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Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Titel: Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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gespannter Erwartung näher. Aus den sich lichtenden Nebeln und der Wolke seltsamer Räucherwerke schälten sich Doppelreihen riesiger, schwarzer Sklaven mit Lendenschürzen aus irisierender Seide. Auf ihren Köpfen waren gewaltige, helmähnliche Fackeln aus glitzerndem Metall festgeschnallt, aus denen sich der Wohlgeruch obskurer Balsame in dampfenden Spiralen verbreitete. In ihren Rechten hielten sie Kristallstäbe, deren Spitzen zu lüsternen Chimären geschnitten waren, während sie mit den Linken lange, dünne Silbertrompeten umfaßten, in die sie in Abständen bliesen. Goldene Armund Fußreifen trugen sie, und zwischen jedem Paar Fußreifen spannte sich eine goldene Kette, die ihrem Träger einen gemessenen Schritt aufzwang.

    Daß es sich um echte schwarze Männer aus dem Traumland der Erde handelte, fiel gleich ins Auge, doch weniger wahrscheinlich schien es, daß ihre Riten und Trachten gänzlich von der Erde stammten. Zehn Fuß von Carter entfernt blieben ihre Reihen stehen, und dann flog abrupt jede Trompete an die wulstigen Lippen ihres Trägers. Wild und ekstatisch erklang der folgende Stoß, und wilder noch der Schrei der direkt danach schwarzen, durch einen sonderbaren Kunstgriff schrilltönenden Kehlen entstieg.

    Dann schritt eine einsame Gestalt die breite Straße zwischen den beiden Reihen hinab; eine hochgewachsene, schlanke Gestalt, mit den jungen Zügen eines antiken Pharao, in prismatische Roben gewandet und von einem goldenen Diadem gekrönt, das von innen heraus leuchtete. Dicht vor Carter hin schritt diese königliche Gestalt, deren stolze Haltung und elegante Züge die Faszination eines dunklen Gottes oder gefallenen Erzengels in sich trugen, und in deren Augen das languide Flackern kapriziöser Launen lauerte. Sie sprach, und in ihrer vollen Stimme plätscherte die wilde Musik lethäischer Ströme.

    »Randolph Carter«, sagte die Stimme, »du bist gekommen, die Großen zu sehen, die zu sehen den Menschen nicht erlaubt ist. Wächter haben davon gesprochen, und die Anderen Götter grunzten, als sie zum Klang dünner Flöten in der schwarzen Ultimaten Leere hirnlos rollten und taumelten, wo der Dämonen-Sultan brodelt, dessen Namen laut zu nennen kein Mensch wagt. Als Barzai der Weise den Hatheg-Kla erstieg, um die Großen über den Wolken im Mondlicht tanzen und heulen zu sehen, kehrte er nie zurück. Die Anderen Götter waren dort, und sie taten, was zu erwarten stand. Zenig von Aphorat versuchte den unbekannten Kadath in der kalten Öde zu erreichen, und jetzt ziert sein in einem Ring gefaßter Schädel den kleinen Finger Eines, den ich nicht zu nennen brauche.

    Doch du, Randolph Carter, bist allen Dingen des Traumlandes mutig begegnet, und brennst noch immer mit der Flamme der Suche. Nicht als Neugieriger kamst du, sondern als einer, der sein Recht sucht; auch hast du nie die Achtung vor den milden Göttern der Erde vermissen lassen. Dennoch haben dich diese Götter von der wunderbaren Stadt im Sonnenuntergang deiner Träume ferngehalten, und nur aus ihrer eigenen, kleinlichen Habsucht; denn es verlangte sie fürwahr nach der überirdischen Schönheit dessen, was deine Phantasie gebildet hat, und sie gelobten, daß hinfort kein anderer Platz ihre Wohnstatt sein sollte.

    Sie haben ihr Schloß auf dem unbekannten Kadath verlassen, um in deiner wunderbaren Stadt zu leben. Bei Tage ergehen sie sich in all ihren Palästen aus geädertem Marmor, und wenn die Sonne sinkt, treten sie in die duftenden Gärten hinaus und betrachten den goldenen Glanz auf Tempern und Kolonnaden, Bogenbrücken und Fontänen mit Silberbassins, und breiten Straßen mit blütenüberladenen Urnen und elfenbeinernen Statuen in glühenden Reihen. Und wenn die Nacht kommt, steigen sie auf hohe, tauige Terrassen und sitzen aufgemeißelten Bänken aus Porphyr und folgen dem Lauf der Sterne oder lehnen auf blassen Balustraden, um auf die schroffen Nordhänge der Stadt zu schauen, wo, eins nach dem anderen, kleine Fenster in alten spitzen Giebeln im stillen, gelben Licht heimeliger Kerzen aufscheinen.

    Die Götter lieben deine wunderbare Stadt und wandeln nicht länger auf den Pfaden der Götter. Sie haben die hohen Plätze der Erde vergessen und die Berge, die ihre Jugend kannten. Die Erde besitzt keine Götter mehr, die Götter sind, und nur die Anderen vom Außenraum herrschen auf dem verwaisten Kadath. Weit entfernt in einem Tal deiner eigenen Kindheit, Randolph Carter, spielen die achtlosen Großen. Zu gut hast du

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