Die Katze im Taubenschlag
»Deine Milch steht auf dem Tisch. Du kannst dir auch ein Stück Honigkuchen nehmen.«
»Oh, fein.«
Er warf die Tür hinter sich zu.
»Er heißt also Allen«, sagte Mr Robinson.
Sie errötete.
»Es war der Name, der am meisten wie ›Ali‹ klang. Ich konnte ihn nicht gut Ali nennen… wegen der Nachbarn… und überhaupt…«
Ihr Gesicht nahm plötzlich einen besorgten Ausdruck an. »Was habe ich jetzt zu tun?«, fragte sie.
»Zunächst möchte ich Ihre Heiratsurkunde sehen, um ganz sicher zu sein, dass Sie auch die Person sind, für die Sie sich ausgeben.«
Sie sah ihn einen Augenblick erstaunt an, dann ging sie zu einem kleinen Schreibtisch, öffnete eine Schublade und entnahm ihr einen Briefumschlag.
Mr Robinson prüfte das Dokument eingehend.
»Standesamt Edmonstown… Ali Yusuf, Student… Alice Calder, ledig … ja, es ist alles in Ordnung.«
»Ja, natürlich – alles ist legal, obwohl das nicht sehr viel bedeutet… Niemand hat herausgefunden, wer er war. Es gibt hier so viele Studenten aus dem Nahen Osten… Er hat mir offen gesagt, dass er als Mohammedaner mehrere Frauen heiraten darf. Wir haben das alles ganz sachlich besprochen, als ich ein Kind erwartete. Wir haben nur geheiratet, damit Allen offiziell einen Vater hat. Mehr konnte Ali nicht für mich tun, obgleich er mich wirklich geliebt hat.«
»Davon bin ich überzeugt«, erwiderte Mr Robinson. Dann fuhr er lebhaft fort: »Falls Sie mir diese Angelegenheit übergeben wollen, bin ich bereit, die Juwelen für Sie zu verkaufen. Außerdem werde ich Ihnen die Adresse eines wirklich guten, zuverlässigen Anwalts geben. Er wird Ihnen höchstwahrscheinlich raten, das Geld in mündelsicheren Papieren anzulegen.
Sie würden gut daran tun, sich von ihm auch über die zukünftige Erziehung Ihres Sohnes und Ihre neue Lebensweise beraten zu lassen. Geld allein macht nicht glücklich, das habe ich nur zu oft erlebt. Aber Sie haben Charakter. Sie und Ihr Sohn werden hoffentlich mehr Glück haben als sein armer Vater.«
Er machte eine Pause.
»Einverstanden?«, fragte er.
»Ja. Hier – nehmen Sie sie.« Sie schob ihm das Päckchen zu, dann sagte sie unvermittelt: »Ich möchte dem Mädchen, das sie gefunden hat, gern einen der Steine schenken. Welche Farbe… ich meine, was für ein Stein würde ihr wohl gefallen?«
Mr Robinson überlegte.
»Vielleicht ein funkelnder Smaragd? Sie wird sich bestimmt sehr darüber freuen… eine gute Idee!«
»Ich stelle Ihnen meine Dienste natürlich nicht umsonst zur Verfügung«, sagte Mr Robinson. »Ich bin nicht billig, aber ich werde Sie nicht betrügen.«
Sie sah ihn prüfend an.
»Davon bin ich überzeugt. Ich brauche wirklich dringend einen Berater, denn von geschäftlichen Dingen verstehe ich nichts.«
»Sie sind eine sehr vernünftige Frau, wenn ich das sagen darf. So, dann werde ich die Steine also mitnehmen; aber möchten Sie nicht wenigstens einen zum Andenken behalten?«
»Nein, ich möchte nicht einen einzigen behalten«, erwiderte Alice errötend. »Vielleicht finden Sie es sonderbar, dass ich mir nicht einen Rubin oder einen Smaragd zur Erinnerung aufheben will. Aber sehen Sie, obwohl er Mohammedaner war, habe ich ihm manchmal aus der Bibel vorgelesen, und einmal lasen wir von der Frau, die mehr wert war als alle Diamanten und Rubine… Und deshalb möchte ich lieber keine Edelsteine haben. Verstehen Sie?«
Eine ungewöhnliche Frau, dachte Mr Robinson, als er über den Gartenpfad zu seinem Rolls zurückging.
Wirklich, eine ungewöhnliche Frau…
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