser und auch frecher Gesell, der sich sogar noch während des heutigen Transportes renitent erwiesen hat. Er meinte unter anderem, daß auch bereits schon Amtswachtmeister auf dem Zuchthause gewesen seien, und versuchte noch auf dem Bahnhofe zu entspringen, wurde aber vom Publikum sofort ergriffen.«
    »Fertig!«
    »Zu Befehl!«
    »Werden ihn zu fassen wissen. Erhält dritte Disziplinarklasse und zwanzig Tage Kostentziehung gleich als Anfang und Willkommen. Hier, Ihre Empfangsbescheinigung, Herr Wachtmeister. Adieu.«
    Während der Direktor nun Einblick in die Einlieferungsakten des neuen Züchtlings nahm, kehrte der Transporteur in das Stübchen des Thorhabenden zurück, um die dort abgelegte Kopfbedeckung zu holen.
    »Leben Sie wohl, Hartig,« meinte er, sich zum Gehen anschickend. »Haben Sie vielleicht etwas an Ihre Frau und Ihre Kinder auszurichten? Es ist zum letzten Male, daß dies auf solche Weise geschehen kann.«
    »Packen Sie sich fort!« lautete die dankbare Antwort.
    »Gut! Adieu, Herr Aufseher!«
    »Adieu, Herr Wachtmeister!«
    Er ging. Der Gefangene war von diesem Augenblicke an von der Außenwelt abgeschlossen, war keine Person, sondern nur ein Gegenstand, auf den sich die physiologischen Bestrebungen seiner Vorgesetzten richteten, und besaß keine Selbstbestimmung, keinen freien Willen mehr. Nach einiger Zeit öffnete sich die Thür wieder, und abermals trat ein Aufseher ein.
    »Komm!« meinte dieser, nachdem er ihn mit einem kurzen Blicke überflogen hatte.
    »Oho! Hier geht es wohl per Du?«
    Der Thorhabende, welcher bisher schweigsam dagesessen hatte, wandte sich jetzt zu seinem Kollegen.
    »Ein ganz und gar frecher und unverschämter Bengel. Muß scharf gehalten werden.«
    »Wird es schon spüren. Vorwärts!«
    Er faßte ihn und schob ihn zur Thür hinaus. Es ging denselben Korridor hinunter, welchen vorhin der Transporteur durchschritten hatte, dann rechts ab bis an eine vollständig eiserne Thür. Als zwei große Vorlegeschlösser von derselben entfernt und drei starke Riegel zurückgeschoben waren, zeigte sich hinter dieser Thür ein schmaler kurzer Gang, welcher keine Fenster besaß und deshalb von einer Lampe beleuchtet wurde. Zu beiden Seiten desselben befanden sich je acht ähnlich verschlossene eiserne Thüren, deren jede einen sieben Fuß hohen, vier Fuß breiten und fünf Fuß tiefen Raum verschloß, in welchem nichts zu sehen war, als ein Heizungsrohr für den Winter, ein Wasserkrug, ein niedriger Schemel zum Sitzen und eine eiserne, tief in die Mauer eingefügte Kette. Die nur anderthalb Fuß im Quadrat haltenden Fensterchen waren innen mit einer durchlöcherten Eisenplatte und von außen mit einem starken Doppelgitter versehen. Von hier hätte ein Löwe sich keinen Austritt verschaffen können.
    Dies waren die Zu-und Abgangszellen des Zuchthauses von Hochberg, die schlimmsten Zellen der ganzen Anstalt. Es ist nothwendig, dem eingelieferten Verbrecher seine Lage sofort in ihrer häßlichsten Gestalt zu zeigen und denjenigen, welcher seine Strafzeit überstanden hat, noch vor dem Rückfalle abzuschrecken. Jeder Züchtling verlebt den ersten und den letzten Tag seiner Detentionszeit in einer

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