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Die Katastrophe

Die Katastrophe

Titel: Die Katastrophe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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Mutter.

    Katie ließ sich dicht neben Ana zu Boden fallen und umschlang sie mit ihren Armen. So saß sie an die Eiswand gelehnt und nur eine Frage kreiste in ihrem Kopf.
    Wie sollte sie Ana aus der Gletscherspalte bringen?
    Denk nach, Katie.
    Denk einfach nach!
    Dir wird etwas einfallen. Das hier ist völlig anders als bei Sebastien. Damals hättest du Hilfe holen können. Aber jetzt bist du auf dich angewiesen.
    Und du bist nicht allein. Da oben sind David und Paul.
    Paul. Sie hatte sich in ihm getäuscht. Wie sehr sie sich in ihm getäuscht hatte!
    Der Tonfall seiner Stimme ging ihr nicht aus dem Sinn, als er ihr den Grund genannt hatte, weswegen er zum Mörder geworden war.
    Und es war ein Grund, den sie verstehen konnte, sosehr er sie auch erschreckte.
    Ihr Misstrauen ihm gegenüber hatte merklich abgenommen. Ja, ihr wurde in diesem Augenblick bewusst, dass sie drauf und dran war, Paul ihr Vertrauen zu schenken.
    Ganz im Gegensatz zu Chris, Benjamin und – Julia.
    Katie starrte nach oben, wo das Ende des Seils in fünf Meter Höhe noch immer hin und her schwang.
    Okay, zurück zu Plan B.
    Die Spalte selbst war nicht so eng, wie sie ursprünglich vermutet hatte. Es war eher ein langer Gang von zwei bis drei Metern Durchmesser, sie hatte also genügend Platz, sich eine geeignete Stelle zu suchen, an der sie zum Seil hochklettern konnte. Aber Ana nicht.
    Ein Schatten erschien über ihr am Rand der Gletscherspalte.
    Paul oder David? Sie konnte es nicht erkennen.
    Die Zeit, die Zeit lief ihr davon. Ihr musste etwas einfallen.
    Es kam Katie selbst absurd vor, doch etwas in ihr schien zu wissen, dass sie hier herauskommen würde.
    Und während ihr dieser Gedanke noch durch den Kopf ging, fiel ihr am linken Blickfeldrand ein brauner Fleck auf, etwas hinter der Eisrinne, an der sie nach unten gestiegen war. Was immer es war, es passte nicht in die Umgebung. Ein Fremdkörper in dieser Gletscherhöhle.
    Gletscherhöhle.
    Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass der Raum hier unten nach links weiterging. Drangen die Stimmen wirklich von oben zu ihr herunter? Oder kam der Klang eher von der Seite?
    Sie warf einen Blick auf Ana und sah mit wachsender Zuversicht, wie ein Hauch von Rot ihre Wangen färbte. Ihre Finger waren noch immer eiskalt, aber Katies Maßnahmen schienen etwas geholfen zu haben.
    Ihr Blick schweifte zurück zu dem Fleck.
    Katie erhob sich halb und kroch nach links der Dunkelheit entgegen.
    Der Fleck wurde größer und nahm am rechten Rand eine hellere Färbung an. Irgendetwas stimmte hier nicht. Das war nicht die helle leuchtende Farbe von Schnee oder Eis, sondern die Farbe wirkte matt und erinnerte sie an Marmor.
    Sie ging noch näher heran und traute ihren Augen nicht.
    Denn was sie sah, war ein Schuh und darin steckte ein Fuß.

    Es dauerte eine Weile, bis Katie begriff. Noch fühlte sie sich nicht in der Lage, einen Unterschied zwischen dieser absurden Realität und einem grauenvollen Albtraum zu erkennen. Doch als sie endlich den Mut fand, sich ganz nach vorne zu beugen, wurde im Licht der Stirnlampe ihre Ahnung zur Gewissheit.
    Schwere braune Schuhe mit Steigeisen. Dasselbe Uraltmodell der Steigeisen, die sie vor Monaten am Grunde des Lake Mirror entdeckt hatte.
    Stoff.
    Eine Hose, die einst vielleicht blau gewesen war. Und wenige Meter oberhalb des Kopfes ein orangefarbener Rucksack.
    Katie kroch noch ein Stück nach vorne, um die Leiche näher in Augenschein zu nehmen.
    Katie hörte von oben wieder jemand rufen. Paul? David?
    Es spielte keine Rolle. Zum ersten Mal in ihrem Leben stand sie einer Leiche gegenüber. Einem toten Menschen, von dem es schien, als schliefe er hier unten im Eis. Sie musste ihn nur berühren und er würde zum Leben erwachen.
    Sowohl am Rucksack wie an der Kleidung war zu erkennen, dass es sich nicht um die Leiche eines Bergsteigers aus jüngerer Zeit handeln konnte. Ein Gedanke begann, sich zu formen, aber in diesem Moment hörte sie Ana wieder stöhnen.
    Sie kroch zurück und nahm ihre rechte Hand in ihre.
    »Ana, ich bin bei dir.«
    Das Mädchen murmelte etwas, das Katie nicht verstehen konnte.
    »Geht es lauter, Ana?«
    »Mein... Bein... gebrochen.«
    Und dann wieder von oben: »Katie? Was ist los? Verdammt, antworte doch!«
    Sie formte ihre Hände zu einem Trichter. »Ana hat ihr Bein gebrochen«, brüllte sie zurück. »Aber sie ist ansprechbar.«
    Sie kroch wieder zurück.
    Der Tote dort in der Eishöhle.
    Er lag auf dem Rücken oder besser seltsam zur Seite gekippt, das

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