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Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Titel: Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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des Zeniths verschmolz und in geisterhaftem Spott auf die Fliegenden hinunterblickte. Der ganze Norden darunter war jetzt eine vollständige Schwärze; eine aus unendlichen Tiefen in unendliche Höhen reichende, schreckliche, steinige Schwärze, auf der nur jenes fahlblinkende Leuchtfeuer unerreichbar am äußersten Gesichtsrand hockte. Carter betrachtete das Licht genauer und erkannte zuletzt die Linien, die sein tintiger Hintergrund vor den Sternen malte. Türme standen auf diesem titanischen Gebirgsgipfel; entsetzliche Kuppeltürme in verderblichen und unberechenbaren Reihen und,Gruppierungen, die jede erdenkliche Kunstfertigkeit des Menschen überstiegen; staunenswerte und bedrohliche Festungsmauern und Terrassen, alles zeichnete sich winzig, schwarz und fern vor dem Sternendiadem ab, das am obersten Blickfeld feindselig glühte. Gekrönt wurde dieser unermeßlichste aller Berge von einem Schloß jenseits allen menschlichen Denkens, und in ihm glühte das Dämonenlicht. Da wußte Randolph Carter, daß seine Suche zu Ende war, und daß er über sich das Ziel aller unerlaubter Schritte und kühnen Visionen sah; die fabulöse, die unglaubliche Heimstatt der Großen oben auf dem unbekannten Kadath.

    Gerade als ihm dies dämmerte, bemerkte Carter eine Kursänderung der hilflos vom Wind gezerrten Expedition. Sie stiegen abrupt höher, und der Fokus ihres Fluges lag eindeutig in dem Onyxschloß, wo das fahle Licht schien. Der große schwarze Berg rückte so dicht, daß seine Flanken schwindelerregend an ihnen vorbeirasten, als sie aufwärtsschossen, und in der Dunkelheit vermochten sie nichts darauf zu erkennen. Immer gewaltiger wuchsen die finsteren Türme des umnachteten Schlosses oben heran, und Carter konnte sehen, daß es in seiner Maßlosigkeit beinahe an Blasphemie grenzte. Seine Steinquader mochten sehr wohl von namenlosen Arbeitern in jenem entsetzlichen Schlund gebrochen worden sein, den man in den Felsen des Bergpasses im Norden Inquanoks gerissen hatte, denn es war so groß, daß ein Mensch, der auf seiner Schwelle stand, der Luft auf den Zinnen der himmelanstrebendsten Festung der Erde glich. Das Diadem unbekannter Sterne über den Myriaden Kuppeltürmchen glomm in einem bläßlichgelben, siechen Flackern, das die trüben Mauern aus schlüpfrigem Onyx in einer Art Zwielicht umspielte. Das fahle Signalfeuer entpuppte sich nun als ein leuchtendes Fenster hoch oben in einem der luftigsten Türme, und als die hilflose Armee der Spitze des Berges näherkam, glaubte Carter unerfreuliche Schatten zu entdecken, die an der matt lumineszierenden weiten Fläche vorüberflitzten. Es war ein sonderbares Bogenfenster in einem der Erde gänzlich fremden Baustil.

    Der solide Fels machte jetzt den gigantischen Fundamenten des monströsen Schlosses Platz, und es schien, als ließe die Geschwindigkeit der Gruppe etwas nach. Gewaltige Wände schössen empor, und da war die Andeutung eines großen Tores, durch das die Reisenden geschwemmt wurden. In dem titanischen Hof regierte einzig die Nacht, und dann folgte die tiefere Schwärze der innersten Anlagen, als ein mächtig gewölbtes Portal die Kolonne verschlang. Kalte Luftwirbel wogten feucht durch unsichtbare Onyxlabyrinthe, und Carter wußte nie zu sagen, welch zyklopische Stufen und Korridore stumm seinen endlosen Taumelflug säumten. Immer aufwärts führte der schreckliche Sturz im Dunkel, und nie zerriß ein Laut, eine Berührung oder ein Lichtschimmer den dichten Mantel des Mysteriums. So groß wie die Armee der Ghoule und Dunkel-Dürren war, verlor sie sich doch in den ungeheuren Leeren jenes mehr als irdischen Schlosses. Und als plötzlich um ihn das geisterhafte Licht jenes einzelnen Turmzimmers floß, dessen luftiges Fenster als Leuchtfeuer gedient hatte, da dauerte es lange, bis Carter die entlegenen Wände und die hohe, ferne Decke unterschied und begriff, daß er sich tatsächlich nicht erneut in der grenzenlosen Atmosphäre draußen befand. Randolph Carter hatte gehofft, mit Haltung und Würde in den Thronsaal der Großen einzuziehen, flankiert und gefolgt von eindrucksvollen Reihen der Ghoule in zeremonieller Ordnung, um sein Gebet als ein freier und mächtiger Meister unter den Träumern zu sprechen.

    Er hatte gewußt, daß es nicht jenseits der Macht eines Sterblichen lag, den Großen selbst gegenüberzutreten, und er hatte auf das Glück vertraut, daß die Anderen Götter und ihr kriechendes Chaos Nyarlathotep ihnen in dem kritischen Augenblick nicht zu

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