Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron
Ich kann auf mich aufpassen. Um Sadie und dich mache ich mir größere Sorgen. Wenn deine Vision zutrifft und Apophis’ Kerker jeden Moment aufbrechen wird …? Na ja, ich komme, so schnell ich kann, zurück.«
Darauf fiel mir nicht viel ein. Falls meine Vision stimmte, steckten wir alle richtig in der Klemme.
»Vielleicht hört ihr ein paar Tage nichts von mir«, fuhr sie fort. »Mein Freund sollte hier eintreffen, bevor Sadie und du morgen zu eurer Suche aufbrecht. Er wird dafür sorgen, dass ihr beide am Leben bleibt.«
»Kannst du mir nicht wenigstens seinen Namen verraten?«
Bastet warf mir einen Blick zu, der sowohl amüsiert als auch nervös sein konnte. »Er ist ein bisschen schwer zu beschreiben. Ich überlasse es ihm lieber selbst, sich vorzustellen.«
Mit diesen Worten küsste mich Bastet auf die Stirn. »Pass auf dich auf, mein Kätzchen.«
Das verschlug mir glatt die Sprache. Bastet war für mich immer Sadies Beschützerin gewesen. Ich war bloß so eine Art Anhängsel. In ihrer Stimme lag jedoch so viel Zuneigung, dass ich möglicherweise rot wurde. Sie rannte zum Rand des Daches und sprang in die Tiefe.
Aber ich machte mir keine Sorgen um sie. Sie würde mit ziemlicher Sicherheit auf den Füßen landen.
Da ich für die Auszubildenden den Anschein der Normalität aufrechterhalten wollte, gab ich wie sonst auch meinen Vormittagsunterricht. Ich nannte den Kurs »Einmaleins der magischen Problemlösung«. Die Auszubildenden bezeichneten ihn als »Freistil«.
Ich stellte den Auszubildenden eine Aufgabe. Die Lösungsmethode überließ ich ihnen. Sobald sie es geschafft hatten, konnten sie gehen.
Das hatte vermutlich nicht viel mit einer richtigen Schule zu tun, wo man bis zum Ende bleiben muss, selbst wenn man nur sinnlosen Beschäftigungen nachgeht; aber ich hatte ja nie eine richtige Schule besucht. Während der ganzen Jahre, in denen mich Dad zu Hause unterrichtete, hatte ich nach meinem eigenen Tempo gelernt. Sobald ich meine Aufgaben zur Zufriedenheit meines Vaters gelöst hatte, war der Schultag vorbei. Für mich hatte dieses Prinzip funktioniert und die Auszubildenden schienen es auch zu mögen.
Auch Zia Rashid würde es vermutlich gutheißen. Als Sadie und ich das erste Mal mit Zia übten, hatte sie uns erklärt, dass man Magie nicht in Klassenzimmern und aus Lehrbüchern lernen kann. Man musste einfach rumprobieren. Deshalb gingen wir für das »Einmaleins der magischen Problemlösung« in einen Trainingsraum und jagten Gegenstände in die Luft.
An diesem Tag hatte ich vier Schüler. Die übrigen Auszubildenden erforschten selbstständig ihre Wege der Magie, übten Zaubersprüche oder erledigten unter Aufsicht der Initianden, die alt genug fürs College waren, ihre regulären Hausaufgaben. Während der Abwesenheit unserer erwachsenen Hauptaufsichtsperson Amos hatte Bastet darauf bestanden, dass wir die Grundfächer wie Mathe und Lesen nicht vernachlässigten, auch wenn sie manchmal ihre eigenen Wahlkurse hinzufügte, zum Beispiel »Katzenpflege für Fortgeschrittene« oder »Die Kunst, ein Nickerchen zu machen«. Für den »Nickerchen«-Kurs gab es eine Warteliste.
Der Trainingsraum nahm den größten Teil des zweiten Stockwerks ein und war ungefähr so groß wie ein Basketballplatz, wozu wir ihn abends auch benutzten. Der Boden war aus Hartholz, rings an den Wänden standen Götterstatuen und die Gewölbedecke war mit Bildern bemalt, die alte Ägypter in ihrem üblichen Seitwärtsgang darstellten. An den Stirnseiten hatten wir in drei Metern Höhe falkenköpfige Statuen von Re angebracht und ihre Sonnenscheibenkronen ausgehöhlt, sodass sie sich als Basketballkörbe nutzen ließen. Das war vielleicht Gotteslästerung – aber hallo, wenn Re keinen Sinn für Humor hatte, war das sein Problem.
Walt wartete gemeinsam mit Julian, Felix und Alyssa auf mich. Eigentlich kam auch Jaz fast immer zu diesen Stunden, doch sie lag nach wie vor im Koma … ein Problem, für das keiner von uns eine Lösung hatte.
Ich versuchte, mein zuversichtliches Lehrergesicht aufzusetzen. »Okay, Leute. Heute probieren wir ein paar Kampfsimulationen aus. Wir fangen mit etwas Einfachem an.«
Ich holte vier Uschebti-Statuetten aus meiner Tasche und platzierte sie in unterschiedlichen Ecken des Raums. Vor jede der Statuetten stellte ich einen der Auszubildenden. Dann gab ich einen Befehl. Die vier Figuren wuchsen zu lebensgroßen ägyptischen Kriegern mit Schwertern und Schilden heran. Sie sahen nicht
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