Die Kathedrale des Meeres
nickten beifällig. Die Cortes waren für die Politik Kataloniens zuständig und konnten entscheiden, ob man einen Krieg beginnen sollte oder nicht. Es wäre also nicht der König, der seinem Vasallen die Hilfe versagte, sondern die Cortes von Katalonien. »Und kommt er nicht«, fuhr Pedro fort, »ist das eine Aufkündigung der Gefolgschaft, und in diesem Falle sind Wir nicht verpflichtet, ihm beizustehen und Uns seinetwegen in einen Krieg gegen den König von Frankreich zu begeben.«
Barcelona, 1341
Adlige, Vertreter der Kirche und Abgesandte der freien Städte des Prinzipats, die drei Gewalten der Cortes, hatten sich in der gräflichen Stadt versammelt. In den Straßen herrschte ein einziges buntes Treiben. Man sah Seide aus Almería, der Berberei, Alexandria und Damaskus, Wolle aus England oder Brüssel, Flandern und Mecheln und prächtige Kleider aus schwarzem Bisso-Leinen, verziert mit herrlichen Gold- oder Silberstickereien.
Jaime von Mallorca indes war noch nicht in der Hauptstadt des Prinzipats eingetroffen. Nachdem der Stadtrichter sie über die Lage in Kenntnis gesetzt hatte, hatten sich Hafenschiffer, Bastaixos und alle anderen Hafenarbeiter seit Tagen auf den Fall vorbereitet, dass sich der König von Mallorca entschloss, zu den Cortes zu erscheinen. Der Hafen von Barcelona war nicht für die Ankunft hoher Persönlichkeiten ausgelegt. Diese konnten schließlich nicht mit einem Satz von den kleinen Lastkähnen an Land springen, wie es die Händler taten, damit ihre Kleider nicht nass wurden. Wenn eine hohe Persönlichkeit in Barcelona eintraf, vertäuten die Hafenschiffer ihre Boote in einer Reihe aneinander, die vom Ufer bis ins Meer führte, und errichteten darauf eine schwimmende Brücke, damit Könige und Fürsten den Strand von Barcelona so würdevoll betreten konnten, wie es ihnen geziemte.
Die Bastaixos, unter ihnen auch Arnau, trugen die Bohlen ans Ufer, die zum Bau der Brücke benötigt wurden, und wie viele andere Bürger und auch Adlige aus den Cortes blickten sie zum Horizont, um nach den Galeeren des Herrn von Mallorca Ausschau zu halten. Alle Gespräche drehten sich um die Cortes, die in Barcelona stattfanden; das Ersuchen des Königs von Mallorca und die Strategie König Pedros hatten sich bereits in Barcelona herumgesprochen.
»Wenn die ganze Stadt darüber Bescheid weiß, was König Pedro vorhat«, bemerkte Arnau eines Tages zu Pater Albert, während er die Kerzen in der Sakramentskapelle putzte, »ist davon auszugehen, dass auch König Jaime davon weiß. Wozu also warten wir auf ihn?«
»Deshalb wird er auch nicht erscheinen«, antwortete der Priester, während er in seiner Beschäftigung fortfuhr.
»Und dann?«
Arnau sah den Geistlichen an, der nun innehielt und ein sorgenvolles Gesicht machte.
»Ich befürchte sehr, Katalonien wird Krieg mit Mallorca anfangen.«
»Noch ein Krieg?«
»Ja. Bekanntlich ist es König Pedros Bestreben, die alten katalanischen Reiche wieder zu vereinigen, die Jaime I. der Eroberer, einst unter seinen Erben aufteilte. Seither haben die Könige von Mallorca die Katalanen stets verraten. Vor fünfzig Jahren erst musste Pedro der Große die Franzosen und Mallorquiner in der Schlucht von Panissars schlagen. Danach eroberte er Mallorca, das Roussillon und Sardinien, doch auf Druck des Papstes musste er diese an Jaime II. zurückgeben.« Der Priester sah Arnau an. »Es wird Krieg geben, Arnau. Ich weiß nicht, wann und aus welchem Anlass, aber es wird Krieg geben.«
Jaime von Mallorca erschien nicht zu den Cortes. Der König setzte ihm eine weitere Frist von drei Tagen, doch auch diese Zeit verstrich, ohne dass seine Galeeren im Hafen von Barcelona auftauchten.
»Jetzt hast du den Anlass«, sagte Pater Albert zu Arnau. »Ich weiß immer noch nicht, wann, aber der Vorwand steht bereits fest.«
Nach dem Ende der Cortes befahl Pedro III. einen Prozess wegen Ungehorsams gegen seinen Vasallen anzustrengen. Des Weiteren beschuldigte er ihn, in den Grafschaften Roussillon und Sardinien katalanische Münzen zu prägen, obwohl lediglich Barcelona das königliche Münzprägerecht besaß.
Jaime von Mallorca rührte sich immer noch nicht, doch in dem Prozess, den der Stadtrichter von Barcelona, Arnau d'Erill, leitete, wurde der Herr von Mallorca in Abwesenheit nun auch noch des Aufruhrs beklagt. Dieser begann nervös zu werden, als seine Ratgeber ihm mitteilten, was die Folge davon sein konnte: der Verlust seiner Königreiche und Grafschaften. Daraufhin erbat
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