Die Kammer
Büro.«
»Nein. Lassen Sie uns einen Spaziergang machen.« Sie fuhren mit dem Fahrstuhl hinunter und traten aus dem Gebäude in die Fußgängerzone. Lettner kaufte eine Tüte geröstete Erdnüsse von einem Straßenhändler und bot Adam eine Handvoll davon an. Adam dankte. Langsam gingen sie nordwärts, auf das Rathaus und die Bundesbehörde zu. Lettner steckte abwechselnd Erdnüsse in den Mund und warf sie den Tauben zu.
»Wie geht es Sam?« fragte er schließlich.
»Er hat noch zwei Wochen. Wie würde es Ihnen gehen, wenn Sie nur noch zwei Wochen vor sich hätten?«
»Ich glaube, ich würde sehr viel beten.«
»Soweit ist er noch nicht, aber es wird nicht mehr lange dauern.«
»Wird es soweit kommen?«
»So ist es jedenfalls geplant. Und bisher gibt es nichts, das es verhindern könnte.«
Lettner warf sich eine Handvoll Erdnüsse in den Mund. »Nun, ich wünsche Ihnen Glück. Seit Sie bei mir waren, mußte ich immer wieder an Sie und Sam denken.«
»Danke. Und Sie sind nach Memphis gekommen, um mir Glück zu wünschen?«
»Nicht nur. Nachdem Sie abgefahren waren, habe ich mich noch einmal eingehend mit Sam und dem Kramer-Attentat beschäftigt. Ich habe in meine Personalakte und andere Unterlagen geschaut - Dinge, an die ich seit Jahren nicht mehr gedacht hatte. Das hat eine Menge Erinnerungen wachgerufen. Ich habe mit einigen meiner alten Kumpane telefoniert, und wir haben uns gegenseitig von unseren Heldentaten im Kampf gegen den Klan erzählt. Ja, das waren noch Zeiten.«
»Schade, daß ich nicht dabei war.«
»Jedenfalls sind mir ein paar Dinge wieder eingefallen, die ich Ihnen vielleicht hätte erzählen sollen.«
»Zum Beispiel?«
»Da steckt noch mehr hinter der Dogan-Geschichte. Sie wissen, daß er ein Jahr nach seiner Aussage vor Gericht gestorben ist?«
»Sam hat es mir erzählt.«
»Er und seine Frau kamen ums Leben, als ihr Haus in die Luft flog. Irgendein Propangasleck im Heizkessel. Das Haus füllte sich mit Gas, und irgend etwas entzündete es. Es ging hoch wie eine Bombe, ein riesiger Feuerball. Sie wurden in Sandwichtüten begraben.«
»Traurig, aber was soll's?«
»Wir haben nie geglaubt, daß es ein Unfall gewesen ist. Im Polizeilabor haben sie versucht, den Heizkessel zu rekonstruieren. Er war zum größten Teil zerstört, aber dem Bericht zufolge war er manipuliert worden. Das Leck war also Absicht.«
»Was hat das mit Sam zu tun?«
»Es hat nichts mit Sam zu tun.«
»Weshalb erzählen Sie es mir dann?«
»Sie könnten damit zu tun bekommen.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Dogan hatte einen Sohn, der 1979 in die Armee eintrat und nach Deutschland geschickt wurde. Im Sommer 1980 wurden Dogan und Sam in Greenville abermals angeklagt, und kurz darauf wurde allgemein bekannt, daß Dogan sich bereit erklärt hatte, gegen Sam auszusagen. Es war eine große Story. Im Oktober 1980 hat sich Dogans Sohn in Deutschland ohne Erlaubnis von der Truppe entfernt und ist verschwunden.« Er zermalmte ein paar Erdnüsse und warf die Schalen den Tauben zu. »Er ist nie gefunden worden. Die Armee hat überall nach ihm gesucht. Monate vergingen. Dann ein Jahr. Dogan hat nie erfahren, was mit dem Jungen passiert war.«
»Was ist mit ihm passiert?«
»Ich weiß es nicht. Er ist bis heute nicht wieder aufgetaucht.«
»Wurde er umgebracht?«
»Vermutlich.«
»Und wer hat ihn umgebracht?«
»Vielleicht dieselbe Person, die auch seine Eltern umbrachte.«
»Und wer könnte das gewesen sein?«
»Wir hatten eine Theorie, aber keinen Verdächtigen. Wir glaubten damals, daß der Sohn vor dem Prozeß entführt wurde, als Warnung für Dogan. Vielleicht wußte Dogan etwas, das geheim bleiben sollte.«
»Und weshalb wurde Dogan nach dem Prozeß umgebracht?«
Sie blieben im Schatten eines Baumes stehen und setzten sich auf eine Bank vor dem Gerichtsgebäude. Adam nahm nun doch ein paar Erdnüsse.
»Wer kannte die Einzelheiten der Bombenattentate?« fragte Lettner. »Sämtliche Einzelheiten?«
»Sam. Jeremiah Dogan.«
»Richtig. Und wer war ihr Anwalt bei den ersten beiden Prozessen?«
»Clovis Brazelton.«
»Kann man voraussetzen daß auch Brazelton die Einzelheiten wußte?«
»Ich denke schon. Er war im Klan aktiv, oder?«
»Oh, ja. Er war ein Kluxer. Das macht drei - Sam, Dogan und Brazelton. Sonst noch jemand?«
Adam dachte einen Moment nach. »Vielleicht der mysteriöse Komplize.«
»Vielleicht. Dogan ist tot. Sam hält den Mund. Und Brazelton ist schon vor vielen Jahren
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