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Die Katze die Brahms spielte

Die Katze die Brahms spielte

Titel: Die Katze die Brahms spielte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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Atmosphäre vor.
»Schön. Dann fahren Sie etwa eine Meile den See entlang nach Westen. Dann werden Sie in großen Neonbuchstaben das Wort FOO für >Essen< sehen. Das D ist vor zirka drei Jahren kaputtgegangen. Es ist eine miese Kaschemme, aber berühmt für die Pasteten, und man muß sogar die Mütze aufbehalten.«
»Noch eine Frage.« Qwilleran strich sich zögernd über den Schnurrbart, wie immer, wenn ihn etwas beunruhigte. »Wie kommt es, daß es in dieser Gegend so viele blaue Pick-ups gibt?«
»Ich weiß nicht. Ist mir eigentlich nie so aufgefallen.« Roger sprang auf und ging zum Fenster an der Schmalseite des Zimmers, von dem aus man auf dem Parkplatz der Shipwreck Tavern sah. »Sie haben recht. Auf dem Parkplatz stehen zwei blaue Pick-ups ... Aber ein roter steht auch da, und ein schmutzig-grüner, und ein gelblicher.«
»Und da kommt schon wieder ein blauer«, beharrte Qwilleran. Es war der Wagen mit den Schaufeln. Der behende kleine Mann hinter dem Lenkrad, der heraussprang, trug einen Overall, eine Schirmmütze und einen wild wuchernden, dünnen grauen Bart.
»Das ist der alte Sam, der Totengräber. Er hat noch ganz schön viel Schwung, was? Er ist über achtzig und kippt jeden Tag einen halben Liter Whiskey – außer sonntags.«
»Heißt das, die Gräber werden hier noch immer mit der Hand ausgehoben?«
»Stimmt. Sam hat sein ganzes Leben Gräber und andere Dinge ausgeschaufelt. Das hält ihn jung ... Sehen Sie sich den Himmel an. Ein Sturm zieht auf.«
»Danke für die Auskünfte«, sagte Qwilleran. »Ich glaube, ich probiere mal die Pasteten.« Er sah auf sein Handgelenk. »Wie spät ist es? Ich habe meine Uhr in der Hütte gelassen.«
»Das ist ganz normal. Wenn die Leute hier raufkommen, vergessen sie als erstes, ihre Uhren anzulegen. Als nächstes rasieren sie sich nicht mehr. Und dann lassen sie beim Essen die Mütze auf.«
Qwilleran fuhr nach Westen, bis er eine Leuchtreklame sah, die im Sonnenschein vergeblich blinkte: FOO... FOO... FOO... Auf dem Parkplatz standen Pick-ups und Lieferwagen. Es war kein blauer darunter. Er dachte: Wieso fühle ich mich eigentlich von blauen Pick-ups verfolgt? Die Antwort war ein altbekanntes Ziehen auf seiner Oberlippe.
Das Restaurant war ein einstöckiges Haus, das einen neuen Anstrich, neue Schindeln und Nägel gebraucht hätte. Die Belüftungsanlage spie Dämpfe aus, die nach gebratenem Fisch und verbrutzelten Hamburgern rochen. Drinnen waren alle Tische besetzt, und durch den dichten Zigarettenrauch konnte man undeutlich rote, grüne, blaue und gelbe Schirmmützen erkennen. Die Countrymusik im Radio hatte gegen die lautstark geführten Unterhaltungen und das Lachen keine Chance.
Qwilleran nahm an der Theke Platz; unweit von ihm saß ein anderer Gast, an dessen Ärmel das Abzeichen des Sheriffbüros prangte und dessen Kopf ein steifkrempiger Hut zierte.
Der Koch kam aus der Küche geschlurft und sagte zu dem Hilfssheriff: »Das wird diesmal 'n schwerer Sturm.«
Der Hutträger nickte.
»Gestern nacht wieder 'ne Straßensperre?«
Sein Gesprächspartner nickte zweimal.
»Was gefunden?«
Der Kopf mit dem Hut wurde geschüttelt.
»Wir wissen doch alle, wo die Kerle landen.«
Erneutes Nicken.
»Aber keine Beweise.«
Der Hut verneinte.
Die Serviererin stellte sich vor Qwilleran und wartete wortlos auf seine Bestellung.
»Ein paar Pasteten«, sagte er.
»Zum Mitnehmen?«
»Nein. Zum Hier-Essen.«
»Zwei?«
Qwilleran ertappte sich dabei, wie er nickte.
»Woll'n Sie, daß ich Ihnen erst mal eine bringe und die andere warmhalte, bis Sie die erste gegessen haben?«
»Nein, danke. Das ist nicht nötig.«
An den Tischen drehten sich die Gespräche ausschließlich ums Angeln, wobei allseits Spekulationen über einen aufziehenden Sturm angestellt wurden. Die Wellen im See, die Farbe des Himmels, das Verhalten der Möwen, die Wolkenformationen, die spezielle Beschaffenheit des Windes – aus all diesen Faktoren schlossen die erfahrenen Fischer, daß ein Sturm bevorstand, obwohl die Wettervorhersage des lokalen Radiosenders anders lautete.
Dann wurden Qwillerans Pasteten serviert – sie nahmen zwei große ovale Teller vollständig ein. Die knusprigen Teiglaschen waren je dreißig Zentimeter lang und fast zehn Zentimeter hoch. Er sah sich das Festmahl an. »Ich brauche eine Gabel«, sagte er.
»Essen Sie sie einfach mit der Hand«, erwiderte die Serviererin und verschwand in der Küche.
Roger hatte recht. Die Pasteten waren mit Fleisch, Kartoffeln und Unmengen Kohlrüben

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