Die Kathedrale des Meeres
beiden Männern und umarmte sie.
»Ich bin nicht mehr dein kleines Mädchen«, erklärte sie mit einem verschmitzten Lächeln.
»Das wirst du immer sein«, beteuerte Guillem.
»Ja, das wirst du immer sein«, bestätigte auch Arnau.
Eng umschlungen begaben sich die drei zu den Resten des Lagerfeuers vom Abend zuvor.
»Du bist frei, Arnau«, teilte ihm Guillem mit, nachdem er Platz genommen hatte. Er hielt ihm das Urteil hin.
»Sag mir, was drinsteht«, bat ihn Arnau, ohne das Schriftstück an sich zu nehmen.
»Darin steht, dass dein Besitz konfisziert wird …« Guillem sah Arnau an, konnte jedoch keine Regung erkennen. »Und dass du ein Jahr lang jeden Sonntag vor der Kirche Santa María öffentlich Buße tun musst. Darüber hinaus lässt dich die Inquisition unbehelligt.«
Arnau sah sich barfüßig und im knöchellangen Büßergewand mit den zwei aufgemalten Kreuzen vor dem Portal seiner Kirche stehen.
»Ich hätte wissen müssen, dass es dir gelingen würde, als ich dich im Gerichtssaal sah. Aber ich befand mich nicht in der Verfassung …«
»Arnau«, unterbrach ihn Guillem, »hast du gehört, was ich gesagt habe? Die Inquisition konfisziert deinen gesamten Besitz.«
Arnau schwieg einen Moment, bevor er antwortete: »Ich war so gut wie tot, Guillem. Eimeric hatte mich fast so weit. Und außerdem hätte ich alles, was ich habe – oder vielmehr hatte –, für die vergangenen Tage gegeben.« Mit diesen Worten ergriff er Mars Hand. Guillem sah das Mädchen an, das übers ganze Gesicht strahlte. Ihre Augen leuchteten. Guillem lächelte ebenfalls.
Arnau tätschelte die Hand des Mädchens.
»Ich nehme an, es hat viel Geld gekostet, dass der König nicht gegen das Bürgerheer einschreitet.«
Guillem nickte.
»Danke«, sagte Arnau.
Die beiden Männer sahen sich an.
»Und du?«, sagte Arnau schließlich, um den Bann zu brechen. »Wie ist es dir in den vergangenen Jahren ergangen?«
Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als die drei zu der Felucke wateten. Zuvor hatten sie dem Kapitän durch Zeichen zu verstehen gegeben, dass er in die Bucht kommen solle. Arnau und Guillem gingen an Bord.
»Einen Moment noch«, bat Mar.
Das Mädchen wandte sich zu der Bucht um und betrachtete die Hütte. Was erwartete ihn nun? Öffentliche Buße, Elionor …
Mar blickte zu Boden.
»Mach dir keine Gedanken wegen ihr.« Arnau streichelte ihr tröstend übers Haar. »Wenn nichts mehr zu holen ist, wird sie uns nicht weiter behelligen. Der Palast in der Calle de Monteada ist Teil meines Vermögens, gehört also nun der Inquisition. Ihr bleibt nur noch Montbui. Sie wird dort bleiben müssen.«
»Die Burg«, sagte Mar leise. »Wird sie ihr von der Inquisition überlassen?«
»Nein. Die Burg und das Land wurden uns vom König zur Hochzeit geschenkt. Die Inquisition kann sie nicht als mein Vermögen konfiszieren.«
»Die Bauern tun mir leid«, murmelte Mar und erinnerte sich an den Tag, an dem Arnau die Leibeigenschaft abgeschafft hatte.
Niemand erwähnte Mataró oder den Hof Felip de Ponts.
»Wir werden uns schon irgendwie durchschlagen«, erklärte Arnau schließlich.
»Was redest du da?«, unterbrach ihn Guillem. »Ihr werdet so viel Geld haben, wie ihr braucht. Wenn ihr wolltet, könnten wir sogar den Palast in der Calle Monteada zurückkaufen.«
»Es ist dein Geld«, widersprach Arnau.
»Es ist unser Geld. Ich habe niemanden außer euch beiden. Was soll ich mit dem Geld anfangen, das ich deiner Großzügigkeit verdanke? Es gehört euch.«
»Nein, nein«, wehrte Arnau ab.
»Ihr seid meine Familie. Mein kleines Mädchen … und der Mann, dem ich meine Freiheit und meinen Reichtum zu verdanken habe. Bedeutet das, dass ihr mich nicht in eurer Familie haben wollt?«
Mar legte ihre Hand auf Guillems Arm. Arnau kam ins Stottern: »Nein, nein … Das wollte ich damit nicht sagen … Natürlich bist du …«
»Nun, und das Geld kommt mit mir«, fiel Guillem ihm erneut ins Wort. »Oder willst du, dass ich es der Inquisition überlasse?«
Arnau musste lachen.
»Und ich habe große Pläne«, setzte Guillem hinzu.
Mar sah noch immer zur Bucht zurück. Eine Träne rollte über ihre Wange, benetzte ihre Lippen und verschwand in ihrem Mundwinkel. Nun ging es zurück nach Barcelona. Zu einer ungerechten Strafe, der Inquisition, zu Joan, der seinen Bruder verraten hatte … Und zu einer Ehefrau, die sie verachtete und die sie doch nicht loswurde.
59
Guillem hatte ein Haus im Ribera-Viertel gemietet. Er vermied
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