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Die Känguru Chroniken

Die Känguru Chroniken

Titel: Die Känguru Chroniken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Uwe Kling
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landet zehn Meter von uns entfernt, rappelt sich auf und rennt davon.
    »Boah«, sage ich und springe auf. »Das … das … das …«
    »… darf man doch nicht?«, versucht das Känguru meinen Satz zu vollenden.
    »… wollte ich auch schon immer mal machen«, sage ich.
    Das Känguru kuckt kritisch dem Hund hinterher.
    »Das macht der nicht noch mal«, sage ich beeindruckt.
    »Ach, diese Yorkshire-Terrier fliegen nicht so gut«, sagt das Känguru sichtlich unzufrieden. »Die verhalten sich aerodynamisch irgendwie ungeschickt. So ein Zwergspitz zum Beispiel oder ein Pekinese wäre bestimmt vier, fünf Meter weiter geflogen.«
    »Ach«, sage ich interessiert. »Und welche fliegen am besten?«
    »Chihuahuas liegen ganz gut in der Luft«, sagt das Känguru. »Kommt aber auch drauf an, wie sie geschoren sind.«
    Da tippt mir eine Bärenpranke von hinten auf die Schulter.
    »Ham Sie da jerade meenen Hund jetreten?«
    Ich drehe mich um und starre auf nackte Brüste. Große, dicke, nackte, männliche Brüste. Ich drehe den Kopf nach oben, blinzle und sage:
    »Ähhä …« Jetzt bloß nix Falsches sagen. »Ich nix deutsch«, sage ich, mache einen Schritt zurück und sehe mich der Personifizierung des Wortes »fies« gegenüber. Nur mit Mühe reiße ich meinen Blick vom nackten, glänzenden, zum Bersten gespannten Bauch mit dem Deutschland-in-den-Grenzenvon-anno-dazumal-Tattoo. Ich seufze. Da kann sich die Welt wirklich glücklich schätzen, dass sich Deutschland nicht so ausgedehnt hat wie das Tattoo auf diesem Bauch.
    Die Ausländermasche könnte die falsche Wahl gewesen sein.
    »Wie würde et Ihnen jefallen, wenn ick Ihr Känguru boxen würde?«
    »Komm doch«, zischt das Känguru leise.
    »Also streng genommen ist das nicht mein Känguru«, sage ich und ziehe Hoffnung aus der Tatsache, gesiezt worden zu sein. »Es gehört sich quasi selber. Es ist da sehr heikel, wenn es um Besitzverhältnisse geht. Nicht nur bei Produktionsmitteln.«
    »Auch noch Kommunisten, oder wat?«
    »Äh …«, sage ich, als ich von einer kleinen bellenden Ratte abgelenkt werde.
    »Schhh. Hau ab«, sage ich.
    »Willste noch Nachschlag?«, fragt das Känguru und kickt den Hund ein weiteres Mal in die Luft. Alle drei verfolgen wir gebannt die Flugbahn.
    »Diesmal habe ich ihn besser getroffen«, sagt das Känguru zufrieden.
    Der Typ schlägt zu. Das Känguru duckt sich, zieht einenroten Boxhandschuh aus seinem Beutel, bringt blitzschnell einen Haken von unten, und der Typ geht k.o.
    »Das macht der nicht noch mal«, sage ich beeindruckt. Gleich darauf höre ich schon wieder Gekläffe neben mir.
    »Ach«, sagt das Känguru. »Es ist ein ewiger Kampf.«

»Robbie Williams hat achtzehn Tattoos, unter anderem zwei Schwalben, die beide auf seinen Penis deuten, wenn dieser erigiert ist«, sage ich.
    »Was?«, fragt das Känguru.
    »Ein mit Nadeln gestochenes Wortspiel«, sage ich.
    »Hä?«, fragt das Känguru.
    »Verstehst du nicht?«, frage ich. »Swallow …« 2
    »Warum erzählst du mir das?«, fragt das Känguru.
    »Nein. Die eigentliche Frage lautet: Warum weiß ich das?«, sage ich. »Ich interessiere mich nicht für Robbie Williams, nicht für seine Musik, nicht für seine Privatangelegenheiten und schon gar nicht für intim-schmutzige Details seiner Kriegsbemalung. Warum weiß ich das? Ich will das nicht wissen.«
    »Ich auch nicht«, sagt das Känguru.
    »Glaubst du, Parfüm-Kreateur ist ein von vielen Menschen ausgeübter Beruf?«, frage ich.
    »Äh … Nein?«, schätzt das Känguru.
    »Genau«, sage ich. »Aber in Krefeld leben zufälligerweise gleich drei davon, deshalb gibt es sogar ein Parfüm, das Krefeld heißt«, sage ich.
    »Ich hoffe, ich vergesse das sofort wieder«, sagt das Känguru.
    »Keine Chance«, sage ich. »Eher vergisst du den Zusammenhang von Mehrarbeit und Profitrate. Diesen Scheiß wirst du dir merken können. Denk nur an letzten Sonntag.« (Wir hatten Trivial Pursuit gespielt, und das Känguru hatte sich schwer blamiert, weil es auf die Frage »Wie heißt die Ehefrau von Michael Schumacher?« die richtige Antwort wusste.)
    »Warum kann ich mich nicht mehr an den Vornamen meiner Oma erinnern, weiß aber, wie die Adoptivkinder von Angelina Jolie heißen? Sicher, sicher. Ich habe es irgendwo gesehen oder gelesen. Aber ich habe viele Sachen irgendwo gesehen oder gelesen. Ich hätte mir viel lieber andere Sachen gemerkt! Zum Beispiel, wem ich meine Sonnenbrille geliehen habe.«
    Das Känguru schweigt.
    »In Texas ist

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