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Die Kathedrale des Meeres

Titel: Die Kathedrale des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falcones Ildefonso
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zufrieden mit seinen Leistungen, begann dieser ihm einen Lohn zu zahlen. Mit achtzehn Jahren löste Grau sein Versprechen ein und heiratete Guiamona.
    »Junge«, hatte sein Vater damals zu Bernat gesagt, »ich habe beschlossen, Guiamona noch einmal eine Mitgift zu geben. Wir sind nur zu zweit und haben das beste, größte und fruchtbarste Land in der ganzen Gegend. Sie können das Geld gut gebrauchen.«
    »Aber Vater«, war ihm Bernat ins Wort gefallen, »weshalb rechtfertigt Ihr Euch?«
    »Weil deine Schwester ihre Mitgift schon bekommen hat und du mein Erbe bist. Es ist dein Geld.«
    »Tut das, was Ihr für richtig haltet.«
    Vier Jahre später, mit zweiundzwanzig, stellte sich Grau der öffentlichen Prüfung, die von den vier Zunftmeistern abgenommen wurde. Unter den aufmerksamen Blicken der Männer fertigte er seine ersten eigenen Stücke an, einen Krug, zwei Teller und eine Schüssel, und wurde von ihnen zum Meister ernannt. Dies ermöglichte es ihm, eine eigene Werkstatt in Barcelona zu eröffnen und natürlich das Meisterzeichen zu verwenden, das für eventuelle Reklamationen in jede Keramik geprägt werden musste, die seine Werkstatt verließ. Grau wählte in Anlehnung an seinen Nachnamen einen stilisierten Berg.
    Grau und Guiamona, die ein Kind erwartete, bezogen ein kleines eingeschossiges Häuschen im Töpferviertel, das auf königliche Anordnung im äußersten Westen der Stadt lag, zwischen der von König Jaime I. errichteten Stadtmauer und dem alten Festungsring der Stadt. Sie kauften das Haus von Guiamonas Mitgift, die sie für einen solchen Zweck zurückgelegt hatten.
    In diesem Haus, in dem sich die Werkstatt im Wohnraum befand und der Brennofen in der Schlafkammer stand, begann Grau zu einem Zeitpunkt mit seinem Gewerbe, als sich der Handel in Katalonien im Aufschwung befand. Von den Handwerkern wurde verlangt, sich zu spezialisieren, was viele von ihnen, die in der Tradition verhaftet waren, verweigerten.
    »Wir werden Krüge und Karaffen machen«, beschloss Grau, »nur Krüge und Karaffen.«
    Guiamona betrachtete die vier Meisterstücke, die ihr Mann angefertigt hatte.
    »Ich habe viele Händler gesehen«, fuhr ihr Mann fort, »die förmlich um Karaffen für Öl, Honig oder Wein bettelten, und Töpfermeister, die sie ohne Umschweife wieder wegschickten, weil sie ihre Öfen brauchten, um komplizierte Kacheln für ein neues Haus zu brennen, bunt glasierte Teller für das Tafelgeschirr eines Adligen oder Tiegel für einen Apotheker.«
    Guiamona fuhr mit den Fingern über die Meisterstücke. Wie glatt sie waren! Als Grau sie ihr in seinem Glück nach seiner Prüfung geschenkt hatte, hatte sie geglaubt, dass sie stets von solchen Dingen umgeben sein würde. Sogar die Zunftmeister hatten ihm gratuliert. Mit diesen vier Stücken hatte Grau allen Töpfermeistern gezeigt, dass er sein Handwerk beherrschte. Der Krug, die beiden Teller und die Schüssel waren mit Zickzacklinien, Palmblättern, Rosetten und Lilien verziert und vereinten auf einer vorab aufgetragenen weißen Grundierung alle Farben auf sich: das für Barcelona so typische Kupfergrün, das auf keinem Meisterstück der gräflichen Stadt fehlen durfte, Manganrot, Eisenschwarz, Kobaltblau und Antimonatgelb. Jede Linie und jede Verzierung war in einer anderen Farbe gehalten. Guiamona hatte es kaum abwarten können, bis die Stücke gebrannt waren, aus Angst, sie könnten im Ofen zerspringen. Zum Schluss hatte Grau eine Bleiglasur aufgetragen, die sie vollständig versiegelte. Guiamona spürte erneut die glatte Oberfläche unter ihren Fingerkuppen. Und nun wollte er nur noch Krüge anfertigen.
    Grau trat zu seiner Frau.
    »Mach dir keine Sorgen«, beruhigte er sie, »für dich werde ich weiterhin solche Sachen machen.«
    Grau war erfolgreich. Er füllte den Brennofen seiner kleinen Werkstatt mit Krügen und Karaffen, und bald wussten die Händler, dass sie bei Grau Puig jederzeit alles bekamen, was sie brauchten. Niemand musste mehr bei überheblichen Töpfermeistern betteln.
    Und so unterschied sich das Haus, vor dem Bernat nun stand, während der kleine Arnau wach geworden war und nach seinem Essen verlangte, ganz erheblich von jener ersten Werkstatt. Soweit Bernat mit seinem linken Auge erkennen konnte, handelte es sich um ein großes, zweistöckiges Gebäude. Im Erdgeschoss, das zur Straße hin offen war, befand sich die Töpferei. In den beiden darüberliegenden Stockwerken wohnte der Meister mit seiner Familie. Neben dem Haus gab es ein

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