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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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Kavallerieunteroffizier, dem er begegnet,« sagte der Korporal, »steckt es ein und jagt es durch die Gurgel. Und wer weiß, vielleicht wirbt man ihn gar für den Feind an, denn überall lauern Verräter. Irgendwer befiehlt ihm, zu folgen, und er folgt ihm. Das beste wärs, er träte bei unserm Regiment ein.«
    »Nein, nein, das gefälligst nicht, Herr Korporal!« rief Fabrizzio lebhaft. »Reiten ist bequemer! Und übrigens verstehe ich das Gewehrladen wirklich nicht, aber wie Sie sehen, kann ich mit einem Gaul umgehen.«
    Auf diese kleine Auseinandersetzung war Fabrizzio sehr stolz. Die lange Verhandlung über sein weiteres Schicksal, die zwischen dem Korporal und der Marketenderin stattfand, wollen wir übergehen. Fabrizzio hörte, daß die beiden sich alle Einzelheiten seiner Erlebnisse drei- oder viermal wiederholten: den Verdacht der Soldaten, die Geschichte mit dem Kerkermeister, der ihm ein Soldbuch und eine Uniform verkauft hatte, die Art und Weise, wie er sich tags zuvor dem Stabe des Marschalls angeschlossen, wie er den Kaiser hatte vorbeigaloppieren sehen, wie man ihn um sein Pferd gebracht hatte, und so weiter.
    Mit weiblicher Neugier kam die Marketenderin immer wieder darauf zurück, wie man ihm das schöne Pferd abgenommen hatte, das sie ihm hatte kaufen helfen: »Du merktest, wie man dich an den Beinen packte, dich sacht über die Kruppe des Pferdes herunterzog und dich auf den Boden setzte ...«
    ›Wozu so oft wiederholen,‹ sagte Fabrizzio bei sich, ›was wir alle drei längst wissen ?‹
    Er wußte noch nicht, daß die kleinen Leute in Frankreich sich auf diese Weise auf Gedanken bringen.
    »Wieviel Geld hast du?« fragte ihn die Marketenderin plötzlich. Fabrizzio antwortete ihr ohne Verzug. Er war der anständigen Gesinnung dieser Frau sicher; das ist eine schöne Seite an den Franzosen.
    »Alles in allem muß ich noch dreißig Napoleons in Gold und acht bis zehn Fünffrankenstücke haben.«
    »Dann hast du gewonnenes Spiel!« rief die Marketenderin. »Mache dich fort von dieser geschlagenen Armee, drücke dich beiseite und nimm den ersten besten reitbaren Weg rechts ab. Gib deinem Gaul die Zinken und suche immer mehr vom Heer abzukommen. Bei der erstenGelegenheit kaufst du dir Zivil. Wenn du acht bis zehn Meilen Vorsprung hast und keine Soldaten mehr siehst, setzt du dich in die Post. In irgendeiner netten Stadt erholst du dich acht Tage lang und ißt ordentlich Beefsteaks. Erzähle keinem Menschen, daß du bei der Armee gewesen bist. Die Gendarmen könnten dich als Fahnenflüchtigen festnehmen, denn so gescheit du sein magst, Kleiner, um einem Gendarmen Rede zu stehen, bist du nicht gerissen genug. Sobald du Zivilkleider auf dem Buckel hast, zerfetzt du dein Soldbuch in tausend Stücke und nimmst deinen wirklichen Namen wieder an. Hießest du nicht Vasi? Und«, fragte sie den Korporal, »was soll er sagen, woher er käme?«
    »Von Cambrai an der Schelde. Das ist eine nette kleine Stadt, weißt du, von wegen der Kathedrale und Fénelon.« [François de Fénelon(1651-1715), Erzbischof von Cambrai. Er liegt unter seinem Marmordenkmal in der Kathedrale begraben.]
    »Ganz recht!« sagte die Marketenderin. »Sage keinem Menschen, daß du in der Schlacht gewesen bist. Erwähne kein Sterbenswörtchen, weder von B. noch vom Kerkermeister, der dir das Soldbuch verkauft hat. Wenn du nach Paris willst, so gehe erst nach Versailles und bummle von dort über die Stadtgrenze; geh zu Fuß wie ein Spaziergänger. Deine Napoleons nähst du dir in die Hose ein, und wenn du irgend etwas zu bezahlen hast, so zeige nie mehr Geld, als gerade nötig ist. Ich habe eine Mordsangst, daß man dich begaunert und dir alles wegstibitzt, was du hast. Und was sollte dann ohne Geld aus dir werden, wo du dich so gar nicht zurechtzufinden verstehst?«
    Die gutmütige Marketenderin redete noch lange weiter; der Korporal unterstützte ihre Ratschläge durch Kopfnicken, da er nicht zu Worte kommen konnte. Mit einem Male verdoppelte die Menschenmasse, die auf der großen Straße hinflutete, ihre Marschgeschwindigkeit. Einen Augenblick später sprang alles über den Straßengraben zur Linken und rannte in wilder Flucht davon.
    »Die Kosaken! Die Kosaken!« schrie es von allen Seiten.
    »Nimm dein Pferd wieder!« rief die Marketenderin. »Gottbewahre!« sagte Fabrizzio. »Fliehen Sie! Galoppieren Sie davon! Ich gebe es ihnen! Wollen Sie Geld, damit Sie sich wieder einen kleinen Wagen kaufen können? Die Hälfte von dem, was ich habe,

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