Die Kathedrale des Meeres
kleinen Bucht darauf, dass der Inquisitor ihn zu einer milden Strafe verurteilte. Christen! Wenigstens hatte er Mar an seiner Seite … sein kleines Mädchen. Guillem war nicht überrascht gewesen, als der Kapitän der Felucke, nachdem er Mar und Arnau abgesetzt hatte, im Handelshof erschienen war und ihm erklärt hatte, was geschehen war. So war sie, sein kleines Mädchen!
»Viel Glück, mein Schatz«, hatte er gemurmelt.
»Was sagtet Ihr?«
»Nichts, nichts. Ihr habt richtig gehandelt. Verlasst nun den Hafen und kommt in einigen Tagen wieder.«
Am ersten Tag hörte er nichts von Eimeric. Am zweiten streifte er erneut durch Barcelona. Er konnte nicht länger im Handelshof herumsitzen und warten. Er ließ einen Diener dort zurück mit dem Auftrag, ihn in der ganzen Stadt zu suchen, falls jemand nach ihm fragte.
Die Viertel der Händler waren völlig unverändert. Man konnte mit geschlossenen Augen durch Barcelona laufen, nur geleitet von dem charakteristischen Geruch jedes einzelnen Viertels. Die Kathedrale war noch unvollendet, ebenso Santa María del Mar und Santa María del Pi, aber der Bau an der Kirche der Madonna des Meeres war wesentlich weiter vorangeschritten als die beiden anderen. Auch an den Kirchen Santa Clara und Santa Anna wurde gearbeitet. Guillem blieb vor jedem der Gotteshäuser stehen, um den Zimmerleuten und Maurern bei der Arbeit zuzusehen. Und die Mauer zum Meer hin? Der Hafen? Sie waren schon seltsam, diese Christen.
»Im Handelshof sucht man nach Euch«, teilte ihm am dritten Tag keuchend ein Diener mit.
»Habe ich dich, Nicolau?«, murmelte Guillem, während er zum Handelshof zurückeilte.
Nicolau Eimeric unterzeichnete das Urteil in Gegenwart von Guillem, der vor dem Schreibtisch stand. Dann siegelte er es und überreichte es schweigend dem Mauren.
Guillem nahm das Dokument entgegen und begann sofort, es zu lesen.
»Ganz am Ende«, drängte ihn der Inquisitor.
Guillem sah Nicolau über das Schriftstück hinweg an und vertiefte sich dann wieder in die Ausführungen des Inquisitors. Jaume de Bellera und Genis Puig hatten also ihre Aussagen zurückgezogen. Wie hatte Nicolau das geschafft? Margarida Puigs Aussage wurde von Nicolau in Zweifel gezogen, nachdem das Tribunal Kenntnis darüber erlangt hatte, dass ihre Familie durch Geschäfte mit Arnau ruiniert worden war. Und Elionors Aussage … Sie hatte es an jenem Gehorsam mangeln lassen, den jede Frau ihrem Mann schuldig war!
Außerdem behauptete Elionor, der Angeklagte habe vor aller Augen eine Jüdin umarmt, mit der er, so vermutete sie, ein Verhältnis habe. Als Zeugen dieses Vorgangs benannte sie Nicolau selbst sowie Bischof Berenguer d'Erill. Guillem sah Nicolau erneut über die Urteilsschrift hinweg an. Der Inquisitor erwiderte seinen Blick. Es entspreche nicht der Wahrheit, schrieb Nicolau, dass der Beklagte zu dem von Doña Elionor bezeichneten Zeitpunkt eine Jüdin umarmt habe. Weder er noch Berenguer d'Erill, der das Urteil ebenfalls unterzeichnet hatte – Guillem blätterte auf die letzte Seite, um die Unterschrift und das Siegel des Bischofs zu betrachten –, konnten diese Aussage bestätigen. Der Rauch, das Feuer, der Lärm, die Erregung – jeder dieser Umstände, so Nicolau weiter, hätte dazu führen können, eine Frau, die von Natur aus schwach war, dergleichen glauben zu machen. Da die Beschuldigung Doña Elionors bezüglich einer Beziehung Arnaus zu einer Jüdin offenkundig falsch sei, könne auch der übrigen Aussage wenig Glauben geschenkt werden.
Guillem lächelte.
Wofür der Angeklagte unzweifelhaft belangt werden könne, seien lediglich jene Aussagen, die von den Pfarrern von Santa María del Mar bezeugt worden seien. Der Beschuldigte habe die blasphemischen Äußerungen zugegeben, diese jedoch vor dem Tribunal bereut, und Reue sei schließlich das höchste Ziel jeden Inquisitionsprozesses. Deshalb laute die Strafe für Arnau Estanyol: Verlust sämtlichen Besitzes sowie die Verpflichtung, ein Jahr lang jeden Sonntag im Büßergewand der Verurteilten vor der Kirche Santa María Buße zu tun.
Guillem übersprang die rechtlichen Formeln und betrachtete die Unterschriften und Siegel des Inquisitors und des Bischofs. Er hatte es geschafft!
Er rollte das Urteil zusammen und suchte in seinen Taschen nach Abraham Levis Verzichtserklärung, um sie Nicolau zu überreichen. Guillem sah schweigend zu, wie der Inquisitor das Schreiben las, das Arnaus Ruin bedeutete, zugleich aber auch seine Freiheit und sein
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