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Die Kameliendame

Die Kameliendame

Titel: Die Kameliendame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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der Bühne blickten auf sie, die allein durch ihre Erscheinung die Aufmerksamkeit aller Zuschauer auf sich zog. Und ich hatte den Schlüssel zur Wohnung dieser Frau in meiner Tasche, und in drei oder vier Stunden würde sie wieder mir gehören. Man tadelt alle, die sich für Schauspielerinnen oder ausgehaltene Frauen zugrunde richten. Mich wundert nur, daß nicht noch tausendmal mehr Torheiten ihretwegen begangen werden. Man muß, wie ich, dieses Leben gelebt haben, um zu wissen, wie sehr die kleinen Schmeicheleien, die sie täglich ihrem Geliebten erweisen, im Herzen - weil wir kein anderes Wort kennen, müssen wir sagen: - die Liebe immer wieder neu entfachen.
Prudence nahm neben ihr in der Loge Platz. Ein Mann, den ich als den Grafen von G... erkannte, setzte sich in den Hintergrund.
    Bei seinem Anblick krampfte sich mein Herz zusammen. Zweifellos bemerkte Marguerite, was durch die Anwesenheit des Mannes in ihrer Loge in mir vorging, denn sie lächelte mir wieder zu. Dann wandte sie dem Grafen den Rücken und schien dem Spiel auf der Bühne ihre ganze Aufmerksamkeit zu widmen. Zu Beginn der dritten Pause sagte sie etwas zu ihm. Der Graf verließ die Loge, und Marguerite gab mir ein Zeichen, zu kommen.
,Guten Abend', sagte sie, als ich eintrat, und reichte mir die Hand.
,Guten Abend', erwiderte ich zu Marguerite und Prudence. »Nehmen Sie Platz.'
,Aber ich nehme den Platz eines anderen ein. Wird der Graf von G... nicht wiederkommen?'
,Doch. Ich habe ihn fortgeschickt, um Konfekt zu kaufen, damit wir einen Augenblick miteinander sprechen können. Frau Duvernoy ist eingeweiht.'
,Ja, ja, meine Kinder', sagte Prudence, ,seid beruhigt, ich werde nichts ausplaudern.'
,Was haben Sie heute abend?' fragte Marguerite, erhob sich und küßte mich im Dunkel der Loge auf die Stirne. ,Ich fühle mich nicht ganz wohl.'
,Dann müssen Sie zu Bett gehen', entgegnete sie mit dem ironischen Lächeln, das ihrem zarten und geistreichen Gesicht so gut stand. ,Wo?' ,Bei Ihnen zu Hause.' ,Sie wissen genau, daß ich dort nicht schlafen könnte.'
,Nun, dann dürfen Sie aber nicht verstimmt sein, weil Sie einen Mann in meiner Loge sahen.'
,Es ist nicht deshalb.'
,O doch, ich weiß Bescheid. Sie tun mir unrecht. Sprechen wir nicht mehr davon. Nach dem Theater werden Sie zu Prudence gehen und dort warten, bis ich Sie rufen lasse. Nicht wahr?'
,Ja.'
Wie sollte ich nicht gehorsam sein? ,Sie lieben mich noch immer?' begann sie wieder. ,Wie können Sie das fragen!' ,Und Sie haben an mich gedacht?' ,Den ganzen Tag.'
,Wissen Sie, ich glaube wirklich, ich verliebe mich in Sie! Fragen Sie Prudence.'
,Ach', antwortete die üppige Dame, ,ihr werdet langweilig.' ,Gehen Sie wieder auf Ihren Platz. Der Graf muß gleich kommen, es ist nicht nötig, daß er Sie hier sieht.' ,Warum?'
,Weil es Ihnen unangenehm ist, ihn hier zu sehen.' ,Nein. Wenn Sie mir aber gesagt hätten, daß Sie gerne ins Vaudeville gehen möchten heute abend, dann hätte ich Sie ebensogut wie er hier in diese Loge begleiten können.' ,Dummerweise hat er mir die Loge bestellt, ohne daß ich ihn darum gebeten hatte, und mir seine Begleitung angeboten. Sie wissen genau, daß ich das nicht abschlagen konnte. Alles, was ich tun konnte, war, Ihnen zu schreiben, wo ich hingehe, damit Sie mich sehen können und damit ich selber das Vergnügen habe, Sie unerwartet bald wiederzusehen. Aber wenn Sie mir so danken dafür, dann habe ich daraus gelernt.' ,Ich tat Ihnen unrecht, verzeihen Sie mir!' ,Dann gehen Sie jetzt auf Ihren Platz zurück, und spielen Sie nicht mehr den Eifersüchtigen.' Sie küßte mich wieder und ich ging. Im Korridor begegnete ich dem zurückkehrenden Grafen. Ich begab mich wieder auf meinen Platz. ,«
Im ganzen war die Anwesenheit des Herrn von G... in Marguerites Loge die einfachste Sache der Welt. Er war ihr Geliebter, er besorgte ihr eine Loge, er begleitete sie, das war alles ganz natürlich. Und wenn ich ein Mädchen wie Marguerite zur Geliebten hatte, so mußte ich mich an ihre Eigenarten gewöhnen.
Trotzdem wurde ich an jenem Abend nicht recht glücklich. Und ich wurde sogar sehr traurig, als ich Marguerite mit Prudence und dem Grafen den Wagen besteigen sah, der am Portal wartete.
Eine Viertelstunde später war ich bei Prudence. Auch sie war eben erst nach Hause gekommen.
     

XIII
     
    ,Sie sind fast ebenso schnell hier wie wir', sagte Prudence. ,Ja', entgegnete ich mechanisch. ,Wo ist Marguerite?' ,Bei sich zu Hause.' ,Allein?'
,Mit Herrn von G...'
Ich ging mit

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