Die Kandidaten
hätte,
hätte ich mit Freuden gedient.«
»Können Sie das beweisen?«, verlangte die Journalistin zu
wissen.
»Nein«, erwiderte Fletcher. »Aber wenn Sie meine Rede im
Rahmen der Erstsemestlerdebatte in Yale lesen, räumt das sicher
all Ihre Zweifel bezüglich meiner Gefühle zu diesem Thema
aus.«
»Wird Ihr Schwiegervater die Fäden ziehen, falls Sie gewählt
werden?«, erkundigte sich ein weiterer Pressevertreter.
Harry sah zu Fletcher hinüber und merkte, dass ihn diese
Frage ärgerte. »Immer mit der Ruhe«, flüsterte er. »Er macht nur
seine Arbeit. Halte dich an die Antwort, auf die wir uns geeinigt
haben.«
»Falls ich das Glück habe, gewählt zu werden«, erklärte
Fletcher, »wäre es dumm von mir, mich des reichen
Erfahrungsschatzes von Senator Gates nicht zu bedienen. Ich
werde erst dann aufhören, ihn zu Rate zu ziehen, wenn ich
denke, dass er mir nichts mehr beibringen kann.«
»Was halten Sie von dem Zusatz, den Kendrick zum
Finanzgesetz einbringen will und der derzeit im Senat diskutiert
wird?« Die Frage kam vom linken Feld und gehörte eindeutig
nicht zu den siebzehn Fragen, auf die sie sich vorbereitet hatten.
»Ist das nicht ein wenig heftig, Robin?«, meinte der Senator.
»Schließlich ist Fletcher …«
»Insofern er die älteren Mitbürger betrifft, ist der
Gesetzeszusatz meiner Meinung nach diskriminierend für alle,
die bereits in Rente sind und ein fixes Einkommen beziehen. Die
meisten von uns werden irgendwann in Rente gehen und das
Einzige, an das ich mich von Konfuzius erinnere, ist der Satz,
dass eine zivilisierte Gesellschaft die jungen Leute erzieht und
sich um die alten Leute kümmert. Falls ich gewählt werde und
349
Senator Kendricks Gesetzeszusatz vor den Senat kommt, werde
ich mich dagegen aussprechen. Schlechte Gesetze können
binnen einer Legislative verabschiedet werden, aber es dauert
Jahre, um sie wieder außer Kraft zu setzen, und ich werde nur
einem Gesetz zustimmen, das meiner Meinung nach realistisch
umgesetzt werden kann.«
Harry lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Nächste Frage«,
rief er.
»In Ihrem Lebenslauf, der offen gesagt ziemlich
beeindruckend ist, Mr Davenport, behaupten Sie, dass Sie bei
Alexander Dupont & Bell gekündigt haben, um diesen
Wahlkampf zu führen.«
»Das stimmt«, erwiderte Fletcher.
»Hat nicht ein Kollege von Ihnen, ein Mr Logan Fitzgerald,
ungefähr zur selben Zeit gekündigt?«
»Ja, das hat er.«
»Gibt es zwischen seiner und Ihrer Kündigung eine
Verbindung?«
»Überhaupt keine«, erklärte Fletcher mit fester Stimme.
»Worauf wollen Sie hinaus?«, hakte Harry nach.
»Es ist ein Anruf in unserem Büro in New York eingegangen
und man bat mich, dem nachzugehen«, erwiderte der Journalist.
»Zweifellos ein anonymer Anruf«, mutmaßte Harry.
»Es steht mir nicht frei, meine Quellen offen zu legen«,
erklärte der Journalist und bemühte sich, nicht breit zu grinsen.
»Für den Fall, dass Ihr Büro in New York Ihnen nicht
mitgeteilt haben sollte, wer dieser Informant ist, kann ich Ihnen
seinen Namen gern nennen, sobald diese Pressekonferenz
vorüber ist«, fauchte Fletcher.
»Tja, ich denke, das wäre alles«, rief Harry, bevor jemand eine
weitere Frage dazu stellen konnte. »Danke, dass Sie kommen
konnten. Auf den wöchentlichen Pressekonferenzen haben Sie
350
regelmäßig Gelegenheit, mit dem Kandidaten zu sprechen – und
das ist mehr, als ich Ihnen je eingeräumt habe.«
»Das war schrecklich«, sagte Fletcher, als sie gemeinsam von
der Bühne gingen. »Ich muss lernen, mich besser zu
beherrschen.«
»Du hast dich wacker geschlagen, mein Junge«, entgegnete
Harry.
»Und wenn ich mit diesen Mistkerlen fertig bin, werden sie
über diesen Vormittag nur in Erinnerung behalten, wie deine
Antwort auf Kendricks Gesetzeszusatz lautete. Offen gesagt, die
Presse ist das Geringste unserer Probleme.« Harry schwieg
unheilvoll. »Die eigentliche Schlacht beginnt, wenn wir
herausfinden, wer der Kandidat der Republikaner ist.«
351
29
»WAS WEISST DU ÜBER SIE?«, wollte Fletcher wissen, als
sie die Straße entlanggingen.
Es gab nicht viel, was Harry nicht über Barbara Hunter wusste,
denn schon in den vergangenen zwei Wahlkämpfen war sie
seine Gegnerin gewesen – und in den dazwischen liegenden
Jahren ein ständiger Stachel in seinem Fleisch.
»Sie ist achtundvierzig, geboren in Hartford, Tochter eines
Farmers. Hat die lokalen Schulen besucht und dann
Weitere Kostenlose Bücher