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Die Kameliendame

Die Kameliendame

Titel: Die Kameliendame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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empfinde. Endlich kam der Graf, bestieg seinen Wagen und fuhr fort.
Prudence schloß das Fenster. Im gleichen Augenblick rief Marguerite uns. ,Kommt rasch, der Tisch wird gedeckt, wir, Wollen zu Abend essen', sagte sie. ' Als ich eintrat, lief Marguerite auf mich zu, fiel mir um den Hals und küßte mich heftig. ,Schmollen wir immer noch?' fragte sie mich. ,Nein, das ist vorbei', antwortete Prudence. ,Ich habe ihm eine Moralpredigt gehalten, und er hat versprochen, artig zu sein.'
,Das ist schön.'
Trotzdem warf ich heimlich einen Blick auf ihr Bett; es war in Ordnung.
Aber Marguerite war schon im weißen Morgenrock. Wir setzten uns.
Charme, Zärtlichkeit und übersprudelndes Temperament, Marguerite besaß alles. Ich mußte zugeben, daß ich kein Recht hatte, noch mehr zu verlangen. Wie viele wären glücklich gewesen an meiner Stelle. Wie Virgils Hirten brauchte ich nur die Freuden zu genießen, die ein Gott oder vielmehr eine Göttin mir bereitete.
Ich versuchte, die guten Ratschläge von Prudence in die Tat umzusetzen und ebenso fröhlich wie meine beiden Freundinnen zu sein. Aber was bei ihnen natürliche Fröhlichkeit war, war bei mir nur krampfhaft gewollt, und das nervöse Lachen, mit dem ich sie täuschte, war dem Weinen sehr nahe. Endlich war das Abendessen beendet. Ich war mit Marguerite allein. Sie setzte sich, wie sie es so gerne tat, auf den Teppich vor dem Kamin und blickte betrübt in die Flammen. Sie dachte nach. Worüber? Ich wußte es nicht. Ich betrachtete sie voller Liebe und dachte fast mit Schrecken an das, was ich ihretwegen zu leiden bereit war. ,Weißt du, woran
ich denke?' ,Nein.'
,Ich habe einen Plan.' ,Und was wäre das für ein Plan?'
,Das kann ich dir noch nicht sagen. Nur, was sich daraus ergibt. Daß ich nämlich in einem Monat frei sein werde. Ich bin dann niemandem mehr verpflichtet, und wir können zusammen den Sommer auf dem Lande verleben.' ,Und Sie können mir nicht sagen, auf welche Weise Sie das erreichen wollen?'
,Nein. Du mußt mich nur so lieben, wie ich dich liebe, und alles wird gelingen.'
,Und auf diesen Plan sind Sie ganz allein gekommen?' ,Ja'
,Und ganz allein wollen Sie ihn ausführen?' ,Ich allein werde die Sorgen haben', entgegnete Marguerite mit einem Lächeln, das ich nie vergessen werde. ,Aber wir beide werden den Gewinn teilen.'
Bei dem Wort Gewinn errötete ich. Ich mußte an ,Manon Lescaut' denken, die mit Des Grieux das Geld des Herrn von B... verbrauchte. Ich antwortete etwas schroff, während ich mich erhob: ,Sie werden mir erlauben, meine liebe Marguerite, einen Gewinn nur dann mit Ihnen zu teilen, wenn er aus meinen Unternehmungen herrührt.' ,Was soll das heißen?'
,Das soll heißen, daß ich Herrn von G... verdächtige, Ihr Mitwisser in diesem glückbringenden Vorhaben zu sein, mit dessen Schwierigkeiten und Gewinn ich aber nichts zu tun haben will.'
,Sie sind ein Kind. Ich glaubte, Sie lieben mich, ich habe mich getäuscht, nun gut.'
Sie erhob sich, ging zum Flügel und begann die ,Aufforderung zum Tanz zu spielen, bis zu jener Passage, die ihr nie gelang.
Geschah es aus Gewohnheit, oder wollte sie mir den Tag unserer Bekanntschaft in Erinnerung bringen? Ich weiß nur, daß mir bei dieser Melodie alles wieder gegenwärtig war. Ich näherte mich ihr, nahm ihren Kopf in meine Hände und küßte sie. »Können Sie mir verzeihen?' fragte ich sie.
,Wie Sie sehen, ja', antwortete sie. ,Aber ich muß feststellen, daß wir zwar erst den zweiten Tag miteinander leben, ich Ihnen aber schon etwas zu vergeben habe. Sie halten Ihr Versprechen, mir blind zu gehorchen, sehr schlecht.' ,Was wollen Sie, Marguerite, ich liebe Sie zu sehr, ich bin sogar auf Ihre Gedanken eifersüchtig. Das, was Sie mir eben sagten, brachte mich vor Freude halb von Sinnen. Aber das Geheimnisvolle, das über der Ausführung liegt, preßt mir das Herz zusammen.'
,Wir wollen einmal vernünftig darüber reden', begann sie wieder. Sie ergriff meine beiden Hände und schenkte mir ihr reizendes Lächeln, dem ich nie widerstehen konnte. ,Sie lieben mich, nicht wahr? Und Sie würden glücklich sein, mit mir drei oder vier Monate auf dem Lande zu leben? Auch ich wäre glücklich über diese Einsamkeit zu zweit, nicht nur glücklich, es wäre auch für meine Gesundheit notwendig. Ich kann Paris für eine so lange Zeit nicht verlassen, ohne meine Angelegenheiten zu ordnen. Und die Angelegenheiten einer Frau wie ich sind immer sehr verwirrt. Gut. Ich habe ein Mittel gefunden, alles in Einklang zu

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