Die Kathedrale des Meeres
Linken roch, drehte sie sich um. Der Bäcker sah sie misstrauisch an, und Aledis erinnerte sich wieder daran, wie sie aussah. Sie hatte keinen einzigen Sueldo dabei. Sie schluckte die Spucke herunter, die ihr im Munde zusammengelaufen war, und ging davon, wobei sie sich bemühte, dem Blick des Bäckers auszuweichen.
Fünfundzwanzig Jahre. Fünfundzwanzig Jahre war es her, seit sie zuletzt durch diese Straßen gelaufen, die Menschen beobachtet und die Gerüche der gräflichen Stadt eingesogen hatte. Ob es die Armenspeisung noch gab? An diesem Morgen hatten sie nichts zu essen bekommen in der Burg und ihr knurrender Magen erinnerte sie daran. Sie ging zurück bis zur Kathedrale, am Bischofspalast vorbei. Wieder lief ihr das Wasser im Mund zusammen, als sie sich der Schar der Bedürftigen näherte, die sich vor der Tür des Almosenhauses drängte. Wie oft war sie in ihrer Jugend hier vorbeigekommen und hatte Mitleid mit diesen hungrigen Menschen empfunden, die auf der Suche nach öffentlicher Mildtätigkeit gezwungen waren, sich vor den Bürgern zur Schau zu stellen?
Aledis gesellte sich zu ihnen. Sie senkte den Kopf, damit ihr die Haare ins Gesicht fielen, und rückte schlurfend mit der Reihe vorwärts bis dorthin, wo das Essen ausgegeben wurde. Sie verbarg ihr Gesicht noch mehr, als sie schließlich vor dem Novizen stand und die Hände ausstreckte. Warum musste sie um Almosen betteln? Sie besaß ein schönes Haus und hatte genug Geld gespart, um ein sorgenfreies Leben zu führen. Die Männer begehrten sie nach wie vor … Es gab trockenes Brot aus Bohnenmehl, Wein und eine Schüssel Suppe. Sie aß mit derselben Gier wie die übrigen Armen um sie herum.
Als sie aufgegessen hatte, blickte sie zum ersten Mal auf. Sie war umgeben von Bettlern, Krüppeln und Greisen, die ihr Essen hinunterschlangen, ohne ihre Gefährten im Unglück aus den Augen zu lassen, den Brotkanten und die Schüssel fest umklammernd. Was war der Grund dafür, dass sie nun hier war? Warum wurde Francesca im Bischofspalast festgehalten? Aledis stand auf. Eine blonde Frau in einem leuchtend roten Kleid, die auf dem Weg zur Kathedrale war, weckte ihre Aufmerksamkeit. Eine Adlige ohne Begleitung? Aber wenn sie keine Adlige war, konnte sie mit diesem Kleid nur eine … Da erkannte sie sie. Es war Teresa! Aledis lief zu dem Mädchen.
»Wir haben uns vor der Burg abgewechselt, um herauszufinden, was mit euch los war«, erzählte Teresa, nachdem sie sich umarmt hatten. »Es war ein Leichtes für uns, die Wache am Tor davon zu überzeugen, uns auf dem Laufenden zu halten.« Das Mädchen zwinkerte Aledis mit ihren schönen grünen Augen zu. »Als man euch abführte und die Soldaten uns erzählten, dass ihr nach Barcelona gebracht würdet, mussten wir erst einen Weg finden, um hierherzukommen. Deshalb hat es so lange gedauert. Wo ist Francesca?«
»Im Bischofspalast gefangen.«
»Weshalb?«
Aledis zuckte mit den Schultern. Als man sie getrennt hatte und ihr befahl zu gehen, hatte sie bei den Soldaten und Priestern den Grund zu erfahren versucht. »In den Kerker mit der Alten«, hatte sie gehört. Doch niemand hatte ihr geantwortet. Stattdessen hatte man sie immer wieder beiseitegestoßen. In ihrer Hartnäckigkeit, die Gründe für Francescas Verhaftung zu erfahren, hatte sie einen jungen Mönch an der Kutte gepackt, und dieser rief nach der Wache, die sie schließlich auf die Straße warf und als Hexe beschimpfte.
»Wer von euch ist alles mitgekommen?«
»Nur Eulàlia und ich.«
Ein leuchtend grünes Kleid kam auf sie zugerannt.
»Habt ihr Geld dabei?«
»Natürlich.«
»Und Francesca?«, fragte Eulàlia, als sie vor Aledis stand.
»Verhaftet«, erklärte diese noch einmal. Eulàlia wollte weitere Fragen stellen, doch Aledis kam ihr zuvor. »Ich weiß nicht, warum.« Aledis sah die beiden an. Gab es etwas, was diese Mädchen nicht herausbekommen konnten? »Ich weiß nicht, warum sie verhaftet wurde, aber wir werden es herausfinden. Oder, Mädchen?«
Die Antwort der beiden bestand in einem verschwörerischen Lächeln.
Joan schleifte den verschmutzten Saum seines schwarzen Habits durch ganz Barcelona. Sein Bruder hatte ihn gebeten, Mar aufzusuchen. Wie sollte er ihr unter die Augen treten? Er hatte versucht, einen Pakt mit Eimeric zu schließen. Doch stattdessen war er auf seine Schliche hereingefallen wie einer dieser tumben Dörfler, denen er selbst so oft den Prozess gemacht hatte, und hatte ihm die besten Indizien für Arnaus Schuld an die
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