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Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Titel: Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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geträumt, o weiser Erzträumer, denn du hast die Traumgötter aus der Welt der Visionen aller Menschen in jene fortgezogen, die ganz dir gehört; indem du aus den kleinen Phantasien deiner Knabenzeit eine Stadt erbautest, die schöner ist, denn alle die voraufgegangenen Phantome.

    Es taugt nicht, daß die Erdgötter ihre Throne der Spinne überlassen, auf daß sie dort ihr Netz webe, und ihr Reich den Anderen, auf daß sie es nach der Art der Anderen regieren. Freudig brächten die Mächte vom Draußen Chaos und Grauen über dich, Randolph Carter, der du der Grund für ihren Verdruß bist, wüßten sie nicht, daß nur durch dich die Götter in ihre Welt zurückgesandt werden können. In jenes halbwache Traumland, das dir gehört, vermag keine Macht der äußersten Nacht zu folgen; und nur du kannst die selbstsüchtigen Großen sanft aus dieser wunderbaren Stadt im Sonnenuntergang schicken, zurück durch das nördliche Zwielicht nach ihrem gewohnten Platz oben auf dem unbekannten Kadath in der kalten Öde.

    Deshalb, Randolph Carter, verschone ich dich im Namen der Anderen Götter und befehle dir, jene Stadt im Sonnenuntergang zu suchen, die dir gehört und daraus die trägen, müßiggehenden Götter zu verweisen, auf die die Traumwelt wartet. Nicht schwer zu finden ist dies rosenfarbene Fieber der Götter, diese Fanfare himmlischer Trompeten und das Geschmetter unvergänglicher Zimbeln, dieses Mysterium, dessen Stätte und Bedeutung dich durch die Hallen des Wachens und über die Abgründe des Träumens heimsuchten und dich quälten mit Andeutungen versunkener Erinnerung und dem Schmerz über verlorene Dinge, ehrfurchtgebietend und wichtig. Nicht schwer zu finden ist dieses Symbol und Relikt aus den Tagen deines Staunens, denn wahrlich, es ist nur der beständige und ewige Edelstein, worin all jenes Wunder kristallisiert funkelt, um deinem abendlichen Weg zu leuchten. Siehe! Nicht über unbekannte Meere, sondern zurück über wohlvertraute Jahre muß deine Suche führen; zurück zu den strahlenden, sonderbaren Dingen der Kindheit und den flüchtigen, sonnüberfluteten magischen Eindrücken, die alte Szenen verwunderten jungen Augen bescherten.

    Denn wisse, deine goldene und marmorne Stadt der Wunder ist nur die Summe dessen, was du in der Jugend geschaut und geliebt hast. Es ist die Pracht von Bostons Hügeldächem und Westfenstem flammend in Sonnenuntergang; des blütenduftenden Parks und der großen Kuppel auf dem Hügel und des Dickichts der Giebel und Kamine in dem violetten Tal, wo der vielbrückige Charles träge fließt. Diese Dinge sahst du, Randolph Carter, als dich dein Kindermädchen zum erstenmal im Wagen durch den Frühling schob, und sie werden das Letzte sein, was du je mit den Augen der Erinnerung und der Liebe anschauen wirst. Und dort ist das antike Salem mit seinen brütenden Jahren, und das gespenstische Marblehead, das seine felsigen Klippen in vergangene Jahrhunderte stürzt, und die Pracht von Salems Türmen und Helmdächem, wie man sie aus der Ferne von Marbleheads Weiden aus über den Hafen gegen die sinkende Sonne schaut.

    Dort ist Providence, schmuck und herrschaftlich auf seinen sieben Hügeln über dem blauen Hafen, mit grünen Terrassen, die zu Kirchtürmen und Zitadellen lebendig bewahrter Altertümlichkeit hinaufführen, und Newport, das gleich einer Geistererscheinung hinter seiner verträumten Mole aufsteigt.

    Arkham ist da, mit seinen moosgrünen Walmdächern und den sich felsig wellenden Wiesen dahinter; und das vorsintflutliche Kingsport, altersgrau mit Schomsteinkästen und verödeten Kais und überhangenden Giebeln und dem Wunder steiler Klippen und dem milchigdunstenden Ozean mit schwankenden Bojen jenseits.

    Kühle Täler in Concord, Pflasterstraßen in Portsmouth, dämmerige Wegbiegungen im ländlichen New Hampshire, wo gigantische Ulmen weiße Farmhausmauem und kreischende Brunnenschwengel halb verdecken.

    Gloucesters salzige Piere und Truros windgeschüttelte Weiden. Ansichten femer, turmgeschmückter Städte und Hügel entlang der North Shore; verschwiegene, steinige Hänge und niedrige, efeubewachsene Cottages im Schütze gewaltiger Felsblöcke von Rhode Islands Hinterland. Geruch des Meeres und Duft der Felder, Zauber der dunklen Wälder und Glück der Obstplantagen und Gärten in der Dämmerung. Dies alles, Randolph Carter, ist deine Stadt; denn du bist es selbst. New England gebar dich, und in deine Seele goß es eine sanfte Lieblichkeit, die nicht sterben kann.

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