Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Katze, die für Käse schwärmte

Die Katze, die für Käse schwärmte

Titel: Die Katze, die für Käse schwärmte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
Vom Netzwerk:
mit losen Blättern und vergilbten Zeitungsausschnitten, die fleckig und verschmiert waren. Qwilleran glaubte, Speck-, Tomatensaft-, Olivenöl-, Schokolade-, Kaffee- und Blutflecken identifizieren zu können. Manche Spritzer hatten zum Teil die Handschrift verschmiert, die schon im besten Fall praktisch unleserlich war. Er ging in sein Arbeitszimmer und tippte eine kurze Meldung für den Moose County Dingsbums und den Lockmaster Ledger.
Ein verschwundenes Kochbuch, das ursprünglich Iris Cobb gehört hat, wurde anonym dem rechtmäßigen Besitzer, den Klingenschoen-Fonds, zurückerstattet. Der Klingenschoen-Fonds beabsichtigt, das Kochbuch zu veröffentlichen. Wie ein Sprecher des Fonds mitteilte, brachte die Anzeige, in der für Informationen, die zur Auffindung des Buches führten, zehntausend Dollar Belohnung ausgesetzt wurden, keine Ergebnisse. Die Rückerstattung des Buches erfolgte freiwillig, und es werden keine weiteren Nachforschungen angestellt.
    Während er den Katzen ein paar Scheiben Hackbraten gab, läutete das Telefon. Als er sich meldete, hörte er nur schweres Atmen. »Hallo?« wiederholte er fragend.
    Dann hörte er eine hohe Stimme sagen: »Ich bringe mich um.« Der Tonfall war monoton, doch vor Verzweiflung noch höher als normal.
    »Was? Was haben Sie gesagt? Sind Sie das, Aubrey?«
    »Ich bringe mich um.«
    »Wo sind Sie? Sind Sie bei Ihrer Mutter?«
    »Ich bin daheim. Ich bin nach Hause gegangen, um mir ein Gewehr zu holen. Ich werde mich erschießen.«
    Qwilleran hatte schon früher Selbstmorddrohungen gehört. Aubrey mußte mit jemandem reden.
    »Was hat Ihre Mutter dazu gesagt, daß Sie weggingen?«
    »Hab’s ihr nicht gesagt.«
    »Wie sind Sie heimgekommen?«
    »Zu Fuß.«
    »Wo war sie, als Sie weggingen?«
    »Hat im Garten gearbeitet.«
    »Glauben sie nicht, Sie hätten es ihr sagen sollen?«
    »Sie braucht mich nicht. Sie hat ihre Enkelkinder. Ich werde mich erschießen.«
    »Aber wer würde sich dann um Ihre Bienen kümmern? Die brauchen Sie! Sie haben mir selbst gesagt, das sind Ihre Freunde.«
    »Sie sind weg. Ich hab’ sie ausgeräuchert.«
    »Haben Sie ihnen die Schuld dafür gegeben, was passiert ist? Sie wußten nicht, was sie taten.«
    Er schwieg und atmete laut. »Ich werd’ noch verrückt. Ich kann nicht essen. Ich kann nicht schlafen. Ich werde mich erschießen.«
    »Jetzt warten Sie mal einen Augenblick, mein Junge. Darüber müssen wir reden. Ich bin Ihr Freund. Ich möchte wissen, worüber Sie sich Sorgen machen.«
    »Ich hab’ das Gewehr von dem alten Mann. Ich werde es unter meinem Kinn ansetzen und abdrücken.«
    »Okay, aber tun Sie nichts, bis ich bei Ihnen bin! Ich fahre auf der Stelle von hier weg – hören Sie? Ich bin in zehn Minuten bei Ihnen. Schalten Sie die Außenbeleuchtung ein.«
    Qwilleran schnappte sich seine Jacke und die Autoschlüssel und hatte noch soviel Geistesgegenwart, den Rest des Hackbratens in den Kühlschrank zu stellen. Ohne sich zu verabschieden, stürzte er hinaus und lief zu seinem Auto. Mit Vollgas rumpelte er durch den dämmerigen Wald, fuhr mit quietschenden Reifen auf den Park Circle und dann in Richtung Sandpit Road. Um diese Zeit herrschte nur wenig Verkehr, und er konnte schnell fahren. In Black Creek blickte er hinaus auf die verlassene Landschaft und sah in der Ferne die Hofbeleuchtung des Limburger-Hauses. Das bedeutete, daß ihm Aubrey zugehört hatte; er befolgte die Anweisungen.
    Qwilleran blieb am Straßenrand stehen und lief zu der erleuchteten Veranda. Als er die zerbröckelnden Stufen hinaufstieg, ging die Eingangstür auf, und der Schatten eines Mannes stand im Türrahmen – mit herabhängenden Schultern, einem Gesicht, das fast so weiß war wie seine Haare, und blicklosen Augen.
    »Danke, daß Sie das Licht angemacht haben«, sagte Qwilleran und folgte den schlurfenden Füßen in die Eingangshalle. Auf einem mehrarmigen Kronleuchter brannte eine einzige schwache Glühbirne. Die Tür des Waffenschranks stand offen. »Hören Sie, Aubrey«, sagte er. »Fahren wir doch irgendwo anders hin und unterhalten wir uns, ein Gespräch unter Freunden. Gehen wir weg aus diesem düsteren Haus. Es wird alles in Ordnung kommen. Machen Sie sich keine Sorgen. Wenn man deprimiert ist, muß man mit jemandem reden, der einen versteht. Kommen Sie. Gehen wir. Schalten Sie das Licht aus. Schließen Sie die Tür ab.«
    Aubrey brauchte jemanden, der ihm sagte, was er tun sollte. Er tat, wie ihm geheißen. Er bewegte sich ganz langsam, wie in

Weitere Kostenlose Bücher